Tierpark

Zoo Mulhouse: Obst essen mit dem Eisbär

Beim Besuch im Zoo von Mulhouse kommen Besucher den Tieren ganz nah.

Die weiße Pranke schließt sich um den Apfel, das Maul schnappt zu. Die kleinen Mäuler von Emil, Johanna und Emma aber, die sich an die Scheibe drücken, stehen staunend offen. Keinen Meter von ihnen entfernt verschlingt Eisbär Vicks seine Mahlzeit. Es ist Fütterung im Zoo Mulhouse. Wer rechtzeitig zum Gehege kam, hat einen der Plätze ganz nah am Wasserbecken ergattert und kann das Raubtier auf Augenhöhe studieren: die scharfen Zähne, die riesigen Pranken, die kraftvollen Schwimmzüge, mit denen der Riese durchs Wasser gleitet. Eine Zoowärterin wirft ihm immer neue Happen ins Bassin: Innereien, kleine Fische, Melonenviertel. "Der isst die Melone ja ohne Schale", staunt Emma (6). Tatsächlich: Im Becken dümpelt nur noch die grüne Rinde, das rote Fruchtfleisch hat der Eisbär ordentlich herausgebissen.

Die Besucher haben heute Glück, denn nicht immer ist Vicks hungrig, wenn um 15 Uhr die beliebte Eisbärenfütterung stattfindet. Damit die weißen Bären beschäftigt sind, und um ihnen halbwegs natürliche Bedingungen zu verschaffen, verstecken die Pfleger Leckerbissen im Gehege oder legen Eisblöcke aus, in denen die Nahrung eingefroren ist. Zum Glück hat Vicks heute Hunger, springt erneut ins Wasser, um sich einen Snack zu holen. Und lässt sich auch nicht anmerken, dass er eigentlich etwas frustriert ist, wie die Zoomitarbeiterin erklärt. Er wurde von seinem Weibchen getrennt, das im November ein Eisbärenbaby zur Welt brachte: Die kleine Nanuk schläft nebenan gemütlich auf dem Rücken ihrer Mama.

Die Eisbären sind einige der Stars im Parc zoologique et botanique Mulhouse. Ein weiterer Kinderliebling ist zum großen Bedauern ausgezogen: Löwe Jetpur und seine Familie wurden in anderen europäischen Zoos untergebracht, ein neues Löwenpärchen wird es Anfang 2018 wieder in Mulhouse geben. Also geht es weiter auf Raubtierjagd – zur größten Katze der Welt, dem sibirischen Tiger. Das Besondere: Man kann ihr Fell gefahrlos berühren, wenn sie zufällig an dem engmaschigen Gitter vorbeistreichen.

Schnee- und Amurleoparden drehen in den nächsten Gehegen ihre Runden, an ihnen vorbei wollten die Erwachsenen eigentlich zu den Luchsen und Wölfen. Aber die Kinder haben die riesigen steinähnlichen Panzer entdeckt, die sich unendlich langsam durch das angrenzende Gehege schieben: die Seychellen-Riesenschildkröten. Einen halben Meter hoch und einen ganzen Meter lang sind sie und beeindrucken vor allem Fabian und Emil (beide 2), die mit den Riesen auf Augenhöhe sind. Die Seychellen-Riesenschildkröte ist die einzige Überlebende der vier Riesenschildkrötenarten, die einst Komoren und Seychellen bevölkerten. Sie lebt in freier Wildbahn nur noch auf dem Atoll von Aldabra. Das war wegen seiner ungünstigen Lage von der Marine im 19. Jahrhundert verschont geblieben. Andernorts rotteten die Seeleute die drei anderen Riesenschildkrötenarten aus, um mit deren Frischfleisch die Mangelkrankheit Skorbut zu bekämpfen.

Nach so vielen Erlebnissen schon auf den ersten Metern haben die Kinder Hunger. Schöne Plätze für ein Picknick gibt es im Zoo, der zugleich botanischer Garten ist, genug. Wir machen es uns auf der großen Wiese neben den Erdmännchen gemütlich. Den Weg bis ans Ende des Zoos zum typisch französisch kargen Spielplatz braucht man nicht auf sich zu nehmen.

Viel mehr Freude haben die Kinder an den Dutzenden Arten von Affen: Blauaugenmakis mit stechendem Blick, Gelbbrustkapuziner, die versuchen, ihre Pfoten durchs Gitter zu stecken, herumtollende Eulenkopfmeerkatzen.

Die Gelbbrustkapuziner haben Nachwuchs, ein Baby schlummert auf dem Rücken seiner Mutter, während sie von Ast zu Ast hüpft. Von den Gelbbrustkapuzinern leben in der Heimat Brasilien nur noch 300 bis 400 in freier Wildbahn. Sie sind durch Jagd und Waldrodungen bedroht. Der Zoo Mulhouse versucht, mit seinem Nachzuchtprogramm das Überleben der Art zu sichern.

Ein anderer Gelbbrustkapuziner hockt auf dem Boden und belegt, dass Affen mit Menschen verwandt sind: Er gebraucht Werkzeug. Mit einem Stein schlägt er unaufhörlich auf eine Schraube ein, in dem Glauben, dass sich darin etwas Essbares verbergen könnte.

An den roten Pandas vorbei geht es langsam wieder Richtung Ausgang. Wer wie wir sehr lange bei einzelnen Tieren verweilt, schafft nicht den gesamten Zoo mit seinem großen Gelände. Bei den Mähnenrobben aber wollen die Kinder unbedingt noch vorbei. Elegant saust eines der Tiere mehrmals am Fenster des Wasserbeckens vorbei, als wollte es die jungen Tierfreunde anlocken. Und die kommen gerne.
Weitere Infos: Zoo Mulhouse: Geöffnet Mai bis August 9-19 Uhr, sonst andere Zeiten; Infos im Zoo auch auf Deutsch;
Eintritt: 15,50 Euro, ermäßigt 9,50 Euro, im Winter reduzierte Preise.
Anfahrt: Autobahn A36, Ausfahrt "Mulhouse centre", Beschilderung Richtung "Centre-Ville" folgen, dann Richtung Bahnhof ("gare"), dann Richtung Zoo; Web: zoo-mulhouse.com
von Silke Kohlmann
am Fr, 28. Juli 2017 um 00:00 Uhr

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