Wandern

Mit Handy und GPS durch den Pfälzerwald – und was es dabei zu beachten gilt

Auf Wegen und Irrwegen: Der Einsatz von E-Book, App und Internet-Guides beim Wandern will gelernt sein. Ein Selbstversuch im Pfälzerwald.

Die Wanderkarte ist schon arg strapaziert und wird nur noch von Klebestreifen mehr schlecht als recht zusammen gehalten; der Wanderführer ist ziemlich zerfleddert und einige Seiten fehlen schon – höchste Zeit, mit App und Smartphone zu wandern.

E-Book für die Planung, App fürs Wandern

Für einen Wanderurlaub laden wir "Pfälzer Wald und Deutsche Weinstraße" von Jörg-Thomas Titz aus dem Rother Bergverlag als E-Book aufs Tablet für Auswahl und Planung der Strecke sowie noch die App mit den 50 Wanderungen als Guides aufs Smartphone (siehe Kasten).

Die Wahl für den Startpunkt der ersten Wanderung fällt auf den Wanderparkplatz am Fuß der Burgruine Drachenfels bei Busenberg. 141 Kilometer sind es von Freiburg aus, verrät das Smartphone – und bietet gleich einen Punkt zur Kritik. Für das Auto-Navi fehlen die GPS-Daten, auch im E-Book. Immerhin erweist sich die gewählte Tour von Burg Drachenfels zum Rauhberg als Härtetest für ein erstes Handy-Abenteuer: Zehn Richtungstafeln und 30 Ziele hat der Wegweiser, dazu fünf Themenwege mit eigenen Symbolen.

Wir starten die Tour samt Aufzeichnung. Dank GPS sieht man zu jeder Zeit, auch ohne Internetverbindung, wo man sich befindet. Und die Fotos, die der Wanderer dabei schießt, werden exakt dort in der Aufzeichnung platziert, wo sie entstanden sind.

Die Ruine ist gesperrt, das Handy weiß Rat – oder?

Gleich der erste Wegpunkt, die Ruine Drachenfels, ist wegen Sanierungsarbeiten gesperrt und muss umrundet werden. Dabei hilft der Blick aufs Handy wieder auf die rote Rother-Route und lotst uns durch die ständig wechselnden bunten Aufkleber der Themenwege ans Ortsende von Bärenbach. Dort geraten wir erst mal systembedingt in die Irre, beziehungsweise auf der hier beginnenden Runde um den Rauhberg, unser Ziel, im Uhrzeigersinn statt gegen diesen.

Das ist im Pfälzerwald schnell passiert. Das Wegenetz ist an manchen Stellen so eng gestrickt, dass sich die systembedingten GPS-Ungenauigkeiten von Track und eigenem Standort addieren können und man auf dem falschen Weg landet. In dem Fall auf dem Rück- statt auf dem Hinweg. Macht meist nichts, führt aber im weiteren Verlauf dazu, dass wir an der nächsten, etwas komplizierteren Wegespinne munter dem Napoleon-Steig zum gleichnamigen Felsen folgen. Beim nächsten Blick aufs Handy wird’s klar und heißt: einen Kilometer zurück. Und die "Ersatz"-Felsen können sich durchaus sehen lassen: Die imposanten Sandsteintürme, die wir umrunden, haben zwar keine so klangvollen Namen, sind aber nicht weniger himmelragend und stehen unter strengem Naturschutz.

Der Rückweg bringt uns auf bereits bekanntem, überwiegend asphaltiertem Wander- und Radweg zurück zum Wanderparkplatz. Eine ordentliche Blase, drei Kilometer extra und 60 Prozent Akku-Verbrauch, so die Bilanz.

Alles stimmt, aber der Weg endet im Nichts

Für den nächsten Test suchen wir mit dem E-Book die Nr. 46 aus den Guides, das Karlstal bei Trippstadt. Und starten nicht in dort, sondern unten im Tal an der Moosalbe. GPS macht’s möglich, dass wir uns gleich auf der Rother-Route durch die romantische Karlstalschlucht wiederfinden. Doch beim Aufstieg zum Großen Rothenberg ist der Weg vor einem dichten Gebüsch plötzlich zu Ende. Alles stimmt, Karte, Track und Position – nur der Weg nicht. Der Blick auf die bewährte Karten-App "Maps Me" offenbart bald die Quelle des Fehlers: OpenStreetMap, kostenlose Basis für viele Apps. Auch da ist der Weg, der in die Irre führt, dick markiert. Also mit Rother und Maps Me zurück und auf einem parallelen An- und Abstieg zur Fortsetzung des Tracks über Trippstadt zurück an die Moosalbe.
Die Technik

Mehr als 700 Wanderführer hat der Rother Bergverlag im Programm, 129 davon gibt es als E-Books. Die kostenlose Rother-App für Android und iPhone erlaubt es, die Touren aus 215 Wanderführern als Guides auf Smartphone und Tablett zu laden, ergibt insgesamt rund 10 000 Touren.
Die können nach Schwierigkeit, Dauer, Entfernung oder alphabetisch sortiert werden. Außerdem können Autor und Verlag im Zug von Updates die Touren aktualisieren und dabei Fehler beheben, gewissermaßen eine Neuauflage liefern.
Laufen Smartphone und Tablet mit derselben Anmeldung, können E-Books und App-Guides auf beiden Geräten genutzt werden.
Alle Inhalte inklusive Karten sind nach dem Herunterladen offline nutzbar. Bis zu fünf speziell gekennzeichnete Touren aus den Guides können kostenlos herunter geladen und getestet werden. Mit der App lassen sich auch eigene Touren unabhängig von den Guides samt Fotos aufzeichnen, als GPX-Datei per E-Mail teilen oder aus anderen Führern öffnen.
Infos: http://www.rother.de/app

Souverän finden wir nun den Weg durch die Felsenfenster

Eine dritte Wanderung offenbart die Vorzüge der Technik – vorausgesetzt, sie wird mit Verstand angewandt. Der spektakuläre Altschlossfelsen nahe der Grenze zum Elsass ist das Ziel. Helmut-Kohl-Wanderweg steht am Beginn eines gut zwölf Kilometer langen Rundwegs am Spießweiher bei Eppenbrunn, inzwischen durchgängig als "Grenzweg" ausgeschildert. Das Felsenmassiv, das sich aus der Wanderer-Perspektive mit manchem US-Naturwunder vergleichen lässt, ist auch ohne Navigationshilfe erstmal nicht zu verfehlen.

Spannend wird’s indessen etwa in der Mitte, wo der Weg durch Felsenfenster führt und man durchaus die Orientierung verlieren kann. Guide und GPS verhindern das – und erklären jetzt, wieso wir uns beim letzten Mal so gründlich verlaufen, ja kaum mehr aus den Felsen rausgefunden haben. Und warum die moderne Technik höchst hilfreich und eine Verbesserung gegenüber den klassischen Karten ist – vorausgesetzt, man kennt ihre Grenzen.
Und ihre Überraschungen: Etliche Tage später stimmen unsere Erfahrungen, das E-Book und die Guides nicht mehr überein. Die erste Tour wurde komplett verändert, hier hat sich der Autor bei den Guides für den "Bärenweg" entschieden, mit Kletterpassage und Seil, Schwierigkeitsgrad: schwer. In jedem Fall die bessere Wahl. Der Karten-Fehler auf der zweiten Tour wurde ebenfalls im Zuge eines unbemerkten Updates der Rother App dahingehend korrigiert, dass die Runde jetzt bis zum Johanniskreuz reicht und den Kartenfehler der Open Street Map umgeht. Einen Nachteil hat der kostenlose Service indessen: E-Book und Guide sind nun nicht mehr identisch.

Jörg-Thomas Titz: Pfälzerwald und Deutsche Weinstraße, Rother Wanderführer, 178 Seiten mit 50 Touren, 7. Auflage 2021, Bergverlag Rother, Oberhaching, 14,90 Euro; E-Book 12,99 Euro; Guides 9,99 Euro
von Rolf Müller
am So, 18. Juli 2021 um 07:00 Uhr

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