Kino-Interview

Isabelle Huppert über die Dreharbeiten in der Wüste zu „Valley of Love“

TICKET-INTERVIEW: Isabelle Huppert über die Dreharbeiten in der Wüste zu "Valley of Love".

Sie gehört zu den großen Schauspielerinnen des französischen Kinos und schrieb sich mit "Die Spitzenklöpplerin", "Die Klavierspielerin" und "8 Frauen" in die Annalen der Filmgeschichte. Isabelle Huppert (61) versteht sich auf zerbrechliche Frauenfiguren, die zugleich willensstark sind. So auch in ihrem neuen Film "Valley of Love" an der Seite von Gérard Depardieu, mit dem sie erstmals 1974 für "Die Ausgebufften" vor der Kamera stand. Markus Tschiedert traf Huppert zum Interview.

Ticket: Isabelle und Gérard – so heißen Sie beide auch im Film. Wie reagierten Sie, als Sie das vom Regisseur erfuhren?
Isabelle Huppert: Ich weiß gar nicht, ob er damit gleich rausgerückt ist. Als erstes sagte er: "Lass uns für drei oder vier Wochen in die Wüste fahren und einen Film drehen." Ich hieß auch schon in anderen Filmen Isabelle, aktuell in "Louder Than Bombs" (seit 7. Januar im deutschen Kino, Anm. d. Red.). Insofern ist das nichts Neues für mich.
Ticket: Und wie war es, mehrere Wochen in der Wüste zu drehen?
Huppert: Die Idee, dass zwei Leute einige Zeit in der Wüste auf sich selbst gestellt sind, hat mich sofort angesprungen. Ich selbst war schon mal in Death Valley, aber nur für einige Tage, weil man es sich in der Wüste gar nicht länger vorstellen kann. Wobei drei Wochen recht wenig sind, um einen Film zu drehen.
Ticket: Wie sind Sie mit der Hitze klargekommen?
Huppert: Darunter haben Gérard und ich besonders gelitten. Ich finde es aber auch interessant, wenn man mit neuen Situationen klarkommen muss. Wir mussten tagsüber wie auch nachts gegen die Hitze ankämpfen. Das war schon anders, als unter normalen Bedingungen zu arbeiten.
Ticket: Empfanden Sie diese drei Wochen dennoch wie Ferien?
Huppert: Filmemachen ist für mich immer wie Urlaub (lacht). Der Dreh war aufregend, die Landschaft außergewöhnlich und ja, die Hitze eine spezielle Erfahrung. Es waren extreme Bedingungen, so etwas kann aber auch Unerwartetes hervorbringen.
Ticket: Was für die Schwere des Films, in dem es um Verlust und menschliche Auseinandersetzungen geht, sicher förderlich war...
Huppert: Die Dreharbeiten waren aber weit weniger dramatisch als das Thema des Films. Natürlich trauen die Eltern über den Tod ihres gemeinsamen Sohnes, aber den Tod haben sie bereits akzeptiert, weshalb es letztlich darum geht, wie sie beide wieder eine Bindung zueinander aufbauen können.
Ticket: Depardieu hat 2088 ja seinen eigenen Sohn verloren, der an einer Lungenentzündung starb. Kam dieser Verlust nicht ganz von selbst beim Drehen auf?
Huppert: Jeder am Set wusste von Gérards Schicksalsschlag. Doch wir haben nie darüber gesprochen. Aber ich denke, als Schauspieler darf dir keine Geschichte zu nahe kommen. Sicher gibt es im Film diese Parallele zu seinem Leben. Aber gerade Gérard kennt den Unterschied zwischen Realität und Film.
Ticket: Wie ist es bei Ihnen, wenn Sie Gefühle darstellen müssen? Ist das nur gespielt oder empfinden Sie in einer emotional bewegenden Szene das Gleiche wie Ihre Figur?
Huppert: Das lässt sich schwer sagen. Man muss es so spielen, dass es echt aussieht, sich echt anfühlt. Kino kann schon sehr verstörend auf Menschen wirken, weil sich die Grenze zwischen dem, was real ist und was nicht, manchmal aufhebt.
Ticket: Die Deutschlandpremiere das französischen Films "Valley Of Love" fand nach dem Terror in Paris unter großen Sicherheitsvorkehrungen statt. Wie ist gerade die Stimmung in Ihrem Land?
Huppert: Es hat sich auf jeden Fall etwas verändert, und es wird wohl nie wieder wie vorher sein. Aber mir fehlen die Worte, das genauer zu beschreiben. Und die Kraft. Ich unterscheide jetzt nur noch in vor und nach den Anschlägen.
Ticket: Haben Sie Angst?
Huppert: Das Gefühl ist schlimmer. Jeder kennt Angst und kann lernen, damit umzugehen. Aber wie soll man mit etwas umgehen, was man gar nicht akzeptieren kann?






von tsc
am Fr, 22. Januar 2016

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