Fasnet

In Radolfzell werden vor dem Start der Fasnet die besten Klepperer gesucht

Kleppern will gelernt sein: Die hölzernen Schlagbrettchen wollen gut bekleppert werden, auf dass es klingt, wie's soll. Am Schmutzige Dunschtig werden dann Klepperkönig und -königin benannt - der Auftakt zur Radolfzeller Fasnet.

Seit Wochen proben in Radolfzell am Bodensee die Schulkinder den richtigen Klang der Klepperle. Wer die hölzernen Schlagbrettchen gut beherrscht, macht am sogenannten Hemdglonkermittwoch beim Preiskleppern mit, um Prinz oder Prinzessin oder gar Klepperlekönig oder -königin zu werden. In diesem Jahr ist es am 11. Februar so weit, am Mittwoch vor dem Schmutzige Dunschtig. Dann beginnt die Radolfzeller Fasnet.

Beim großen Hemdglonkerumzug in der Stadt sind die Zuschauer ganz in Weiß gekleidet: im langen Nachthemd, frisch gewaschen und gebügelt, dazu am besten eine Nachtmütze auf dem Kopf und als Farbtupfer das rote Zeller Tüchle. In den Kneipen und in der Weinstube Baum, einem der Fastnachttreffpunkte, riecht es wie in der Wäscherei.

"Heit goht d’Fasnet aa, morge kunnt de Lumpemaa", skandieren die Menschen am Hemdglonkerabend und klappern mit den Brettchen. Andere Sprüche – meist nicht jugendfrei – werden erst an den nächsten Tagen gerissen. Viele beziehen sich auf Händler der Innenstadt und sind allgemein bekannt, andere sind Kleinode der Dichtkunst, die nur in besonderen Momenten zum Besten gegeben werden.

Beim Kurs im Turnerheim auf der Mettnau, der üblicherweise im Januar beginnt, lernen auch Zugereiste die typischen Radolfzeller Soacherversle und das Kleppern. Gustel Dieterle, ein Original der Zeller Fasnet, hat auch in dieser Saison wieder Klepperle gesägt und geschliffen. Wer rechtzeitig kommt, kann ein Paar vom Meister persönlich erstehen.

Zum Höhepunkt des letzten Kursabends, eine Woche vor dem Schmutzigen Dunschtig, rücken die Rebbergmusikanten an. Sie spielen Musik in kräftigen Blechtönen, die nochmals einheizt: Die Fasnacht kann kommen.

Der Schmutzige Dunschtig ist der höchste Feiertag der schwäbisch-allemanischen Fastnacht: Früh am Morgen werden die Schüler von den Narren befreit, dann ziehen sie zur Machtübernahme vor das Rathaus. Im vergangenen Jahr verkleideten sich sämtliche Mitarbeiter der Verwaltung als Leichtmatrosen. Ab Mittag ist das Rathaus verriegelt, und der Marktplatz gibt eine hübsche Kulisse ab, wenn die Holzhauer mit dem Narrenbaum anrücken.

"Jetzt stoht der

Narrebom"

Schon am Vortag wird die Tanne geschlagen, die Holzhauer ziehen mit frischem Grün am Hut durch die Gassen und verkaufen ihre handgesägten Umzugsplaketten. Auf dem Marktplatz drücken sie den Baum in die Höhe. "Hau ruck, hau ruck", rufen sie. Sobald der Baum in der Vertikalen angekommen und gesichert ist, wird laut verkündet: "Jetzt stoht der Narrebom."

Dann werden die Absperrungen weggeräumt, damit die Kinder wieder toben können: Die Fastnachtsferien haben schon am Morgen begonnen.

Die Holzhauer sind eine rein männliche Gilde. Beim Holzhauerball sind die Herren aber in Perücken und Frauenkleidern zu sehen. Die Holzhauer sind nur eine der sechs Abteilungen der Narrizella Ratoldi von 1841, der größten und ältesten Narrenzunft der Stadt.

Rund 1400 Mitglieder zählt allein diese Zunft – und das bei einer Einwohnerzahl von 30 000 Menschen. In der Altstadt quaken aber auch die "Froschen". Es gibt die "Altstadthexen" und die Zünfte der Stadteile, etwa die Markelfinger Seifensieder oder die Stahringer Schoofwäscher.

Die Fastnacht ist in der Region tief verwurzelt, erste schriftliche Quellen zur Radolfzeller Fastnacht datieren aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Ihre Fasnet wollten sich die badischen Radolfzeller übrigens niemals verbieten lassen, auch nicht während der Besetzung durch preußisches Militär im Jahr 1848. Da bat der Rebbauer Xaver Deschle den Kommandanten, doch wenigstens kostümiert zum Kreuzstock, also zum Fenster, hinausschauen zu dürfen. Die Bitte wurde dem Rebbauer gewährt. Flugs bastelte er sich einen Fensterrahmen, hing sich diesen um den Hals und sprang so durch die Stadt, gefolgt von einer fröhlichen Kinderschar. Ein Brunnen in der Poststraße zeigt den schlauen Deschle auch heute noch – und nicht ausschließlich nur zur Fasnachtszeit.
von Doris Burger (dpa)
am Fr, 23. Januar 2015

Badens beste Erlebnisse