Wanderwege

So idyllisch ist eine Wanderung auf den Hinterwaldkopf

Der Berg ruft: Auf steilen Wegen und in vielen Serpentinen geht’s vom Zastler aus hinauf auf den Hinterwaldkopf. Für Genießer liegen zwei Einkehrhütten auf dem Weg.

Vier Wanderer, ein Ziel: Raus in den zu diesem Zeitpunkt noch lauen Sommertag, an die Luft, auf den Berg. Aber auf welchen? Belchen, Feldberg, Kandel? Die Wahl fällt schließlich auf den Hinterwaldkopf, von Oberried-Zastler aus auf urigen Pfaden. Für Faktenverliebte heißt das laut Schildern von 490 auf 1198 Meter, also 708 Höhenmeter auf 12,8 Kilometer. Für Genießer bedeutet es zwei Einkehrhütten und ganz viel Natur.

Ausgangspunkt ist der Sonnhaldenweg

Ausgangspunkt ist der Sonnhaldenweg mit gleichlautender Haltestelle, aber Busse, so verrät ein Blick auf den Plan, fahren wochenends nicht. Schon nach ein paar Metern biegt linker Hand ein Weg in den Wald ab, von Brennnesseln überwuchert. Von jetzt an geht’s knackig bergauf – Hoch-Zeiten brechen an für die nächsten Kilometer und Stunden. Das könnte mühsam sein, wäre da nicht der traumhafte Pfad, der mit Wurzeltreppen durch den wild-urigen, sattgrünen Buchenwald führt.

Serpentinenweise schrauben wir uns höher. Immer mal wieder durchschneiden steile, bemooste Steinhalden den dichten Wuchs. Hier und da ragen Findlinge aus dem Waldboden und sind prima Ausguckblöcke da, wo der Wald einen kurzen freien Blick gewährt. Dann verführt ein kleines, weißes Schild mit blauem Rand, den breiten Querweg wieder zu verlassen und kleinpfadig weiter zu wandern. Jockeleshäusle heißt es da, und wie aus einem anderen Jahrhundert gefallen steht bald darauf auf einer Waldlichtung der alte Bergbauernhof von 1749, das heutige Vereinsdomizil des Schwarzwaldvereins Dreisamtal-Kirchzarten.

Jockeleshäusle von 1749

Es geht weiter stramm bergauf, mit dem Häusleberg als nächste Zwischenstation. Der Wald hat den Bergwiesen Platz gemacht. Die Grillen zirpen, veranstalten ein Spektakel und scheinen uns anzufeuern wie es sonst die Zuschauer bei einem Marathonlauf tun. Nötig haben wir’s, denn längst sind die Beine schwer. Wir schnaufen den Berg hinauf, die Hoch-Zeit scheint kein Ende zu nehmen. Passend dazu taucht am Horizont der Feldberg noch im Mai als weiße Hochzeitssahnetorte aus grüner Landschaft auf, der rotweiße Fernsehturm thront wie eine Kerze obendrauf. Dann endlich ist er erklommen, der Häusleberg mit seinen 1001 Metern und märchenhaftem Blick zum Feldberg, Kandel, Schauinsland und sogar zum weit, weit entfernten Freiburger Münsterturm. Beschwingt genießen wir das erste Gefälle, unten lockt die Höfener Hütte mit Brotzeit.

Nächster Tourenhöhepunkt ist der Hinterwaldkopf, der einige weitere Schweißperlen fordert. Auf dem Weg dorthin scheint die gesamte Tier- und Pflanzenwelt Hochzeit zu feiern: Das knalllila Knabenkraut wiegt sich im Wind, bezirzt den Löwenzahn, auf dessen Blüte wiederum zwei Käfer mit Frühlingsgefühlen sitzen. Über unseren Köpfen zieht die Feldlerche lauthals tirilierend akrobatische Kreise, und auf dem Gipfel selbst haben offensichtlich Zweibeiner ein Sternherz hingesetzt, haben sich – hach, seufz – J und B die Liebe erklärt.

Müde, aber dennoch tiefenentspannt

Wir widerstehen der Versuchung – gerade einmal 800 Meter weiter steht die Hinterwaldkopfhütte – und steigen ab, zu spät ist es dank der ganzen Hoch-Zeiten und Naturbeobachtungen geworden. Zurück auf dem Rotecksattel führt die gelbe Rautenroute in Richtung Scheibenfelsen, leitet in den Wald. "Zastler direkt" lockt bald darauf ein Schild, deutet auf einen schmalen, geheimnisvollen Weg.

Die Sonne schickt ihre letzten Strahlen hinein in einen Bannwald, der uns in den Bann zieht: An steilen Hängen liegen bizarr verrenkte Baumgerippe, tun sich Schluchten auf, stürzen sich sprudelnde Bäche in die Tiefe, türmen sich mächtige Felsen am Wegesrand auf. Und schließlich am Start- und Endpunkt der Wanderung angekommen, stellen wir fest: So rechtschaffen müde und tiefenentspannt haben wir uns selten gefühlt. Wird wohl an den vielen Hoch-Zeiten liegen.
von Anita Fertl
am Di, 07. Juli 2020 um 16:23 Uhr

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