Gab es grüne Nazis? Liegt auf Demeter ein brauner Schatten? Einzelne prominente NS-Größen wie der Blut-und-Boden-Ideologe Walther Darré, Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß und Reichsführer-SS Heinrich Himmler waren von den Vorteilen der biologisch-dynamischen Landwirtschaft überzeugt. Himmler ließ sogar Anbauversuche neben Konzentrationslagern durchführen, mit Häftlingen als Arbeitern. Führende Funktionäre des damaligen Demeter-Verbands, allen voran Erhard Bartsch, setzten ihrerseits auf Kooperation mit den neuen Machthabern - mehr als in anderen von Anthroposophie inspirierten Praxisfeldern. Warum? Wie eng waren die Verbindungen? Und waren reine Pragmatiker am Werk oder gab es ideologische Nähe? Die Ansätze zur Kollaboration auf Verbandsebene scheiterten. Nach dem Englandflug von Heß 1941 wurde Bartsch verhaftet. Der biodynamische Landbau wurde offiziell verboten, wie andere ökologische Landbaukonzepte auch - nicht zuletzt, weil sie im Gegensatz zu den Geschäftsinteressen der mächtigen IG Farben standen. Aus Salpeter wurde eben nicht nur Sprengstoff für Waffen, sondern auch Kalidünger hergestellt. Im Machtbereich der SS gingen biodymamische Anbauprojekte trotzdem weiter, zum Beispiel in der Ukraine. Seit den 1980er Jahren wird das Thema in der Forschung kontrovers diskutiert und nicht selten werden Vorwürfe gegenüber der heutigen Demeter-Bewegung daraus abgeleitet. Meggi Pieschel, Jens Ebert und Susanne zur Nieden haben nun eine umfassende historische Aufarbeitung vorgelegt. Ideologische Überschneidungen und die verschiedenen Formen der Zusammenarbeit bis hin zur Kollaboration untersuchen sie genauso wie gravierende weltanschauliche Differenzen zwischen der biodynamischen und der nationalsozialistischen Bewegung sowie die vielfältigen Formen von Eigensinn und Widerstehen der Anhänger und Funktionäre. Die häufige Annahme, dass es esoterische oder anthroposophische Verbindungen zwischen beiden Seiten gegeben habe, hat sich dabei nicht bestätigt. Das Autorenteam stellt neue, quellengestützte Erkenntnisse vor, die zur Versachlichung der polarisierten und emotionalisierten Debatte beitragen. Die Vortragenden DIPL. ING. MEGGI PIESCHEL hat Landschaftsplanung studiert und war wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Berlin und der TH Ostwestfalen-Lippe. Seit 2004 ist sie im Rahmen ihrer Arbeitsschwerpunkte Landschafts- und Agrargeschichte sowie antimodernistische Alternativbewegungen im 20. Jahrhundert freischaffend tätig. DR. JENS EBERT, Publizist und Buchautor, 2018/19 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Gedenkstätte Ravensbrück. Veröffentlichungen u.a.: Die Versuchsanstalt. Landwirtschaftliche Forschung und Praxis der SS in Konzentrationslagern und eroberten Gebieten, Berlin 2021 (Co-Autor).
Quelle: Veranstalter
Veröffentlicht am Do, 26. Juni 2025 um 09:24 Uhr