Kinointerview
Robert Zemeckis über „The Walk“
Robert Zemeckis (63) hat seit 30 Jahren das Kino geprägt: Mit "Zurück in die Zukunft" bewies er sein Interesse an technische Innovationen, mit "Forrest Gump" und "Cast Away" sein Talent als Geschichtenerzähler. "Der Polarexpress" beförderte vor elf Jahren die 3-D-Technik, und jetzt vermittelt in "The Walk" 3-D dem Publikum ein Gefühl für schwindelerregende Höhen. Es ist die wahre Geschichte von Philippe Petit, der 1974 zwischen den Türmen des World Trade Center auf einem Seil spazierte. Mit Robert Zemeckis sprach Markus Tschiedert.
Ticket: Bereits vor zehn Jahren sollen Sie mit der Entwicklung von "The Walk" begonnen haben...
Robert Zemeckis: Mir fiel das acht- bis zehnseitige Kinderbuch "The Man Who Walked Between the Towers" mit schönen Bildern in die Hände. Ich war erstaunt, dass es auf einer wahren Geschichte basierte. 1974 hatte ich davon gar nichts mitbekommen – vielleicht, weil ich so vertieft in mein Filmstudium war, dass ich mich von der Außenwelt quasi abgeschnitten hatte.
Ticket: Das Kinderbuch war also die Initialzündung?
Zemeckis: Ja, ich fand es unglaublich, dass ich nichts davon wusste. Als ich mich weiter damit beschäftigte, fand ich in der Geschichte alle Elemente für einen fesselnden und spektakulären Film. Schließlich traf ich mich mit Philippe Petit zum Dinner, um ihn von meinem Projekt zu überzeugen.
Ticket: Stimmt es, dass Sie den Film letztlich für nur 35 Millionen Dollar realisieren mussten, weil sich in Hollywood kaum jemand dafür interessierte?
Zemeckis: Ja, aber das ist okay! Es hat was, einen Film so sparsam zu drehen, weil sich dadurch auch das Risiko verringert. Es ist nun mal eine Story, wie sie sich heute in Hollywood nur schwer realisieren lässt.
Ticket: Wäre die Geschichte denn für Sie interessant genug, wenn die beiden Türme des World Trade Center noch stehen würden?
Zemeckis: Da sie nun mal zerstört sind, ist aus der Geschichte nun eine Art Fabel geworden. Sie gehört jetzt ins Reich der Mythologie.
Ticket: Der Film wirkt wie eine Liebeserklärung. War es Ihre Absicht, mit Wehmut zurückzublicken?
Zemeckis: Der Film feiert das Erwachen der Zwillingstürme. Ihnen wurde erst durch Philippes poetisch-menschliches Narrenspiel Leben eingehaucht, und er sprach von ihnen auch immer so wie von Lebewesen. "Sie rufen mich" waren seine Worte, als wären sie seine artistischen Helfer, und genauso wollte ich sie auch im Film präsentieren.
Ticket: Wodurch aber auch die Figur des Petit zum Zauberwesen wird und kaum noch etwas mit dem echten Menschen zu tun hat.
Zemeckis: Für mich war es das erste Mal, dass ich einen Film über eine real existierende Person gedreht habe. Ich sehe ihn wie ein Gemälde und nicht wie eine Blaupause der damaligen Ereignisse. Das hat bereits die Dokumentation "Man on Wire" von 2008 erfüllt, in der etliche Zeitzeugen zu Wort kommen.
Ticket: Was kann ein Spielfilm, was eine Doku nicht kann?
Zemeckis: Die Doku kann nicht das Ereignis an sich rekonstruieren, hier den Gang über das Drahtseil auf der Spitze der beiden Türme. Diesen Höhepunkt der Geschichte kann man nur durch die Kunst des Kinos effektvoll in Szene setzen. Bis dahin geht es mir darum, Philippes Leidenschaft verständlich zu machen. Dieser Mann riskierte sogar sein Leben, um seine akrobatische Kunstform darzubieten.
Ticket: 2015 feiern wir 30 Jahre "Zurück in die Zukunft"! Wie blicken Sie auf die Vergangenheit zurück?
Zemeckis: Ich bin erstaunt und fühle mich geehrt, dass dieser Film, der noch zwei Fortsetzungen hervorgebracht hat, noch immer so eine große Bedeutung hat, die inzwischen drei Generationen umfasst. Damit hätte keiner von uns vor 30 Jahren gerechnet.
Ticket: Es gab Gerüchte von einem Remake Ihres Science-Fiction-Klassikers: Ist da was dran? Wird "Zurück in die Zukunft" neu aufgelegt?
Zemeckis: Nicht, solange ich am Leben bin und das verhindern kann. von tsc
Robert Zemeckis: Mir fiel das acht- bis zehnseitige Kinderbuch "The Man Who Walked Between the Towers" mit schönen Bildern in die Hände. Ich war erstaunt, dass es auf einer wahren Geschichte basierte. 1974 hatte ich davon gar nichts mitbekommen – vielleicht, weil ich so vertieft in mein Filmstudium war, dass ich mich von der Außenwelt quasi abgeschnitten hatte.
Ticket: Das Kinderbuch war also die Initialzündung?
Zemeckis: Ja, ich fand es unglaublich, dass ich nichts davon wusste. Als ich mich weiter damit beschäftigte, fand ich in der Geschichte alle Elemente für einen fesselnden und spektakulären Film. Schließlich traf ich mich mit Philippe Petit zum Dinner, um ihn von meinem Projekt zu überzeugen.
Ticket: Stimmt es, dass Sie den Film letztlich für nur 35 Millionen Dollar realisieren mussten, weil sich in Hollywood kaum jemand dafür interessierte?
Zemeckis: Ja, aber das ist okay! Es hat was, einen Film so sparsam zu drehen, weil sich dadurch auch das Risiko verringert. Es ist nun mal eine Story, wie sie sich heute in Hollywood nur schwer realisieren lässt.
Ticket: Wäre die Geschichte denn für Sie interessant genug, wenn die beiden Türme des World Trade Center noch stehen würden?
Zemeckis: Da sie nun mal zerstört sind, ist aus der Geschichte nun eine Art Fabel geworden. Sie gehört jetzt ins Reich der Mythologie.
Ticket: Der Film wirkt wie eine Liebeserklärung. War es Ihre Absicht, mit Wehmut zurückzublicken?
Zemeckis: Der Film feiert das Erwachen der Zwillingstürme. Ihnen wurde erst durch Philippes poetisch-menschliches Narrenspiel Leben eingehaucht, und er sprach von ihnen auch immer so wie von Lebewesen. "Sie rufen mich" waren seine Worte, als wären sie seine artistischen Helfer, und genauso wollte ich sie auch im Film präsentieren.
Ticket: Wodurch aber auch die Figur des Petit zum Zauberwesen wird und kaum noch etwas mit dem echten Menschen zu tun hat.
Zemeckis: Für mich war es das erste Mal, dass ich einen Film über eine real existierende Person gedreht habe. Ich sehe ihn wie ein Gemälde und nicht wie eine Blaupause der damaligen Ereignisse. Das hat bereits die Dokumentation "Man on Wire" von 2008 erfüllt, in der etliche Zeitzeugen zu Wort kommen.
Ticket: Was kann ein Spielfilm, was eine Doku nicht kann?
Zemeckis: Die Doku kann nicht das Ereignis an sich rekonstruieren, hier den Gang über das Drahtseil auf der Spitze der beiden Türme. Diesen Höhepunkt der Geschichte kann man nur durch die Kunst des Kinos effektvoll in Szene setzen. Bis dahin geht es mir darum, Philippes Leidenschaft verständlich zu machen. Dieser Mann riskierte sogar sein Leben, um seine akrobatische Kunstform darzubieten.
Ticket: 2015 feiern wir 30 Jahre "Zurück in die Zukunft"! Wie blicken Sie auf die Vergangenheit zurück?
Zemeckis: Ich bin erstaunt und fühle mich geehrt, dass dieser Film, der noch zwei Fortsetzungen hervorgebracht hat, noch immer so eine große Bedeutung hat, die inzwischen drei Generationen umfasst. Damit hätte keiner von uns vor 30 Jahren gerechnet.
Ticket: Es gab Gerüchte von einem Remake Ihres Science-Fiction-Klassikers: Ist da was dran? Wird "Zurück in die Zukunft" neu aufgelegt?
Zemeckis: Nicht, solange ich am Leben bin und das verhindern kann. von tsc
am
Fr, 23. Oktober 2015
THE WALK
Regie: Robert Zemeckis
Mit Joseph Gordon-Levitt, Ben Kingsley, Charlotte Le Bon und anderen
123 Minuten, frei ab sechs Jahren
Die Story
Als 1973 die Zwillingstürme am World Trade Center eröffnet werden, beginnt Philippe Petit (Gordon-Levitt) davon zu träumen, ein Drahtseil zwischen ihnen zu spannen und darauf zu balancieren. Diesen wagemutigen Hochseilakt würde man ihm jedoch nie genehmigen...
» Läuft flächendeckend
Autor: tsc