Vortrag

Der Orientexpress macht Station in Lahr

"Rock east!" will am Samstag im Lahrer Schlachthof ein musikalisches Zeichen für die positiven Seiten der Einwanderung setzen.

LAHR. Was ist nur aus der alten Liebe zum Orient geworden? Das fragt sich auch Matthias Ambs, seines Zeichens Gitarrist der Rockband Superguru. Deshalb hat er jetzt gemeinsam mit dem Team des Lahrer Schlachthofs das Festival "Rock east!" organisiert. Am Samstag stellt es auf der Schlachthofbühne regionalen Bands die Frage: "Wie haltet ihr’s mit dem Orient? Wie viel davon könnt ihr in Euren Rock integrieren?"

Der Orient, unendliche Weiten. Als es noch keine Sience Fiction gab, waren die so andersartigen Morgenlandbewohner sozusagen Aliens, an denen sich die Fantasie der Abendlandbewohner entzündete. Die Bedrohung, die von ihnen ausging, aber auch ihre hochstehende Kultur beunruhigten und faszinierten die Menschen des abendländischen Mittelalters. Die Kreuzzüge eröffneten erstaunliche Perspektiven. Die Eroberung Konstantinopels 1453 durch die Osmanen veränderte buchstäblich die Welt. Die Türkenkriege, in deren Zug neben anderen Kulturgütern der Kaffee nach Europa kam, lösten dort eine regelrechte Turkomania aus. Diese Faszination begründete im 19. Jahrhundert an Universitäten Europas Orientalistik und Islamwissenschaft.

Zweieinhalb Jahrtausende hat Europa mit einer Mischung aus Sorge und Faszination nach Osten geschaut. Seit Ayatollah Khomeinis islamischer Revolution gegen westlichen Einfluss im Nahen und Mittleren Osten ist daraus wachsende Sorge geworden, seit Nine Eleven Panik und seit dem Islamischen Staat Pegida. Einsame Rufer in der Wüste wie der islamophile Jürgen Todenhöfer aus Offenburg, die den geopolitischen Imperialismus der Großmächte in dieser Weltgegend seit jeher anprangern, sind scheinbar alles, was von der alten europäischen Liebe zum Orient übriggeblieben ist.

Damit will Matthias Ambs sich nicht abfinden. Als leidenschaftlicher, aber unorthodoxer Rockmusiker, der schon immer gerne über den Tellerrand des Genres blickte, will er ein musikalisches Zeichen gegen ein Klima der Intoleranz setzen: "Als Pegida das Wort Abendland zum politischen Kampfbegriff gemacht hat, habe ich gemerkt, da läuft etwas falsch", sagt der 53-Jährige im Gespräch. Das Positive am Thema Einwanderung kommt ihm derzeit viel zu kurz. Sein Ansatz war ein Aufruf in die regionale Rockszene, sich doch einmal mit Musik aus dem Orient auseinanderzusetzen. "Denn gerade in der Szene habe ich festgestellt, dass der Rock in der Sparte feststeckt", so Ambs. Mit dem Kölner Gitarristen Alex Wiska (1950 bis 2011) und seiner Band Alex Oriental Experience hatte Matthias Ambs ein Vorbild, das ihn seit seinen frühen Zwanzigern stark beeinflusst hat. Er selbst greift mittlerweile in der Nachfolge Wiskas gerne zum türkischen Saiteninstrument Saz und steuert diese exotische Klangfarbe zum Superguru-Sound bei.

Was den 53-Jährigen Emmendinger angenehm überrascht hat: Zahlreiche Bands haben sich interessiert gezeigt, und insgesamt sieben werden am Samstag im Lahrer Schlachthof auftreten. Jeweils maximal eine halbe Stunde. Darunter der in Offenburg unterrichtende Baglama-Virtuose Murat Bay mit Band, aber auch Marc Vetters Babysnakes, Attila Gökdemir, Singer-Songwriter aus Emmendingen, mit Band, die Spaßrocker EDS, die aufstrebende Power-Combo Dust in my Hand und mit einem Kurzbeitrag die Independent-Gruppe Bail.
Der Erlös des Konzertes geht an die Lahrer Flüchtlingshilfe. Das Konzert beginnt am Samstag, 9. Mai, um 20 Uhr im Schlachthof, Dreyspringstraße 16, Lahr.
von Ralf Burgmaier
am Fr, 08. Mai 2015

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