Singende und tanzende Waisenkinder

Die musikalisch-romantische Komödie "Im kleinen Metropol" feiert in Auerbachs Kellertheater Premiere.

STAUFEN. Melancholische Klavierklänge, eine alte Frau im Rollstuhl, die zwischen alten Gemäuern von längst vergangenen Zeiten träumt. Fast wird einem bei diesem Anblick etwas wehmütig ums Herz, doch dann geht in der musikalisch-romantischen Revue "Im kleinen Metropol", die am Silvesterabend in Auerbachs Kellertheater Premiere feierte, ordentlich die Post ab.

Denn Fräulein Allegra della Casa (wunderbar senil: Jasmin Islam) und Fräulein Sidonie Motzmann (herrlich bissig: Almut Guischard), die zwei Weltkriege überstanden haben und sich jetzt gemeinsam ein Zimmer im Altersheim "Engelsfried" teilen, hängen im alten Pfarrhaus ihren Erinnerungen nach. Was wohl die Kinder machen, die hier groß geworden sind?

Streitereien, Gezänke und Seitenhiebe

So etwas geht bei zwei betagten Damen, von denen eine nicht mehr richtig hört und die andere mit einer künstlichen Hüfte zu kämpfen hat, natürlich nicht ohne Streitereien und Seitenhiebe ab. Und dann geht die Zeitreise zurück ins Jahr 1918, zum Ende des Ersten Weltkriegs. Die jetzt wieder junge Allegra schlägt mit fünf Waisenkindern bei Sidonie Motzmann auf, die in einem Pfarrhaus die Stellung hält und auf den Pfarrer wartet, der in Afrika weilt. Alles ist zerstört, die Kinder sind von der Welt vergessen, sie wissen nicht, wohin. Fräulein Motzmann, ob des Familienzuwachses zunächst nur mäßig begeistert, nimmt sie auf und lässt ihnen eine strenge Erziehung angedeihen. Doch Allegra, die so gar nicht ihren moralischen Vorstellungen entspricht, wird von ihr schnöde vor die Tür gesetzt. Bis sie als Miss Joy zurückkommt und gemeinsam mit den Pfarrhausbewohnern ein eigenes Revue-Theater, das "Metropol" gründet. Ein eigenes, kleines Theater, in dem man alles machen kann, was einem Spaß macht.

Was folgt, ist ein virtuoser Umgang mit Perspektivenwechsel, Tanz und Gesang. Busch bettet in die eigentliche Handlung gekonnt und unterhaltsam alte Schlager, Musical-Melodien und Tanzschritte ein.
Zu einem der Höhepunkte gerät dabei die Fuge der Geografie, ein Sprechgesang von Ernst Toch aus dem Jahr 1930. "Ratibor! Und der Fluss Mississippi und die Stadt Honolulu und der See Titicaca... – der Rhythmus und der kontrastierende Klang der Sprechlaute gehen genauso ins Blut wie der prickelnde Sekt, der in der Pause gereicht wird.

Mitreißend frisch und schwungvoll agieren die jungen Protagonisten. Nobel- Nobbi (Lorenz Haas) gibt hinreißend den Conférencier aus dem Musical "Cabaret", Nofretete (Luna Bucherer) brilliert mit einem herzzerreißenden Hundelied, Mona Lisa (Lea Pirk) haucht der feschen Lola, dem Liebling der Saison, neues Leben ein, Fritzi (Friederike Dörffler) spielt sich mit ihrer Trompete in die Herzen der Zuschauer, während der schöne Hans-Leopold (Jonathan Wiese) dieselben mit seinem überwältigenden Charme und seinen Steppschritten zu "Puttin’ on the Ritz bricht. Auch die beiden Fräuleins machen als junge Damen eine ausgesprochen gute Figur.

Und wieder gibt es einen gewaltigen Zeitsprung: Nicht nur Allegra della Casa und Sidonie Motzmann, sondern auch die Waisenkinder sind gealtert und tauchen mit grauen Perücken und dunklen Mänteln auf der Bühne auf. Wird es jetzt zum Ende doch noch etwas wehmütig? Ganz im Gegenteil: Selbst die bissige Motzmann findet nach langem Warten ihr Glück. "Forever young" lautet die fröhliche Devise, mit der die von der Vorstellung beschwingten Zuschauer in die kalte Winternacht entlassen werden. Eben ganz so, wie es sich für eine phantasievoll und liebenswert inszenierte Komödie gehört.

Info: Die nächste Aufführung in Auerbachs Kellertheater, Auf dem Rempart 7 in Staufen, ist am Samstag, 3. Januar, um 20 Uhr. Weitere Termine unter: http://www.auerbachs-kellertheater.de

von Ute Wehrle
am Sa, 03. Januar 2015

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