Fahren mit Umberto

Aus schwer mach leicht: Eine E-Bike-Verwöhntour durch den Schwarzwald – die Gisiboden-Runde.

Zwischenbilanz auf 1343 Metern über dem Meeresspiegel: "Meist reicht Umberto", sagt mein belesener Begleiter und meint damit den Eco-Gang des Pedelecs, den er kurzerhand mit dem Vornamen des weltberühmten Schriftstellers und "Der Name der Rose"-Autors, Umberto Eco, bedenkt.

Dabei erinnert weder die sonnenbeschienene Schwarzwälder Szenerie noch unser neumodischer fahrbarer Untersatz an das düstere Mittelalter, in dem besagter Roman spielt. Vielmehr wollen wir uns heute einen modernen, profanen Freizeitspaß gönnen und haben uns eine so gar nicht klösterlich-entsagungsreiche Tour durch die Schwarzwälder Berge vorgenommen. Denn während wir ansonsten die Gipfel ohne Elektroantrieb unter viel Schweiß und schwerer Kurbelarbeit erfahren, steht heute der Test an, was ein Pedelec so alles kann. Zeigen soll sich das während der Gisiboden-Runde, die mit 900 Höhenmetern auf 36 Kilometern als schwere Tour gilt.

Unser Startpunkt ist Bernau, wo es eine Leihstation samt Kartenmaterial gibt – und einen schönen mit prima Aussichten und Himmelsliegen gespickten Panoramaweg. Allzu verführerisch stehen sie am Wegrand, aber gleich pausieren, ohne auch nur einen Schweißtropfen vergossen zu haben? Egal. Mit dem Blößling vor der Nase und dem weiten Bernauer Hochtal zu Füßen fühlen wir uns tatsächlich kaiserlich am Kaiserberg.

Ob es wohl in Menzenschwand genauso schön ist? Das zeigt sich eine ruppige Abfahrt später – bei der zumindest ich dann wirklich ins Schwitzen komme, während mein Begleiter galant die Weidezäune öffnet: Mit schmucken Schwarzwaldhäusern, eingebettet in die steilen Feldbergausläufer, sieht das Dorf aus, wie ein wahr gewordener Schwarzwaldtraum aus dem Reiseprospekt.

Die Route führt weiter zum Äulemer Kreuz und endlich ist er richtig gefordert, der Elektroantrieb. Wir testen uns durch die Gänge, von "Eco" – pardon, "Umberto" – zu "Tour" bis "Sport"; der Antrieb surrt wie ein hyperventilierender Kater und unterstützt kräftig. Bei "Power" fliegt das Rad förmlich den Berg hinauf – schnell zurückschalten, das ist ja unheimlich. Fast mit schlechtem Gewissen bleibt’s bei der untersten Stufe, denn dabei fließt zumindest Schweiß, auch wenn der Puls noch längst nicht am Anschlag ist. Erst als wir den Feldberg und kurz darauf als kleinen Abstecher das Herzogenhorn in Angriff nehmen, erlauben wir uns daumenklickweise weitere E-Unterstützung.

Oben haben wir zwar keine Alpen, aber Feldberg und Co. im Blick. Während sich dort wahrscheinlich Touristenströme zum Gipfeltreffen versammeln, ist es auf dem Herzogenhorn angenehm ruhig. Ein paar Wanderer, eine Familie und ein weiterer Mountainbiker (Aha, einer der wenigen "ohne") teilen sich mit uns die Gipfelruhe und den weiten Blick.

Der Rückweg führt über das Bernauer Kreuz ein Stück den Prägbach entlang, immer steiler geht’s bergab. Müssen wir da wirklich runter? Einen Blick in die Karte später wählen wir irgendeine Querverbindung, sind raus aus dem Wald und schon fast wieder in Bernau. Aber wollen wir das? Eine halbe Stunde bleibt noch bis zur Fahrradrückgabe – also ist noch Zeit für den ultimativen Kick, beschließen wir: 2,5 Kilometer und 300 Höhenmeter bis zur Krunkelbachhütte zeigt das Schild. Wir legen den Turbo ein, treten und zischen den Bergrücken entlang. Der Motor surrt seinen hohen Ton, die Höhenmeter schmelzen wie ein Eisbecher in der Sonne und die Tannen fliegen vorbei wie im Daumenkino. Nach sieben Minuten ist das Ziel erreicht und eine Abfahrt später gehen die Pedelecs zurück in ihren Rennstall.

Wir lassen bei einem Radler die Tour Revue passieren: Hat Spaß gemacht, das Pedelec, das Kilometer schrumpfen lässt, viel Schwarzwald für wenig Anstrengung bietet. Und bestimmt war es nicht die letzte Verwöhntour. Aber unsere Lieblingsräder ganz ohne Umberto sind uns trotzdem die liebsten – der guten, altmodischen und langsamen Entschleunigung wegen.

Verschiedene E-Bike-Touren unter http://www.ebike-schwarzwald.de E-Bike-Verleih: z. B. Sportgeschäft Thoma, Bernau, 30 Euro halber Tag, 45 Euro ganztags,
Kontakt: Tel. 07675/405, http://www.sport-thoma.de
von anfe
am Mo, 25. September 2017

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