Fotografie

Trachten-Girlies von Scherzinger und Wehrle in Offenburg

Marx Galleries in Offenburg zeigen die Fotoarbeiten von Sebastian Wehrle und Jochen Scherzinger sowie die weiterer Künstler.

OFFENBURG. Jede Fotografie ist ein Memento mori, ein Gemahnen an den Tod. Denn sie hält einen Augenblick fest, der schon in der nächsten Millisekunde unwiederbringlich der Vergangenheit angehört. Die Zeit ist über ihn hinweggegangen. Entsprechend kann man auch den morbiden Charme deuten, den die Fotografen Sebastian Wehrle und Jochen Scherzinger ihrer erfolgreichen Porträtserie "Fabulous Black Forest" verliehen haben. Sie nehmen die Schwärze in Schwarzwald wörtlich und erzeugen mit ihren tätowierten und gepiercten Models in Schwarzwaldtrachten durch Licht- und Farbmanipulation eine Atmosphäre gruftiger Dekadenz.

Darin scheinen sie inspiriert von der Camp-Kitsch-Ästhetik des Pariser Fotografen-Duos Pierre et Gilles, deren durchgeknallte Metropolen-Hipness sie allerdings auf Schwarzwald-Schicklichkeit herunterregeln. Ihre "Fabulous Black Forest"-Porträts sind derzeit das Herzstück der Ausstellung "Die Heimat im Herzen" in den Offenburger Marx Galleries.

So ganz wollten aber Ulrich und Simone Marx ihre schicke Galerie in der Offenburger Kittelgasse nicht der hippen Düsternis überlassen, zumal Weihnachten vor der Tür steht. Und so schlagen sie in der weiteren Hängung der Ausstellung mildere Töne an. Sie zeigen vergrößerte historische Schwarz-Weiß-Aufnahmen des bäuerlichen Schwarzwald-Alltags rund um Gütenbach aus den 1950er-Jahren aus der Sammlung von Jochen Scherzingers Vater. Hier erinnert vor allem die Amateuraufnahme des Balzer Herrgotts, jener bekannten Kruzifixfigur, die in einen Buchenstamm eingewachsen ist, an das eingangs genannte Memento mori. Darüber hinaus gibt es einige neue Waldbilder des Offenburger Malers Martin Sander zu sehen (siehe auch Badische Zeitung vom 1. Dezember), eine Bollenhutträgerin des im Sommer 2015 verstorbenen (memento mori) Schutterwälder Malers Max Köhler, erlesene Schwarzwald-Fotografien des Offenburger Leica-Pioniers Alfred Trischtler aus den 1930er-Jahren sowie das World Press Photo von 1963 des in Emmendingen wohnenden Fotografen Peter Thomann.

Sebastian Wehrle zeigt neben der erfolgreichen gemeinsamen Porträtserie weitere Seiten seines fotografischen Schaffens. Von ihm gibt es freie fotografische Reflexionen zum Medium selbst. Da fällt der fotografierte Blick in den Sucher einer Mittelformat-Kamera auf, der dort vom Abendlicht getränkte Fichtenstämme erkennen lässt. Das so entstandene Foto ist ebenfalls ausgestellt – Ausdruck einer selbstreferentiellen Postmoderne.

Anrührend ist der große Abzug einer körnigen Schwarz-Weiß-Aufnahme, die ein fliehendes Reh im Dämmerlicht zeigt, die an die Spontaneität des preisgekrönten Schwarz-Weiß-Fotos von Peter Thomann anknüpft.

Marx Galleries, Kittelgasse 22, Offenburg, öffnet an allen Adventssonntagen 11 bis 15 Uhr, jeden Sonntag gibt es ein neues Trachtenmodel-Porträt zu sehen oder nach Absprache Tel. 0170-2343642.
von Ralf Burgmaier
am Fr, 04. Dezember 2015

Badens beste Erlebnisse