Pop

Jochen Distelmeyer im Jazzhaus

TICKET-INTERVIEW mit Jochen Distelmeyer über seine Herangehensweise an Coversongs.

Jochen Distelmeyers aktuelles Album heißt "Songs From The Bottom Vol.1". Auf der Platte interpretiert der Kopf der Hamburger Band Blumfeld Lieder unterschiedlichster Kollegen wie Al Green, Radiohead, The Verve, Britney Spears oder Lana Del Rey, die er nun in Freiburg vorstellt. Steffen Rüth hat mit Distelmeyer gesprochen.

Ticket: Wie intensiv haben Sie sich mit den Originalinterpreten auseinandergesetzt?
Distelmeyer: Kaum. Mir ging es vor allem um die Songs. Ihre Wirkung auf mich. Man muss nicht über alle Hintergründe Bescheid wissen. Wenn ein Song mich anspricht, besser noch: mich umhaut, dann höre ich den sehr oft, mache mir meine Gedanken und spiele ihn auf meine eigene Art. Denn darum geht es ja: um den persönlichen Ansatz. Darum, die Lieder so zu singen, als seien es die eigenen.
Ticket: Was verbindet Sie ausgerechnet mit Britney Spears?
Distelmeyer: Nicht viel. Ich hatte eigentlich keinen Bezug zu ihren frühen Sachen. Ihr Gesamtwerk finde ich nicht wirklich inspirierend, auch wenn man ihre Geschichte als gefallener Kinderstar tragisch nennen kann.
Ticket: Warum interpretieren Sie dann ihr Lied "Toxic"?
Distelmeyer: "Toxic" ist einfach ein geiler Song. Neben "Womanizer" und "Circus" ihr bester. "Toxic" ist für mich eigentlich ein Bluessong, den ich auch so interpretiere. Ich mochte diese sirenenhafte Anrufung, der man sich nicht entziehen kann, und habe mit meiner Version darauf geantwortet.
Ticket: Andere Stücke sind näher am Original, "Video Games" von Lana Del Rey zum Beispiel.
Distelmeyer: Ein wirklich großes Stück Popmusik, perfekt gemacht, auch wenn es schon ziemlich reißbrettmäßig daherkommt. Lana Del Rey tauchte zum richtigen Zeitpunkt auf, um nach dem Tod von Amy Winehouse die vakante Stelle der verruchten Soulsängerin auszufüllen. Der Song steht für mich in einer Tradition von Girlgroups wie den Ronettes oder Shangrilas. Der Gesang erinnerte mich an Stevie Nicks und Belinda Carlisle.
Ticket: Ist es ein Unterschied, ob man ein Lied von einer Frau oder von einem Mann covert?
Distelmeyer: Für mich nicht. Ich singe die Sachen immer als der Typ, der ich bin, und kann mich mit allen Songs identifizieren. Ich muss dazu nicht in eine weibliche Perspektive schlüpfen. Klar, ich bin ein männlicher Sänger, aber das, worum es in den Songs geht, ist geschlechterübergreifend. Es ist ja sowieso spannend, wie in "Video Games" mit der Verunsicherung zwischen Männlichkeit und Weiblichkeit gespielt wird. Der Song scheint eine Antwort anzubieten, nämlich einen Rückgriff auf das Rollenverständnis der 50er Jahre, und das mit so einem Augenzwinkern. Was schwingt da mit, wenn ich das als Kerl singe? Diese Frage hat mich gereizt.

Termin: Freiburg, Jazzhaus, Di, 13. Sept.,
20 Uhr. Tickets gibt es im Internet unter bz-ticket.de/karten sowie in den BZ-Geschäftsstellen und telefonisch unter 0761 - 496 88 88.
von rüth
am Fr, 09. September 2016

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