Oper

Arrigo Boitos "Mefistofele" am Theater Freiburg

Ludger Engels inszeniert Arrigo Boitos Faust-Oper "Mefistofele" am Theater Freiburg.

Am Freiburger Theater konnte man ihn bereits als Mozart-Regisseur erleben. Jetzt inszeniert Ludger Engels dort Arrigo Boitos eher seltene Faust-Oper "Mefistofele". Es dirigiert Generalmusikdirektor Fabrice Bollon. Premiere ist am Samstag.

Arrigo Boito (1842–1918) war eine Doppelbegabung: ein Literat, der für den späten Giuseppe Verdi die Libretti zu "Otello" und "Falstaff" schrieb, und Komponist. Ein Opernkenner par excellence, der unter anderem Wagners "Tristan" ins Italienische übersetzte. Boito veroperte Goethes Faust-Tragödie, wobei er das Resultat gleichwohl "Mefistofele" nannte. Die Uraufführung der mehr als fünfstündigen Erstfassung von 1868 in der Mailänder Scala allerdings fiel durch. Der Stoff sei eben gewaltig gewesen und der Komponist seinerzeit 26 – so erklärt Regisseur Engels im Gespräch das Desaster von damals. Und fügt hinzu: "Boito hat die Tradition der italienischen Oper bedient." Obwohl er eigentlich ja Oppositioneller und Antitraditionalist war. Am Theater Freiburg kommt die höchst erfolgreiche, in Bologna erstgespielte Zweitfassung von 1875 (bis auf minimale Kürzungen) auf die Bühne des Großen Hauses.

Der 52-jährige in Duisburg-Meiderich geborene Regisseur, der in Dortmund Germanistik und Musik studiert hat und dem der Stuttgarter Bach-Dirigent Helmuth Rilling die Richtung zum Theater wies, siedelt seine Inszenierung im Heute an. Gibt es Typen wie Mefistofele und Faust auch noch in unseren Tagen? "Ja, absolut!", meint Engels, der in Oper und Schauspiel Altes und Neues auf die Bretter bringt, gern immer wieder auch Interdisziplinäres. "Ich kann mich mit jeder Figur identifizieren", sagt Engels über Boitos Opus. Also auch mit Mephisto (Jin Seok Lee singt die Schaljapin-Partie), der Faust (Martin Muehle) zeige, "dass es einen Gegensatz zum nur Geistigen gibt". Der Komponist hole den Faust-Stoff auf eine menschliche Ebene herunter: "Das interessiert mich am Theater." Boitos Musik gebe Versatzstücke an die Hand, um etwa den Himmel darzustellen. Und: "Es gibt große emotionale Geschichten." Boito mache "reines Klangtheater". Im Werk seien "Gewichtsverschiebungen".

Eine gewaltige Musik, der man "wagnerismo" vorhielt, und Leichtigkeit kommen zusammen. Eine packende Mischung aus Mysterienspiel und Welttheater. Im Zentrum: der Mensch. Es geht um Psychogramme von Menschen. Auch der Aspekt der Ironie ist Engels bei dem Vierakter mit 25-minütigem Vorspiel wichtig. "Wir erzählen durch", benennt er das Handlungsmuster dieser Produktion. Das heißt, dass Sandra Janusaite Margherita (Gretchen) und Elena ist oder Christoph Waltle dann Wagner und Nereo.

Thematisiert wird dabei eine Reise, die im Himmel beginnt und, wenn man so will, beim Nightlife endet. Engels möchte mit "Mefistofele" ungelebte Wünsche und Träume zeigen. Überdies Verführung und Verantwortung fürs menschliche Tun. Womit wir gleichsam ganz nah beim Heute sind: "Theater ist immer aktuell und politisch", unterstreicht Engels, der auch schon einen Chor geleitet hat. "Mefistofele" ist ja nicht zuletzt eine Choroper.

Nach dem Gespräch, beim Abschied, will Ludger Engels, der bis 2013 als Chefregisseur und stellvertretender Intendant am Theater Aachen tätig war, vom Journalisten wissen, ob denn ein solches Werk wie "Mefistofele" in Freiburg laufe, sprich: auf Interesse stoße. In diesem Punkt kann man den Mann wohl guten Gewissens beruhigen.

Termine: Freiburg, "Mefistofele", Theater, Großes Haus, Premiere: Sa, 16. Jan., 19.30 Uhr; weitere Aufführungen: 23., 29. Jan., 12., 21. Feb., 17., 24. März, 13., 27. Mai, 2. und 11. Juni, jeweils 19.30 Uhr, sowie 24. April, 15 Uhr
von Johannes Adam
am Fr, 15. Januar 2016

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