Chronik
Musikverein Hausen feiert 150-jähriges Bestehen
BAD KROZINGEN-HAUSEN. 2016 ist für den Musikverein Hausen ein besonderes Jahr. Der Traditionsverein feiert sein 150-jähriges Bestehen – und zwar ausgiebig. "Jubiläum, einmal anders" – unter dieses Motto stellt das Blasorchester gleich eine ganze Reihe von Jubiläumsveranstaltungen. Höhepunkt ist das Doppelkonzert mit den Konzertakrobaten Gogol & Mäx am morgigen Samstag, 7. Mai. Für die Badische Zeitung hat die Zweite Vorsitzende des Musikvereins, BZ-Mitarbeiterin Martina Faller, gemeinsam mit dem Ersten Vorsitzenden Rainer Gehri in der Vereinschronik geblättert.
Die Anfänge
Den Auftakt zum Jubiläumsjahr machte ein Gottesdienst am 2. April, dem eigentlichen Geburtstag des Musikvereins. Das genaue Datum ist bekannt, weil der Verein bis heute im Besitz der Gründungsurkunde von 1866 ist. Elf Männer saßen am 2. April 1866 mit Bürgermeister Heinrich Riesterer zusammen, um "für den Zweck des Erlernens von Blechmusik und Gesang und der weiteren Ausbildung darin" den "Musikcorps zu Hausen" zu gründen und die Statuten festzulegen.
Auch wenn der neugegründete Verein den "Corps" im Namen trägt, ist ein militärischer Hintergrund nicht eindeutig nachzuweisen. So lässt sich, wie in der Festschrift zum 125. Jubiläum nachzulesen ist, weder eine Verbindung mit einem örtlichen Militärverein belegen, noch verfügte der Musikverein Hausen über eine einheitliche Uniform und schon gar nicht über die obligatorische Fahne. Beides gab die Vereinskasse in den Anfängen wohl nicht her. Musste das Geld doch ohnehin schon, wie es in der Urkunde heißt, nicht nur für "Lokal, Licht, Papier und dergleichen Bedürfnis" reichen, sondern auch für den Kauf und die Reparatur der Instrumente. Möglich war dies nur durch einen monatlichen Beitrag der Aktiven und der Ehrenmitglieder, von sechs und zwölf Kreuzer.
Hart traf es Musiker, die "sich ohne triftige Gründe die Versäumnisse des Unterrichts zuschulden kommen" ließen. Sie mussten zur Strafe den vierfachen Monatsbeitrag, immerhin 24 Kreuzer, berappen. Ohnehin herrschte in den Anfängen ein strenges Regiment im Musikcorps. Das "Commando" hatte der Präsident, dem die Mitglieder Gehorsam zu leisten hatten. Der heutige Vorsitzende Rainer Gehri muss schmunzeln, wenn er die entsprechenden Passagen der Statuten zitiert. "Das käme bei den Musikern heute nicht mehr gut an", weiß er.
Vieles hat sich in den vergangenen 150 Jahren verändert. Aber einiges ist auch gleich geblieben. So führt ein Beleg die Anlässe auf, zu denen das Musikcorps 1880 musizierte: Kaisertag, der Geburtstag des Großherzogs und Patrozinium. Auch heute fehlt der Musikverein bei keinem großen kirchlichen oder politischen Anlass im Dorf. Und auch Jubiläen wurden im Musikverein immer gerne gefeiert. Beim 25-jährigen Stiftungsfest 1891 ist die wohl älteste Aufnahme der Kapelle entstanden. Das Foto zeigt 13 Männer, alle mit der gleichen grünen Schirmmütze, die sich mit ihren Instrumenten stolz um eine große Trommel herumgruppieren.
Fahnen und Festdamen
Lange verharrte die Zahl der Musiker bei unter 20. Und lange mussten sie warten, bis sie eine einheitliche Vereinskleidung bekamen. Eine Vereinsfahne gab es allerdings bereits zum 60. Jubiläum. Den Großteil der Kosten (720 Reichsmark) spendeten die Festdamen. Galt es doch als besondere Ehre, Fest- oder gar Fahnenjungfer zu sein. Dafür spendete man gerne. Die Freude über die neue Vereinsfahne währte indes nicht lange: In den Wirren der letzten Kriegstage wurde sie aus einem Schrank im Rathaus entwendet und blieb verschwunden. Sobald es die Nachkriegsverhältnisse erlaubten, begannen die Musiker in Hausen jeden Pfennig für eine neue Fahne zusammenzutragen. Viele Landwirte bedachten den Musikverein beim Abliefern der Ernte und spendeten einen oder mehrere Sester Korn für die Fahne. Anlässlich des 90. Stiftungsfestes war es dann soweit: Die neue Fahne konnte bei einem großen Jubiläumsfest geweiht werden. Um die 10 000 Festbesucher zählte die Polizei damals. Ob diese Zahl bei den folgenden Jubiläen noch einmal erreicht wurde, darf eher bezweifelt werden. Anlass zum Feiern gaben sie aber trotzdem. Grund zur Freude gab auch die musikalische Entwicklung. Dank einer gezielten Jugendausbildung und der Öffnung des Vereins für Mädchen konnte nicht nur die Zahl der Musiker auf 32 Aktive im Jahr 1971, sondern auch die musikalische Qualität gesteigert werden. Im selben Jahr wurde mit Hilfe von Spenden und öffentlichen Zuschüssen die erste Uniform angeschafft: mit grauem Rock oder grauer Hose und blauem Jackett trat der Musikverein künftig in der Öffentlichkeit auf.
Besondere Momente
Seither hat sich nicht nur das Erscheinungsbild des Musikvereins mehr als einmal geändert: Dirigenten kamen und gingen, neue Traditionen wurden begründet und alte aufrechterhalten. Hohe Kontinuität gibt es in der Vereinsführung. In den vergangenen 50 Jahren hatte der Musikverein mit Alfred Faller, Achim Denner und Rainer Gehri nur drei Vorsitzende. Zu einem Höhepunkt seiner Amtszeit wurde für Rainer Gehri das Jahr 2011: Der Weihnachtsbesuch des deutsch-französischen Ehepaars Uschi und Luc Chupin beim französischen Teil der Familie in La Tessoualle wurde für den Musikverein Hausen zum Glücksfall. Bei einem Flohmarktbesuch stach der Familie eine Vereinsfahne ins Auge, die sich schnell als die alte, seit 66 Jahren verschollene Vereinsfahne erwies. Über das Internet wurde der frühere Besitzer ausfindig gemacht und der Kauf der Fahne organisiert. Bei einem Jahreskonzert übergaben Uschi und Luc Chupin die Fahne feierlich an den Verein und sorgten damit insbesondere bei den älteren Musikern für große Emotionen. "Das war wirklich ein besonderer Moment", erinnert sich Gehri. Seither tragen die Fahnenträger mit Stolz zwei Fahnen voran, wenn der Musikverein an Fronleichnam, beim Patrozinium oder am Weißen Sonntag durchs Dorf zieht.
Auch an das letzte große Jubiläum 1986 kann sich Gehri noch gut erinnern. Das 125-jährige Bestehen feierte der Verein mit einem Festbankett und einem viertägigen Festbetrieb im Festzelt mit Gottesdienst, Umzug, Kinderfest, buntem Abend und Tanz. "Das war eine richtig große Sache und das ganze Dorf mit auf den Beinen", erinnert sich Gehri. Und er weiß auch noch gut, was er damals als 25-Jähriger zu einem seiner Musikkameraden gesagt hat: "Beim 125-Jährigen sind wir schon mit dabei, beim 150-Jährigen stehen wir in der Verantwortung und beim 175-Jährigen sitzen wir in der Chaise." Eine Kutsche (Alemannisch: Chaise) für die Ehrenmitglieder wird es dieses Jahr tatsächlich wieder geben und folgerichtig auch einen Festumzug, aber unter geänderten Vorzeichen.
Das Jubiläumsprogramm
Weil der Löschzug der Freiwilligen Feuerwehr Hausen sein 60-jähriges Bestehen feiert, wurde beschlossen, gemeinsame Sache zu machen. Beim traditionellen Feuerwehrhock im September werden beide zusammen einen Festumzug aus Musikkapellen und Feuerwehren veranstalten.
In eigener Regie wird der Musikverein am 24. Juli im Gasthof Adler, wo in den Anfängen die ersten Musikproben stattfanden, einen historischen Frühschoppen abhalten. Jörg Martin wird einen Vortrag über die Vereinsgeschichte halten, und auch die Musik wird nicht zu kurz kommen. Das Herbstkonzert am 29. Oktober in der Möhlinhalle steht ebenfalls im Zeichen des Jubiläums: Unter dem Titel "450 Jahre Blasmusik – Ein Konzert" werden mit dem Musikverein Wettelbrunn, der Feuerwehr- und Winzerkapelle Ehrenstetten und den gastgebenden Hausenern drei Vereine spielen, die alle ihr 150. Jubiläum feiern.
Höhepunkt der Hausener Jubiläumsfeier ist das Doppelkonzert mit den Konzertakrobaten Gogol & Mäx aus Staufen am Samstag. "Beim Musikverein Hausen steht der Spaß an der Musik an erster Stelle", betont Gehri. "Das wollen wir in unserem Jubiläumskonzert rüberbringen". Mit den beiden Musikclowns Gogol & Mäx hat der Musikverein dafür gute Partner gefunden. In der zweiten Konzerthälfte will das Künstlerduo unter dem Titel "Humor in Concert" seine gekonnte Mischung aus virtuoser Musik, kurzweiliger Komik und atemberaubender Akrobatik auf die Bühne bringen. Zuvor aber wollen die Aktiven des Musikvereins unter Leitung ihrer jungen Dirigentin Fenja Kling mit einem abwechslungsreichen Programm zeigen, dass Blasmusik auch nach 150 Jahren noch lange nicht in die Jahre gekommen, sondern mehr denn je mit einem breiten Repertoire und einer reichen Palette an Klangfarben und Rhythmen zu unterhalten weiß.
Das Jubiläumskonzert beginnt morgen, Samstag, um 20 Uhr in der Möhlinhalle in Hausen. Einlass ab 18.30 Uhr. Karten im Vorverkauf bei Freund’s Lädele in Hausen, Falkensteiner Straße 31, oder beim Musikverein, E-Mail: vorstand@mv-hausen-adm.de
von mfa
am
Fr, 06. Mai 2016