Brauchtum in der historischen Ölmühle

Striebli in Simonswald

Sie gehören zu den Traditionsgerichten, die früher im Schwarzwald an Freitagen aufgetischt wurden: Striebli, ein süßes Teiggebäck, das im heißen Fett ausgebacken wird. imonswald.

Mit kreisenden Bewegungen füllt Agnes Braun in der historischen Ölmühle in Simonswald den flüssigen Teig in den mit heißem Fett gefüllten Topf. "Des het mer im G’fuehl, ob’s läuft oder ned." Die Spezialität wird immer frisch zubereitet von den Frauen des Brauchtumsvereins, zu denen Agnes Braun gehört. "Wenn der Teig zu weich ist, saust es rein, dann gibt es keine schöni Würscht", erklärt die Striebli-Bäckerin.
Sofort fängt es auch schon an zu brodeln, und innerhalb weniger Sekunden wird die Masse fest und goldbraun.

Denn darauf kommt es an, schließlich isst das Auge mit. Die geschlängelte Form entsteht, wenn die flüssige Teigmasse durch den Striebli-Löffel spiralförmig ins Fett fließt. Der Löffel besteht aus einem kupferlegierten Trichter mit zwei Löchern, der knapp über dem siedend heißen Fett mit kreisenden Bewegungen geleert wird. Striebli-Backen ist eine richtige Kunst. Teig, Temperatur und Umgang mit dem Striebli-Löffel, all das muss exakt aufeinander abgestimmt sein. Möglichst filigran und gleichmäßig sollen die Striebli geraten, auf keinen Fall wulstig. Sobald sich die im Fett schwimmende Substanz in eine feste Masse verwandelt, wendet Agnes Braun die Seite, damit der Teig nicht zu dunkel gerät.

Die Simonswälderin hat es im Griff: Beide Seiten sind gleichmäßig goldbraun gebacken. Zum Schluss werden die Striebli mit Puderzucker bestreut und sofort von Anni Kaltenbach über den Verkaufstisch gereicht – frisch aus dem heißen Fett genommen, schmecken sie am besten und sind bei Einheimischen wie Urlaubsgästen der Renner.

Spezialität im Tal

"Striebli ist eine ureigene Spezialität im Elz- und Simonswäldertal. Hennekuddle hän die Männer gsait", erklärt Johanna Wangler, die den Teig für die Striebli gerichtet hat. Es ist eine verächtliche Bezeichnung in Anspielung auf das fleischlose Gericht, das es im streng katholischen Ort häufig am Freitag gab. Zum Striebli wurde Kartoffelsuppe oder Apfelkompott gereicht. So war es auch ohne Fleischbeilage ein nahrhaftes und vollwertiges Essen.

Die ersten Besucher finden sich an der Ölmühle ein. Niels Schäfer kommt aus Dänemark und schaut den Frauen neugierig zu. "Das muss ich jetzt mal probieren, so was habe ich noch nie gesehen", spricht’s und legt drei Euro auf den Biertisch. Flugs ist das Striebli fertig. "Ist sehr fett, schmeckt aber gut", lautet anerkennend der Kommentar des Dänen.

Der nächste Kunde trifft ein. "Das kenne ich seit meiner Kindheit, mit dem sin mer ufgwachse", erzählt Albert Schonhardt. "Früher war’s nix Besonderes, da gab’s halt nichts anderes", erzählt der rüstige 93-Jährige. Der Simonswälder ist Stammkunde und holt sich alle 14 Tage zwei Stück Striebli. "Jemand muss es ja essen, wenn sie’s machen", meint er verschmitzt und packt die Striebli in seinen Korb.

Und wie schmecken sie nun, die Striebli? Das Teiggebäck ist fluffig, knusprig, süß. Und schmeckt himmlisch lecker. Dass die Backspeise eine echte Kalorienbombe ist, daran verschwendet man besser keinen Gedanken.
Kulturhistorische Ölmühle, Talstraße 55, 79263
Simonswald, Tel.: 07683/909257,
http://mehr.bz/oelm
Nächstes Striebli-Backen: Do, 24. Sept.; anschließend gibt’s bis Ende Oktober jeweils donnerstags Zwiebelkuchen und Neuer Süßer;
Tipp: In der Ölmühle wird noch heute nach traditionellem Verfahren wie vor 300 Jahren kostbares Walnussöl durch Kaltpressung erzeugt. In aufwändiger Handarbeit knacken Mitglieder des Brauchtumsvereins Walnüsse und verlesen nur die besten. Jeden Donnerstag von Ostern bis Ende Oktober finden Führungen statt.
von Birgit-Cathrin Duval
am So, 20. September 2020 um 07:00 Uhr

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