Interview
Ben Affleck über den Gangsterfilm "Live by Night"
Als Sonnyboy fasste Ben Affleck (44) in Hollywood einst Fuß, spielte in Romantikomödien ("Auf die stürmische Art") und Actionfilmen ("Daredevil"). Inzwischen hat sich der gebürtige Kalifornier mit "Gone Baby Gone" und "The Town" längst als Regisseur etabliert. "Argo" bekam 2013 sogar den Oscar in der Kategorie "Bester Film". Mit dem Gangsterdrama "Live by Night" liefert Affleck nun seine vierte Regiearbeit ab – und spielt wieder die Hauptrolle. Markus Tschiedert traf ihn in London.
Ticket: Was reizte Sie am Genre des Gangsterfilms?
Ben Affleck: Für mich ist der Film eine Hommage an das Goldene Zeitalter Hollywoods und seiner epischen Gangsterfilme. Das waren damals die Blockbuster. Heute muss man als Schauspieler schon einen Umhang tragen, um in einem Blockbuster mitspielen zu können (spielt lachend auf seine Rolle als neuer Batman an). Mit "Live by Night" wollte ich einen Film machen, der in der Tradition von Klassikern wie "Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern", "Der öffentliche Feind" oder "Der Pate" steht.
Ticket: Wie schwer war es, dieses Genre im Zeitalter der Comicverfilmungen wieder aufleben zu lassen?
Affleck: Das war echt herausfordernd, denn es hält sich in Hollywood die Meinung, dass die Leute keine Filme mehr sehen wollen, die in der Vergangenheit spielen. Wenn ein Film erfolgreich ist, entstehen heutzutage tendenziell 50 weitere, die nur noch das kopieren, was gerade populär erscheint. Aber genau diesen Weg wollten wir mit "Live by Night" nicht einschlagen.
Ticket: Beim Kinopublikum ist die Faszination für Gangster aber nie verloren gegangen. Warum schaut es Menschen, die ihre kriminelle Energie ausleben, so gern zu?
Affleck: Klassischerweise geht es in Gangsterfilmen um Ehrgeiz und Begierde, die jenseits von Moralvorstellungen und Anstandsregeln wirken. In einer stinknormalen Romantikkomödie erlebt man einen netten Büroangestellten, der sich in Sandra Bullock verliebt. Das kann kein Killer sein, ein Gangsterfilm hingegen erfordert einen anderen Spielraum aus bestimmten Verhaltensweisen und Moralansichten. Das auszukundschaften, ist schon sehr interessant.
Ticket: Wie hat es Ihnen gefallen, sich wie ein Gangster der 20er Jahre zu kleiden?
Affleck: Das war großartig! Ich wünschte mir, wir würden uns auch heute noch so mit Hut und Anzug anziehen. Wenn man sich Fotos aus dieser Zeit ansieht, trug in New York City jeder Mann wie selbstverständlich einen Hut. Das waren glamouröse und sexy Zeiten.
Ticket: Ihr Film handelt auch vom amerikanischen Traum sowie Einwanderung und Rassismus. Automatisch fühlt man daran erinnert, was gerade wieder in Amerika passiert. War das Ihre Absicht oder Zufall?
Affleck: Ich war selbst überrascht, wie zeitgemäß der Film geworden ist, und dachte, wir stecken da ja noch immer drin. Was mir an der Geschichte von Anfang an gefallen hatte, waren natürlich diese Themen und die Tatsache, dass Amerika ein einzigartiges Land ist, gerade weil es auch von Immigranten aufgebaut wurde. Mir war aber anfangs nicht bewusst, dass sich die Haltung weißer Protestanten jener Zeit gegenüber Neuankömmlingen so aktuell anfühlen würde.
Ticket: Sie sind inzwischen gleichermaßen als Regisseur und Schauspieler erfolgreich. Wie haben Sie das hinbekommen?
Affleck: Also wenn ich könnte, wäre ich für den Rest meines Lebens gern David Fincher. Er ist ein meisterhafter Regisseur – mit dem Geschmack eines Künstlers und dem Verstand eines Ingenieurs. Ich versuche, mich bei meiner Arbeit mit Dingen zu beschäftigen, die variieren und trotzdem interessant sind.
Ticket: Ihr Bruder Casey bekam für "Manchester by the Sea" gerade den Golden Globe und die Oscar-Nominierung. Macht Sie das stolz?
Affleck: Stolz ist das falsche Wort, da fühle ich mich gleich wie sein Vater. Aber ich bin so glücklich über seinen Erfolg! Er ist ein wunderbarer Schauspieler, der nun endlich zeigen kann, was er drauf hat.
von tsc
Ben Affleck: Für mich ist der Film eine Hommage an das Goldene Zeitalter Hollywoods und seiner epischen Gangsterfilme. Das waren damals die Blockbuster. Heute muss man als Schauspieler schon einen Umhang tragen, um in einem Blockbuster mitspielen zu können (spielt lachend auf seine Rolle als neuer Batman an). Mit "Live by Night" wollte ich einen Film machen, der in der Tradition von Klassikern wie "Chicago – Engel mit schmutzigen Gesichtern", "Der öffentliche Feind" oder "Der Pate" steht.
Ticket: Wie schwer war es, dieses Genre im Zeitalter der Comicverfilmungen wieder aufleben zu lassen?
Affleck: Das war echt herausfordernd, denn es hält sich in Hollywood die Meinung, dass die Leute keine Filme mehr sehen wollen, die in der Vergangenheit spielen. Wenn ein Film erfolgreich ist, entstehen heutzutage tendenziell 50 weitere, die nur noch das kopieren, was gerade populär erscheint. Aber genau diesen Weg wollten wir mit "Live by Night" nicht einschlagen.
Ticket: Beim Kinopublikum ist die Faszination für Gangster aber nie verloren gegangen. Warum schaut es Menschen, die ihre kriminelle Energie ausleben, so gern zu?
Affleck: Klassischerweise geht es in Gangsterfilmen um Ehrgeiz und Begierde, die jenseits von Moralvorstellungen und Anstandsregeln wirken. In einer stinknormalen Romantikkomödie erlebt man einen netten Büroangestellten, der sich in Sandra Bullock verliebt. Das kann kein Killer sein, ein Gangsterfilm hingegen erfordert einen anderen Spielraum aus bestimmten Verhaltensweisen und Moralansichten. Das auszukundschaften, ist schon sehr interessant.
Ticket: Wie hat es Ihnen gefallen, sich wie ein Gangster der 20er Jahre zu kleiden?
Affleck: Das war großartig! Ich wünschte mir, wir würden uns auch heute noch so mit Hut und Anzug anziehen. Wenn man sich Fotos aus dieser Zeit ansieht, trug in New York City jeder Mann wie selbstverständlich einen Hut. Das waren glamouröse und sexy Zeiten.
Ticket: Ihr Film handelt auch vom amerikanischen Traum sowie Einwanderung und Rassismus. Automatisch fühlt man daran erinnert, was gerade wieder in Amerika passiert. War das Ihre Absicht oder Zufall?
Affleck: Ich war selbst überrascht, wie zeitgemäß der Film geworden ist, und dachte, wir stecken da ja noch immer drin. Was mir an der Geschichte von Anfang an gefallen hatte, waren natürlich diese Themen und die Tatsache, dass Amerika ein einzigartiges Land ist, gerade weil es auch von Immigranten aufgebaut wurde. Mir war aber anfangs nicht bewusst, dass sich die Haltung weißer Protestanten jener Zeit gegenüber Neuankömmlingen so aktuell anfühlen würde.
Ticket: Sie sind inzwischen gleichermaßen als Regisseur und Schauspieler erfolgreich. Wie haben Sie das hinbekommen?
Affleck: Also wenn ich könnte, wäre ich für den Rest meines Lebens gern David Fincher. Er ist ein meisterhafter Regisseur – mit dem Geschmack eines Künstlers und dem Verstand eines Ingenieurs. Ich versuche, mich bei meiner Arbeit mit Dingen zu beschäftigen, die variieren und trotzdem interessant sind.
Ticket: Ihr Bruder Casey bekam für "Manchester by the Sea" gerade den Golden Globe und die Oscar-Nominierung. Macht Sie das stolz?
Affleck: Stolz ist das falsche Wort, da fühle ich mich gleich wie sein Vater. Aber ich bin so glücklich über seinen Erfolg! Er ist ein wunderbarer Schauspieler, der nun endlich zeigen kann, was er drauf hat.
von tsc
am
Fr, 03. Februar 2017
Info
LIVE BY NIGHT
Regie: Ben Affleck
Mit Ben Affleck, Sienna Miller, Zoe Saldana, Elle Fanning, Chris Cooper, Chris Messina, Brendan Gleeson u.a.
129 Minuten, frei ab 16 Jahren
Die Story
Polizist wie sein Vater (Gleeson) will Joe Coughlin (Affleck) im Boston der 20er Jahre nicht werden. Er schmuggelt Alkohol, verliebt sich aber in die Braut (Miller) eines Gangsterbosses und landet im Knast. Wieder draußen, will er sich rächen...
Autor: bz