Boulderkitchen Freiburg

Bouldern – einfach bis bockschwer

Auf die Wände, fertig, los! Besuch in Freiburgs Boulderkitchen.

Die Hände des Jungen gleiten suchend über die Wand, bis seine Finger den nächsten gelben Knubbel finden. Erleichtert klammert er sich fest, versucht sich daran hochzuziehen. Ein schwieriges Unterfangen, wenn die Schwerkraft einen gerade mit Macht nach unten zieht, dorthin, wo Philipp Löffler steht und ihn beobachtet. "Nimm die Kraft aus den Beinen, so wie auf einer Leiter – und nicht aus den Armen", ruft er dem Jungen zu. Und tatsächlich: Der Zehnjährige stemmt das linke Beine durch, schafft es, den Überhang zu meistern. Leichtfüßig packt er nun auch den Rest, klettert über die Balustrade und steht stolz oben auf der Empore der Boulderkitchen in Freiburg.

"Beim Klettern sind die meisten Kinder einfach in ihrem Element", sagt Löffler anerkennend. Er lässt seinen Blick durch die Halle und über die künstlichen Kletterwände schweifen, an denen sich an diesem Nachmittag einige Leute im Bouldern, dem Klettern ohne Seil und Gurt in Absprunghöhe, probieren. Neben ein paar jungen Erwachsenen sind heute viele Kinder da. Sie sind nicht nur im eigens abgetrennten Kinderkletterbereich willkommen, auch an den hohen Wänden dürfen sie sich mit den Großen messen – wenn sie sich an wichtige Grundregeln halten und die Eltern ihrer Aufsichtspflicht nachkommen. "Bei allem Spaß: Die Boulderkitchen ist eben kein Kinderspielplatz", betont Löffler, "sondern ein Ort, um Sport zu treiben."

Ein Sport, der trotz dicker Matten am Boden nicht völlig ungefährlich ist. Bis zu 4,50 Meter hinauf geht es in der 1000 Quadratmeter großen Halle. Reicht die Kraft einmal nicht mehr, springt oder fällt man von der Wand – und "dann sollte da niemand gerade durchlaufen", sagt Löffler.

Er und sein Freund Stefan Franke haben in diesem Frühjahr die Boulderkitchen in Freiburg eröffnet. Weil sie selbst großen Spaß am Klettern haben – und zurück nach Freiburg in ihre Heimat wollten. Lange Zeit scheiterte ihr Plan am schwierigen Freiburger Immobilienmarkt, bis sie endlich in der Munzinger Straße im Gewerbegebiet Haid fündig wurden. Nun stehen Besuchern rund 600 Quadratmeter Boulderfläche zur Verfügung, sieben Parcoursfarben zeigen übersichtlich, welchen Schwierigkeitsgrad es wo zu meistern gilt. Und weil Anfängern Schwierigkeitsstufen wie 4, 5a, 6b oder 8c meist wenig sagen, haben Löffler und Franke sie auf einer Tafel griffig übersetzt in Begriffe wie leicht, sportlich, anspruchsvoll – oder bockschwer.

Bis bockschwer wird es der Zehnjährige so schnell nicht schaffen. Schließlich klettert er heute zusammen mit seinen beiden Geschwistern zum ersten Mal in einer Boulderhalle. "Das Gute am Bouldern ist, dass man es einfach mal ausprobieren kann", sagt Löffler. Mehr als bequeme Kleidung, ein paar Kletterschuhe und ein bisschen Magnesia für die Finger braucht es nicht. Wer keine eigenen Schuhe hat, kann sie sich ausleihen.

Eigentlich eine bequeme Sache – nur die Schuhe sind es nicht. "Die passen ja gar nicht!", tönte es noch vor einer halben Stunde empört, als der Zehnjährige und seine beiden Geschwister schnell in ihre Leih-Kletterschuhe schlüpfen wollten. Das Gefühl des Nicht-Passens ist aber ganz normal. "Die Schuhe müssen so eng sitzen, damit man an der Wand einen besseren Halt hat", erklärt Löffler.

Die Fußschmerzen haben die Kinder inzwischen längst vergessen. Eifrig suchen sich die Drei immer wieder die gelben und blauen Strecken, die im Fachsprech Boulderprobleme heißen, und hangeln sich die Wände hoch. Dabei geht es nicht immer darum, einfach irgendwie nach oben zu kommen. Mal gilt es seitlich die Wand zu queren bei sogenannten Traversen, oder aber Überhänge oder hervorstehende Ecken zu umklettern.

Und es in der richtigen Griffreihenfolge zu tun. Der Zehnjährige hat sich soeben verstiegen. Zügig nahm er die ersten blauen Knubbel, doch jetzt geht nichts mehr. Ratlos hängt er an der Wand, schaut sich suchend um. Doch wenn er einzig und allein bei Knubbeln der blauen Farbe bleiben will, wird es schwierig: Die Arme sind über Kreuz, der nächste Griff ist weit entfernt, das Bein schafft es nicht so hoch. Durchdrücken erst recht ausgeschlossen. Jetzt muss er sich entscheiden: Mühsam versucht er mit den Füßen weiter unten wieder Halt zu finden, die Strecke rückwärts zu klettern. Ein weiterer Blick nach unten, dann springt er ab, plumpst auf die grüne Matte, kugelt herum. Wenige Meter entfernt fällt auch ein erfahrener Kletterer soeben auf die grüne Matte. Sie kennen einander nicht. Aber beide stehen grinsend auf – ein Blick genügt – und klettern weiter.
von Ronja Vattes
am Do, 18. Dezember 2014

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