Klassik

Das Leipziger Streichquartett spielt beim Markgräfler Musikherbst

TICKET-INTERVIEW mit dem Geiger Tilman Büning vom Leipziger Streichquartett.

Das Leipziger Streichquartett ist diesmal "Artists in Residence" bei Guido Heinkes Markgräfler Musikherbst. Der Geiger Tilman Büning beantwortete die Fragen von Johannes Adam.

Ticket: Herr Büning, Sie haben die Stadt Leipzig im Ensemblenamen. Hat die Marke Leipzig auch Auswirkungen auf die Klangästhetik?
Büning: Als wir uns vor fast 30 Jahren entschieden haben, den Namen unserer Stadt im Ensemblenamen zu tragen, war das eine bewusste Entscheidung. Denn in Leipzig liegen unsere Wurzeln: Wir haben dort studiert und begonnen, Quartett zu spielen – das schwingt alles mit. Aber natürlich hat eine "Marke" per se noch nichts mit Klangästhetik zu tun. Die entsteht erst durch das jahrzehntelange Miteinander, die Beschäftigung mit verschiedenen musikalischen Stilen.
Ticket: Sehen Sie Ihr Quartett als Repräsentanten einer dezidiert deutschen Quartett-Tradition?
Büning: Ja, ich denke schon. Allerdings müsste man zuerst fragen: Gibt es denn die deutsche Quartett-Tradition überhaupt? Und wenn ja: Wie sieht sie aus? Aber davon unabhängig denke ich, dass der Art und Weise, wie wir uns als Ensemble der Musik nähern, generell eine gewisse Ernsthaftigkeit und vielleicht auch Demut innewohnt – eine gewisse Gründlichkeit. Ist das deutsch? Außerdem – und da sind wir wieder bei Leipzig: Unsere Art des Musizierens hat sehr mit der langen und besonderen Tradition der Kammermusik und des Streichquartetts in dieser Stadt zu tun – und die mit dem Gewandhausorchester, einem im besten Sinn doch sehr deutsch klingenden Orchester.
Ticket: Wie lässt sich diese Tradition klanglich charakterisieren?
Büning: Der Klang hat mit der sächsischen Streicherschule zu tun, aus der wir alle kommen – unsere Lehrer waren Konzertmeister beziehungsweise Solobratscher und Solocellist des Gewandhausorchesters. Vielleicht ist der Klang etwas dunkler abgetönt, mehrschichtig.
Ticket: Worum geht es bei der Werkauswahl zu den Programmen für den Markgräfler Musikherbst?
Büning: Wir wollten eine möglichst große und vielfarbige Auswahl aus dem unerschöpflichen Fundus der Musik finden, deren Komponisten alle mit Leipzig verbunden sind: Mahler war zwei Jahre an der Leipziger Oper Kapellmeister und komponierte hier seine erste Sinfonie, Reger wirkte als Universitätsmusikdirektor und als Kompositionsprofessor am Konservatorium, Schumann gründete die "Davidsbündler" und schrieb "Neue Bahnen" in der Musik herbei, Schulhoff und Gade studierten am Mendelssohn’schen Konservatorium.
Ticket: Musste sich das Leipziger Streichquartett nach dem Ausscheiden von Primarius Stefan Arzberger neu formieren?
Büning: Ein personeller Wechsel ist für ein fragiles Gebilde wie ein Streichquartett ein einschneidender Moment – aber unser Metier ist zu schön und zu wichtig, um das alles wegzuwerfen. Wir sind froh, dass wir mit Conrad Muck nicht nur einen exzellenten Musiker und Primarius gefunden haben, sondern einen Menschen, dem diese Art des Musizierens eine Herzensangelegenheit ist. Auch er ist mit Streichquartett groß geworden. Seine musikalischen Qualitäten und Prägungen speisen sich aus der langen Beschäftigung mit Kammermusik.
von jad
am Fr, 30. September 2016

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