Festprogramm

300 Jahre Karlsruhe: Ein badisches Jerusalem

2015 feiert Karlsruhe seinen 300. Geburtstag.

In Städten wie Trier, Köln oder Mainz mag man milde lächeln über den Karlsruher Stadtgeburtstag 2015: Mit einem Alter von 300 Jahren gehört die badische Residenzstadt zu den jüngsten in Deutschland. Anders als die über 2000 Jahre alten römischen Stadtgründungen ist Karlsruhe das Ergebnis einer utopischen Vision: Der badische Landesherr Karl Wilhelm wollte eine ideale Stadt schaffen. "Karlsruhe ist ein hervorragendes Beispiel für die Idee der frühen Neuzeit, dass ein tätiger Mensch seine Umwelt aktiv gestaltet und sich dabei nach einer größeren Konzeption ausrichtet", erklärt der Berliner Historiker Claus Bernet.

Der tätige Mensch, das war Markgraf Karl Wilhelm von Baden-Durlach (1679–1738). Der Pfälzische Erbfolgekrieg hatte 1689 auch Pforzheim und Durlach in Asche gelegt, die wichtigsten Städte in seinem kleinen Herrschaftsgebiet. Nach dem Rastatter Frieden von 1714 ging Karl Wilhelm an den Wiederaufbau – und entschied sich dagegen, seine Residenz auf den Trümmern der Karlsburg im kleinen Städtchen Durlach neu zu errichten. Nach einer Legende soll er auf der Jagd unter einem Baum eingeschlafen sein und von einer neuen Residenz mit seinem Namen geträumt haben: "Carolsruhe". Der Träumer ließ am 17. Juni 1715 den Grundstein für ein neues Schloss vor den Toren von Durlach legen. Seinen eigenen Neigungen folgend wollte er sich ein Lustschloss errichten. So hatte die Gründung Karlsruhes nach den Worten der Karlsruher Kulturdezernentin Susanne Asche "nicht zuletzt den Zweck, dem sinnenfrohen Markgrafen sein amouröses Treibern fern von den strengen Augen seiner Gattin zu ermöglichen". Markgräfin Magdalena Wilhelmina musste in Durlach bleiben.

Vom Schloss aus planten Karl Wilhelm und sein Bauherr Jakob Friedrich von Batzendorf die Anlage von 32 Straßen, die wie Sonnenstrahlen oder wie ein Fächer in alle Richtungen gehen sollten. Diese Anlage habe die Vorstellung vom "himmlischen Jerusalem" verfolgt, erklärt Bernet. Das Stadtbild habe den Kosmos und dessen göttliche Ordnung widerspiegeln wollen. "Die damalige Zeit war besessen von geometrischen Vorstellungen, dabei spielte das Rad eine wichtige Rolle."

Die damalige Gesellschaftsordnung kam ebenfalls in der Planung der Stadt zum Ausdruck. Adelige und Hofbeamte sollten in der Nähe des Schlosses wohnen, in zweistöckigen Häusern. Das übrige Volk musste in unterschiedlichem Abstand zum Schloss wohnen und durfte nur einstöckig bauen. Die ersten Bürger von "Carolsruhe" erhielten besondere Privilegien wie eine 20-jährige Steuerfreiheit und Religionsfreiheit. So wurden neben Bürgern mit Karl Wilhelms lutherischer Konfession auch Reformierte (Calvinisten), Katholiken und Juden eingeladen, sich in Karlsruhe niederzulassen. Als Karl Wilhelm 1738 starb – er wurde tot in einem seiner Blumenbeete aufgefunden – zählte Karlsruhe mehr als 2700 Einwohner. Der Markgraf soll 22 Kinder von fast ebenso vielen Frauen hinterlassen haben. Unter ihnen waren auch Hofsängerinnen und Tänzerinnen, die später in Verbindung mit der Leidenschaft des Markgrafen für Tulpen als Vorbilder von Legenden über die "Tulpenmädchen" von Karlsruhe dienten.

Die ersten Bürger von

"Carolsruhe" erhielten

20-jährige Steuerfreiheit

Das heutige Stadtbild wird entscheidend geprägt von Friedrich Weinbrenner (1766–1826). Damals war Karlsruhe Hauptstadt des Großherzogtums Baden, das neun Mal so groß war wie Karl Wilhelms Markgrafschaft Baden-Durlach. Der Architekt Weinbrenner verlieh der Stadt neuen Glanz mit dem Bau von Rathaus, zwei Stadtkirchen, der Synagoge, einem Hoftheater und der Münze.

Im Jubiläumsjahr 2015 wird die ganze Stadt zur Festbühne, ungeachtet der Bagger, die jahrelang für die Neugestaltung des Schienennahverkehrs im Einsatz sind. Bereits im Frühjahr sollen Straßen und Plätze in ein Blütenmeer von 300 000 Tulpen getaucht werden, in den Stadtfarben Rot und Gelb. Und am 17. Juni, dem Jahrestag der Stadtgründung, beginnt ein 15-wöchiger Festivalsommer mit über 400 Kulturveranstaltungen.

Heute hat Karlsruhe 313 000 Einwohner und ist die zweitgrößte Stadt von Baden-Württemberg. Dass die Hauptstadt im Lande nun Stuttgart ist, können die Nordbadener verschmerzen. "Dafür haben wir hier eine Kulturdichte, die einer Metropole gleichkommt", freut sich Kulturbürgermeister Wolfram Jäger (CDU). Und Karlsruhe schmückt sich als Sitz des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs mit dem Titel einer "Residenz des Rechts".
von Peter Zschunke (dpa)
am Di, 30. Dezember 2014

300 Jahre Karlsruhe

Mehr als 400 Kulturveranstaltungen enthält das Programm zum Karlsruher Stadtgeburtstag im neuen Jahr. Hier eine Auswahl der Höhepunkte:

» 9. Mai: Beginn der Ausstellung: "Karl Wilhelm 1679-1738 - Badischer Landesfürst und Karlsruher Stadtgründer"

» 30. Mai: Beginn der Ausstellung "Karoline Luise von Baden - Sammlerin von europäischem Rang" (Kunsthalle Karlsruhe)

» 17. Juni: Auftakt zum Festivalsommer mit einem Konzert am Schloss

» 19. Juni: Beginn der Ausstellung "Globale" zum Zusammenwachsen von Kunst, Wissenschaft und Technik (Zentrum für Kunst und Medientechnologie, ZKM)

» 20. Juni: Multimedia-Show mit Feuerwerk und Tanz vor dem Schloss

» 27. Juni: Beginn des Wissenschaftsfestivals "Effekte"

» 18. September: Simultankonzert "Organum" mit Orgeln in den Partnerstädten

19. September: "Stadtleuchten" mit Projektionen von Fotos und Filmen an Hausfassaden

» 24. September: Eröffnung des "Gartens der Religionen" (City-Park)

» 26. September: Abschluss des Festivalsommers  

Autor: dpa

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