ZEITVERTREIB

Schrullig-spannend wie im TV: Tatort zum Hören

Für gut neun Millionen Menschen in Deutschland – mal mehr, mal weniger – ist es ein Termin wie in Stein gemeißelt: Sonntagabend sitzen sie um 20.15 Uhr auf dem Sofa, bereit für den Tatort. Die wenigsten von ihnen wissen allerdings, dass es seit 2008 ein Pendant ihrer Lieblingskrimireihe gibt: im Radio. Die Hörspiele werden von den ARD-Landesrundfunkanstalten produziert, jeden Monat gibt es einen neuen Fall. Insgesamt neun Ermittlerteams spüren die Verbrecher auf, die in den allermeisten Fällen jemanden getötet haben. An Leichen zumindest herrscht im Radio-Tatort kein Mangel. Auch sonst erinnert das Personal stark an die Fernsehversion: Es gibt Alkoholiker und Zocker, schlichte Gemüter und brillante Psychopathen sowie erstaunlich viele Ermittler – und Ermittlerinnen – mit erstaunlich schlechter Laune. Damit ein Fall zwischen zwei Nachrichtenblöcke passt, gilt die Maximallänge von 55 Minuten. Was in Zeiten, in denen ein Hörbuch locker sechs Stunden dauern kann und Serien auf Netflix wochenlang die Abende fressen, eine wohltuende Abwechslung ist. Die gibt es auch hinsichtlich der sprachlichen Färbung: Der Radiotatort lässt sich über die Dialekte seiner Sprecher wunderbar lokal verorten. Das hiesige schwäbisch-alemannische Ermittler-Duo wurde gerade leider in Rente geschickt, Karoline Eichhorn und Ueli Jäggi waren von Anfang an als Brändle und Finkbeiner dabei. Am 22. März läuft die erste Folge mit dem neuen Team, das ermittelt auf Pfälzisch. Die chaotischste und damit kultigste Truppe bildet die Task Force Hamm. Die hat viel Ruhrpottcharme und lohnt – wie fast alle anderen auch – das Reinhören.

ARD-Radiotatort: Alle Folgen aus den zurückliegenden zwölf Monaten sind unter mehr.bz/radiotatort abrufbar.

Witzig in kleiner wie großer Runde: Dingsbums

Eines vorweg: Es gibt Menschen in unserer Familie, die mit Brettspielen nichts anfangen konnten. Bis wir "Dingsbums" entdeckten, unseren Selbstläufer. Weil es so simpel und dennoch klug ist und uns – in Pandemiezeiten nicht unwichtig – zum Lachen bringt. Das Spielprinzip: 300 Karten mit 900 Aussagen, in denen ein Wort durch Dingsbums ersetzt wurde. Darunter knappe Aussagen wie "Kochen ist für mich Dingsbums" oder "Einmal im Monat darf man Dingsbums machen". Aber auch so komplexe Szenen: "Morgens 4:23 Uhr. Ich, halb nackt und orientierungslos auf dem Kiez, zittere wie ein Aal und werde verfolgt von einem Rudel wilder Bergziegen. Ein klarer Fall für Dingsbums." Jetzt heißt es für alle Spieler, kreativ werden, tricksen, tarnen, täuschen. Denn es gilt, möglichst unerkannt zu bleiben, wenn der pro Runde wechselnde Spielleiter die Zettel einsammelt und die mitunter sehr witzigen Resultate vorliest – auch sein eigenes. Ziel ist es, unter allen Aussagen die des Spielleiters herauszufinden. Der wiederum versucht, die Fährte auf andere Spieler zu lenken und ist somit in der kniffligen Lage: Ersetze ich Dingsbums durch etwas völlig Absurdes, das mir niemand zurechnet? Oder nehme ich etwas, bei dem alle denken: Das ist viel zu offensichtlich, das schiebt mir doch jemand anderes in die Schuhe? Und schon versucht jeder, sich in die psychologische Taktik seiner Mitspieler hineinzuversetzen.

Dingsbums von Denis Görz und Ricardo Barreto. Denkriesen. 3-8 Spieler ab 12 Jahren, Spieldauer etwa 45 Minuten, rund 30 Euro.
von Claudia Füßler
am Sa, 19. Februar 2022

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