Steinzeitmenschen und Römer

Fühlen und staunen: Archäologisches Museum Freiburg

Das Archäologische Museum Freiburg macht Geschichte auch für Kinder greifbar.

Ein glatt geschliffener Stab mit einem walnussgroßen Loch darin. Der Kinderdaumen rutscht mühelos hinein und auch die Finger eines Erwachsenen würden da gut reinpassen. So hat man das Werkzeug sicher in der Hand und könnte damit kraftvoll auf etwas einhauen. Aber worauf und zu welchem Zweck? Den Boden umgraben? Ein Loch bohren? Oder ein Tier zerlegen? Tatsächlich wissen die Archäologen noch nicht, wozu die steinzeitlichen Lochstäbe dienten. Junge und ältere Besucher des Archäologischen Museums in Freiburg haben dadurch umso mehr Vergnügen am Spekulieren.

Dass der Stab kunstvoll mit eingravierten Rentieren verziert ist, zeigt auch, dass er für seine Besitzerin oder seinen Besitzer einen hohen Wert hatte – und dass dieser oder diese große Kunstfertigkeit besaß. Aus dem Geweih der erlegten Rentiere stellten unsere Vorfahren in der Steinzeit nämlich so einiges her: Harpunen mit spitzen Widerhaken für den Fischfang oder verzierte Anhänger. Die Steinzeitmenschen lebten noch ressourcenschonend: Aus den Knochen wurde Werkzeug und Schmuck gefertigt, aus dem Fell warme Kleidung, das Fleisch diente der Nahrung. "Die hatten gar keinen Müll", stellt Marie, acht Jahre alt, bewundernd fest.

Und wir staunen gleich noch mehr. In einer Vitrine lagert das Skelett eines Mannes, der vor 4000 bis 5000 Jahren lebte. An seinen Knochen und Zähnen können die Wissenschaftler noch heute enorm viel ablesen: Er war muskulös, arbeitete vor allem mit der rechten Hand – und er muss wegen einer chronischen Nasennebenhöhlenentzündung und eitrigen Weisheitszähnen ständig Kopf- und Zahnschmerzen gehabt haben. Und: Zähneputzen stand wohl nicht täglich auf dem Programm. "Seine Zähne sehen echt schlimm aus", diagnostiziert Marie.

Dank einer Multimedia-Station können Besucher unter anderem beobachten, wie vor mehr als 10 000 Jahren Knochenmaterial mit Steinen bearbeitet wurde. Und auch diese Werkzeuge aus Feuerstein waren extrem effektiv. So scharf wie die Messer einst waren, können sie an der Fühlstation des Museums gar nicht ausgestellt werden, sagt Beate Grimmer-Dehn, eine der beiden Leiterinnen des Museums: "Es haben sich einfach zu viele daran geschnitten."

Schauen, fühlen, ausprobieren: Das Archäologische Museum hat in den vergangenen Jahren viel verändert. Wenige Stücke stehen für eine ganze Zeit, zeigen exemplarisch das Leben der Menschen von der Steinzeit bis zum Mittelalter. Beeindruckend für junge Besucher: Das sind tatsächlich alles Exponate, die rund um Freiburg gefunden wurden. Und die vielen Hands-On-Stationen tun ihr Übriges, um Kinder zu begeistern: Hier können sie einen römischen Wasserhahn bedienen oder ein Spiel aus der Römerzeit spielen.

Noch eine Sache ist besonders eindrücklich: Wir können nämlich nicht nur ein römisches Lager im Miniaturmodell begutachten, sondern selbst in Kettenhemd und Tunika schlüpfen, den Helm aufsetzen und das Schutzschild halten. Uff, ist das schwer! Bewegen können wir uns damit nicht mehr. Ein Glück, dass wir alles schnell wieder ablegen dürfen und zu den Annehmlichkeiten unseres Lebens im 21. Jahrhundert zurückkehren können.

Weitere Infos: Archäologisches Museum im Colombischlössle, Rotteckring 5, Freiburg,
Di bis So 10–17 Uhr, 5 bis 7 Euro,
http://mehr.bz/4uut6
von Silke Kohlmann
am Fr, 17. Mai 2019

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