Techno

25 Jahre DJ Acoma im Freiburger Club Schmitz Katze

Ohne DJ Acoma kein Techno in Freiburg. Seit 25 Jahren legt der Freiburger auf, am Wochenende feiert er beim Frühtanz in Schmitz Katze Silbernes Mischpult-Jubiläum. Eine Würdigung:

Ein Montagabend im Waldsee. Es ist Hochsommer. Selbst um 23 Uhr liegt die Lufttemperatur noch bei rund 30 Grad. Eine Tropennacht, wie man sie von Goa in Indien oder dem brasilianischen Arembepe her kennt In den 1960er und 1970er Jahren, zur Blütezeit der Hippies, wie heute ein Zufluchtsort für Alltagsverweigerer und alle Menschen, die gerne mal aus ihrem Hamsterrad heraustreten, das sich unablässig im Nine-to-five-Takt dreht.

Ein kühlender Wind weht durch den schattigen Wald. Die Blätter der Bäume rauschen. Stimmen zahlreicher Menschen, Gläserklirren und ein dumpfer Bass unterlegen den Ort mit ihrer eigenen Musik. Es ist tageins, die vielleicht bekannteste Veranstaltungsreihe der Stadt. An diesem Abend legt DJ Acoma auf, der vielleicht bekannteste Disc Jockey der Stadt. Acoma, der eigentlich Ferdi Nevely heißt und im Herbst diesen Jahres 45 Jahre alt wird, baut sein Set langsam auf. Platten mit dunklem, drückendem Groove stellt er Stücke mit perkussiven Rhythmen gegenüber. Der dumpfe Klang der Kpanlogo- und Djembe-Trommeln versetzt die Tanzfläche und die darauf befindlichen Körper in Schwingung.

Er sei "eine Art digitaler Schamane", schreibt Acoma über sich auf seinem Facebook-Künstlerprofil. Während viele Kolleginnen und Kollegen seines Berufsstands ihr Profil mit fundamentlosen Behauptungen aufblähen, reicht ihm dieser eine Satz. Er ist ein unermüdlicher, leidenschaftlicher Arbeiter, der sich ganz der elektronischen Clubmusik dienstbar gemacht hat. Mit jeder weiteren Platte, die er an diesem Abend im Waldsee spielen wird, steigert er die musikalische Intensität und treibt die Tanzenden durch alle Gefühlslagen, von süßer, schwerer Melancholie zur Euphorie. Wer ihn im Waldsee zum ersten Mal erlebt, ist ergriffen von seinem ibizenkisch-geschmeidigen Grooveverständnis.

So muss es damals auf der weißen Baleareninsel gewesen sein. Zu einer Zeit, als ein Steve Aoki noch keine zehn Jahre jung, ein Avicii gerade mal geboren war. Als weder englische Promoter noch US-amerikanische und russische Eventagenturen die Clubs und Afterhours der Insel fest unter Kontrolle hatten. Als ein Alfredo im Amnesia oder ein Cesar im Ku einen Abend auch einmal mit Songs vom Weißen Beatles-Album beendeten. Balearisch eben. Romantisch, verträumt. Ein niemals endender Sonnenaufgang.

Weich, skizzenhaft, glückselig: Diese ewige Dämmerstimmung hat sich tief in Acomas Herz eingebrannt. Diese vermittelt er, der in den 1990er Jahren zusammen mit Thorsten Leucht, Christian Gimbel, Peter Spille, Alexander Purkart und Boris Susanj das Nightlife- und Szenemagazin Subculture gegründet hat, in seinen DJ-Sets - und das seit nunmehr 25 Jahren. So lange muss man es erst einmal schaffen, das starke Gefühl der Leidenschaft zu bewahren. Denn als Disc Jockey öffnet man sich einer Öffentlichkeit und macht sich dadurch selbst verletzlich. Die Trennlinie zwischen Anerkennung und Abschätzung ist dünn. Die Ablehnung ist dem Applaus immer ganz nah.

Dass ein Disc Jockey wie Acoma, der Anfang der 1990 zum ersten Mal in einem Club vor Publikum aufgelegt hat, darüber stehen kann, liegt möglicherweise an der Bedeutung seines Künstlernamens. Dieser leitet sich aus zwei Begriffen einer indigenen amerikanischen Sprache ab. Aco bedeutet "weißer Fels", Ma steht für "Mensch". Ein Mensch auf einem weißen Felsen - wenn man so will, schließt sich da der Kreis zu Ibiza, der weißen Insel vom Mittelmeer. Ihr Freigeist, ihre Musik bilden Acomas Fundament als Disc Jockey.'

Das wissen auch all die Feiergenerationen, die ihn - nicht nur - in Freiburg erlebt haben. Schon bald nach seinen ersten Auftritten sollte er feste Spielzeiten, also Residencies, in Clubs wie dem Basler Bell/Tower und dem Emmendinger Oktan haben. Dort spielte er an den Wochenenden, unter der Woche führte er mit dem Loopo/Pulp ein Fachgeschäft für Schallplatten und Mode. Außerdem legte er oft in Zürich und in Frankfurt auf. Er spielte an der Seite von Ellen Allien, DJ Hell, Carl Cox und Claude Young, und immer wieder Sven Väth. Wann und wo immer Deutschlands bekanntester Techno-DJ in Südbaden auflegte, bereitete ihm Acoma den musikalischen Weg. Dass er das in diesem Jahr auf dem Sea You Festival nicht macht, ist eigentlich schade. Das wäre eine schöne Geste gewesen.

So feiert Acoma an diesem Sonntag im Freiburger Club Schmitz Katze sein Silbernes DJ-Jubiläum. Und wieder darf von seiner Künstlerseite auf Facebook zitiert werden: "Steigt man früh ein, gleichen seine Sets einer elektronischen Hypnose." Ganz so, als ob die Gottheiten der afrokaribischen Schamanen-Kulte Candomblé oder Orixá selbst Hand anlegen.
Freiburg, 25 Jahre DJ Acoma, Schmitz Katze, Sonntag, 12. Juli 2015, 16 Uhr
von Bernhard Amelung
am Fr, 10. Juli 2015 um 08:00 Uhr

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