Songwriter-Pop
Scott Matthew beim Stimmen-Festival in Lörrach
Das Stimmen-Festival ist ein neuer Hort für empfindsame Männer. Das bestätigt ein kurzer Blick auf die Programme der beiden aktuellen Jahrgänge mit ihrer hohen Dichte an sensibler, maskuliner Sangeskunst. Sie sehen allesamt aus wie gestandene Mannsbilder, diese bärtigen Typen, doch in ihrem Herzen und in ihrer Kehle kultivieren sie Verletzlichkeit, ganz dem schon wieder auslaufenden Hipster-Hype gemäß. 2014 zählten Elia Rediger von der Basler Band The Bianca Story und John Grant aus Michigan zu ihnen; in der aktuellen Ausgabe des Festivals kann man den Wisper-Folk des Ex-Psychologen William Fitzsimmons dazurechnen (Rosenfelspark, 22. Juli), den Falsett-Folkrock des Dänen Bjarke Bendtsen von der Band The Migrant und die filigranen Songgebilde von Denis Jones aus Manchester (Aftershows, 17. und 18. Juli). Der König der Klagelieder jedoch, der ist unzweifelhaft der Australier Scott Matthew (Tickets) .
"So klischeehaft sich das anhören mag, mein Songwriting war für mich immer ein therapeutisches Werkzeug", bekennt der Klangpoet im Interview. "Die Wirkung setzt vielleicht erst lange Zeit nach Fertigstellung des Songs ein. Aber für mich sind meine Balladen ein Weg, bestimmte Gefühle aus dem Weg zu räumen und ihnen ein Zuhause zu geben." Ein Jammerlappen ist Matthew keineswegs, das zeigt seine abwechslungsreiche, engagierte Vita: Sein Weg führte über Punkrock in Queensland über Alternative-Pop in der Wahlheimat New York bis zur Solokarriere, während der er seit 2008 vier Alben mit Seelenschmerz gefüllt hat.
Sein Hauptthema der zerbrochenen Liebe setzt er dabei mit einem schluchzenden Timbre um, das an die stillen Momente von David Bowie erinnert. Die filigranen Strukturen seiner Lieder leben außerdem von ruhigen Gitarren und Ukulelen, Piano und Bass. Während der Pop bis weit in den Alternative-Bereich voll ist mit kalkulierten Herzschmerz-Inszenierungen, wirken die Bekenntnisse Matthews unmittelbar und ehrlich, was vor allem an seinem geradezu blutenden Gesang liegt. Wie bekommt man eine solche Stimme? "Es ist seltsam, aber ich hatte nie Training. Sie kam ganz natürlich, aus dem Verlangen heraus, etwas auszudrücken, was über die normale Konversation hinausgeht", bekennt er. "Ich hatte auch keine Sänger als Vorbilder. Mir kam es eigentlich immer nur darauf an, die Schönheit zu zeigen, die durch einen Song hindurchscheint, unabhängig von Genres."
So lässt sich auch einfach erklären, warum Matthew 2013 mit "Unlearned" Lust hatte, ein Coveralbum zu veröffentlichen. Hochoriginell, wie er Whitney Houston, The Jesus & Mary Chain, Neil Young und die Bee Gees in akustische Miniaturen fasst, die mit den Originalen nichts mehr zu tun haben, sondern allesamt aus seiner Feder stammen können. Zu Originalkompositionen ist er auf dem aktuellen Werk "This Here Defeat" zurückgekehrt. Als Ort der Einspielung wählte er sich Lissabon; die Fadometropole ist ja ein nicht ganz unpassender Ort für ein melancholisches Album. "Die Stadt ist eine Quelle der Wunder für mich", so Matthew, "und deshalb war der ganze Aufnahmeprozess frisch und abenteuerlich." Man merkt das den Songs an, die sich dieses Mal beileibe nicht nur im Liebesleid suhlen, sondern auch feine Ironie beinhalten. Etwa, wenn er im Titelstück mit geradezu kathartischer Wirkung von einem Ex-Lover singt, der kein Abschiedslied verdient und gerade dadurch eines bekommt. Oder wenn er in "Bittersweet" mit feinem Humor die konsequente Gegensätzlichkeit eines Paares beschreibt.
Der Kern der Lieder freilich dreht sich erneut um Verlust, Heimatlosigkeit, Trauer und Klage, Matthews ureigene Domäne. "Das Streben nach Glück hat sich in unserer Gesellschaft in die Forderung verwandelt, immer fröhlich zu sein", fasst der Sänger sein Credo zusammen. "Doch ohne Schatten kein Licht. Es ist wichtig, dass man es sich erlaubt, emotional aufrichtig zu sein und keine Angst hat vor Trauer. Und dass man sich auch mal eine gute Portion Weinen gestattet, um wieder zur Freude zu finden."
– Konzert: Scott Matthew, 14. Juli, 20 Uhr, Burghof Lörrach, Tickets unter bz-ticket.de/karten von Stefan Franzen
"So klischeehaft sich das anhören mag, mein Songwriting war für mich immer ein therapeutisches Werkzeug", bekennt der Klangpoet im Interview. "Die Wirkung setzt vielleicht erst lange Zeit nach Fertigstellung des Songs ein. Aber für mich sind meine Balladen ein Weg, bestimmte Gefühle aus dem Weg zu räumen und ihnen ein Zuhause zu geben." Ein Jammerlappen ist Matthew keineswegs, das zeigt seine abwechslungsreiche, engagierte Vita: Sein Weg führte über Punkrock in Queensland über Alternative-Pop in der Wahlheimat New York bis zur Solokarriere, während der er seit 2008 vier Alben mit Seelenschmerz gefüllt hat.
Sein Hauptthema der zerbrochenen Liebe setzt er dabei mit einem schluchzenden Timbre um, das an die stillen Momente von David Bowie erinnert. Die filigranen Strukturen seiner Lieder leben außerdem von ruhigen Gitarren und Ukulelen, Piano und Bass. Während der Pop bis weit in den Alternative-Bereich voll ist mit kalkulierten Herzschmerz-Inszenierungen, wirken die Bekenntnisse Matthews unmittelbar und ehrlich, was vor allem an seinem geradezu blutenden Gesang liegt. Wie bekommt man eine solche Stimme? "Es ist seltsam, aber ich hatte nie Training. Sie kam ganz natürlich, aus dem Verlangen heraus, etwas auszudrücken, was über die normale Konversation hinausgeht", bekennt er. "Ich hatte auch keine Sänger als Vorbilder. Mir kam es eigentlich immer nur darauf an, die Schönheit zu zeigen, die durch einen Song hindurchscheint, unabhängig von Genres."
So lässt sich auch einfach erklären, warum Matthew 2013 mit "Unlearned" Lust hatte, ein Coveralbum zu veröffentlichen. Hochoriginell, wie er Whitney Houston, The Jesus & Mary Chain, Neil Young und die Bee Gees in akustische Miniaturen fasst, die mit den Originalen nichts mehr zu tun haben, sondern allesamt aus seiner Feder stammen können. Zu Originalkompositionen ist er auf dem aktuellen Werk "This Here Defeat" zurückgekehrt. Als Ort der Einspielung wählte er sich Lissabon; die Fadometropole ist ja ein nicht ganz unpassender Ort für ein melancholisches Album. "Die Stadt ist eine Quelle der Wunder für mich", so Matthew, "und deshalb war der ganze Aufnahmeprozess frisch und abenteuerlich." Man merkt das den Songs an, die sich dieses Mal beileibe nicht nur im Liebesleid suhlen, sondern auch feine Ironie beinhalten. Etwa, wenn er im Titelstück mit geradezu kathartischer Wirkung von einem Ex-Lover singt, der kein Abschiedslied verdient und gerade dadurch eines bekommt. Oder wenn er in "Bittersweet" mit feinem Humor die konsequente Gegensätzlichkeit eines Paares beschreibt.
Der Kern der Lieder freilich dreht sich erneut um Verlust, Heimatlosigkeit, Trauer und Klage, Matthews ureigene Domäne. "Das Streben nach Glück hat sich in unserer Gesellschaft in die Forderung verwandelt, immer fröhlich zu sein", fasst der Sänger sein Credo zusammen. "Doch ohne Schatten kein Licht. Es ist wichtig, dass man es sich erlaubt, emotional aufrichtig zu sein und keine Angst hat vor Trauer. Und dass man sich auch mal eine gute Portion Weinen gestattet, um wieder zur Freude zu finden."
– Konzert: Scott Matthew, 14. Juli, 20 Uhr, Burghof Lörrach, Tickets unter bz-ticket.de/karten von Stefan Franzen
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Mi, 08. Juli 2015