Theaterpremiere im Gasthaus Sonne in Bleibach

Der Geierwally platzt der Kragen

Im Gasthaus "Sonne" in Bleibach vermischen sich derzeit die reale Welt und die des Theaters: Mitten im Gastraum wird "Die Geierwally" aufgeführt. Auf der Bühne spielen nur die Szenen in den Bergen.

Die Premiere des Theaterstücks "Die Geierwally" im Gasthaus Sonne in Bleibach ist gelungen. Das bezeugte der anhaltende Applaus. Immer wieder mussten die Schauspieler des Freien Theaters Waldkirch zusammen oder in Gruppen nach vorn treten und selbst dann verebbte der Beifall nur langsam.

Die Bühne ist fürs Bergmassiv reserviert

Der Ort der Aufführung wurde von Regisseurin Ulrike Trescher und der Gruppe genau richtig gewählt. Das Stück ereignet sich, um großteils mitten zwischen den Besuchern zu spielen. Die Bühne selbst ist für das Bergmassiv bestimmt, das in der Handlung eine beachtliche Rolle spielt. Vor der Bühne ist der von den Dorfbewohnern gut frequentierte Wirtshaustisch eingerichtet, ein weiterer steht im hinteren Teil des Raums. Dort sitzen der Stromminger (Peter Müller), der Vater der Walpurga (Alexandra Schmitt), genannt Geierwally, und der Gellner-Vinzenz (Joachim Josefowitz), dem der Stromminger seine Tochter versprochen hat. Die Männer spielen unter anderem Karten, aber vor allem treiben sie von dort aus den Hirtenbub (Katarina Petrovic) an, loszurennen, um der Geierwally Dampf unter den Hintern zu machen.

Ausbruch aus der Spießigkeit

Damit ist auch die Grundmisere der ganzen tragischen Handlung schon angerissen. Das spießige, enge soziale Gefüge dieser kleinen Tiroler Dorfgemeinschaft inmitten der Berge ist das, was die Geierwally nicht erträgt. Und vor allem und ganz speziell nicht ihren brutalen, patriarchischen, überheblichen Vater. Der ist selbst schuld, dass sie abhaut und ihren eigenen leidvollen Weg antritt.

Den Vinzenz will sie nicht, aber den Hagenbach-Joseph (David Nolte). Nur der weiß erstmal noch nichts von seinem Glück. Das Stück hat trotz aller Tragik komische Momente, die zum Lachen bringen. Da ist zum Beispiel Herr Strunz (Frank Bolz), ein Bergtourist. Mit dem Fernrohr macht der so manche Bergtour, mit den Füßen wohl nicht. Dafür wird er im Dorf schon gehänselt, insbesondere von dem Trinker (Holger Geppert) und vom Lammwirt (Andreas Glunz) auch. Dessen Frau, die Lammwirtin (Sigrid Ellenberger) ist in der Geschichte eine derjenigen, die eine engere Bindung zu der Geierwally hat. Die auch mal versucht, deren Ansichten zu vertreten. Walpurga, die Geierwally selbst, hängt an Luckard (Lore Huber), Strommingers Magd. Doch auch bei ihr trifft sie nicht auf bedingungsloses Verständnis.

Freie Wahl in der Liebe oder Vorschriften?

Die Rollen sind alle vortrefflich besetzt. Es gehört viel dazu, negative, gewalttätige oder gar irre Charaktere authentisch rüberzubringen. Diesen Schauspielern gelingt es überzeugend. Es gibt Momente, da mag wohl manch ein Zuschauer eingreifen wollen, um die Handlung in positivere Wege zu leiten. Doch der klassische Bergroman von Wilhelmine von Hillern, den sie 1873 schrieb und der die Grundlage des Schauspiels ist, welches von Theresia Walser der heutigen Zeit näher gebracht worden ist, ist eben so nicht angelegt. Er soll benennen und beleuchten, was der Eingriff in persönliche Freiheit und die freie Wahl in Gefühlsdingen bewirkt. Außerdem basiert er auf einer wahren Begebenheit. Und, ganz ehrlich, mag sich seit der Zeit, in der er ursprünglich spielte, auch einiges verändert haben, es existieren nach wie vor immer noch Zwänge, die manch einen Menschen unglücklich machen können. Das Theaterstück gibt viel zu denken auf. Es ist keine leichte Kost und sein Ende bleibt offen. Mit der Feststellung vom Joseph: "Du bist die Geierwally" hört es auf.

Weitere Mitwirkende

In den weiteren Rollen spielen Anna-Christina Kleiser die Afra, die mit Joseph eine Verbindung eingeht, Wernfried Weber den Nikodemus, einen Senn, der ebenso wie sein jüngerer Bruder Leander (Chris Müller), ein Auge auf die Geierwally geworfen hat, und schließlich noch das Mädchen (Natalie Rutkowski), das durch seine Traumwelt geistert. Für das Bühnenbild ist Susanne Burger aus Biederbach zuständig. Der Tanzreigen wurde von Nadine Facker und Patricia Läufer einstudiert. Die musikalische Begleitung des Stücks mit dem Akkordeon gelingt hervorragend Ursula Disch. Für die Technik sind Veronika Gehring und Reiner Kieweg zuständig, für das Layout Hans Georg Brecklinghaus und für die Organisation Margarete Ossola.

Diskussion über neue Spielstätte

Am 26. Oktober berät der Gemeinderat Waldkirch über eine Spiel- und Probenstätte für das Freie Theater Waldkirch. Für dieses Stück ist ein Gasthaus mit Bühne genau das Richtige, andere Stücke mit mehr Requisiten und anderer thematischer Auslegung passen da nicht. Die Laienspielgruppe hofft inständig, bald wieder eine eigene Bleibe zu haben, wo man auch Utensilien beherbergen kann und sie vor allem wieder regulär proben und neue Stücke produzieren können.

Info: Die Geierwally wird am Freitag, 23., und Samstag, 24., um 20 Uhr und am Sonntag, 25. Oktober, um 18 Uhr nochmals aufgeführt. Die Karten kosten 12 Euro. Im Vorverkauf gibt es sie in den Buchhandlungen Augustiniok (Waldkirch) und Merkle (Elzach) sowie Haushaltswaren Fehrenbach (Bleibach). Informationen und Kartenreservierung gibt es unter Tel. 07684/908041, und auf der Homepage http://www.Freies-theater-waldkirch.de
von Karin Heiß
am Do, 22. Oktober 2015 um 14:10 Uhr

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