Premiere

Stadttheater Freiburg inszeniert Michel Houellebecqs "Unterwerfung"

Das Theater Freiburg zeigt eine Inszenierung von Michel Houellebeqs "Die Unterwerfung".

Die Romane von Michel Houellebecq provozieren – und qualifizieren sich damit auch besonders für eine Auseinandersetzung im Theater. "Elementarteilchen" wurde zigmal auf deutschsprachigen Bühnen gezeigt – auch in Freiburg. Der jüngste Roman des französischen Schriftstellers feiert in einer theatralen Freiburger Fassung im Großen Haus Premiere.

Michel Houellebecqs Roman "Unterwerfung" entwirft ein interessantes Szenario: Im Jahr 2022 gehen in Frankreich sowohl die Sozialisten als auch die Konservativen ein Bündnis mit dem charismatischen, muslimischen Politiker Mohamed Ben Abbes ein und wählen ihn zum Staatspräsidenten, um Marine Le Pen und ihren rechten Front National zu verhindern.

Abbes führt Scharia, Patriarchat und Polygamie ein, macht das aber auf eine so geschickte Weise, dass auch grundsätzlich islamophobe Menschen Angebote bekommen. Die Kleinbürger bekommen Familienwerte und Moral, die Linken etwas weniger Rassismus und Umverteilung und die gesetzten Bürgermänner Sex und Geld in Form von devoten Frauen und gut dotierten Posten. Da werden ziemlich viele Phantasien, die aktuell in den Köpfen vor allem der männlichen westlichen Welt herumschwirren mögen, geschickt zu einer provokanten Vision zusammengerührt.

Und die Öffentlichkeit ließ sich provozieren. Seit der Roman Anfang 2015 erschien, wird er vor allem politisch diskutiert. Houellebecq selbst gießt dazu noch gern Öl ins Feuer und proklamierte, als er jüngst den Frank-Schirrmacher-Preis verliehen bekam, dass in den vergangenen 20 Jahren sowieso nur die Schriftsteller einen "bedeutsamen Diskurs über den Zustand der Gesellschaft geführt haben".

Und welche Bühne möchte man diesem Autor, der gern mit seiner prophetischen Gabe kokettiert, bereiten? Für Dramaturgin Viola Hasselberg ist Houellebecq eher ein raffinierter Clown. "Unterwerfung" liest sie nicht als reales Szenario. Der Roman erzähle viel mehr über die eigene Müdigkeit, die Inkonsequenz, die Verunsicherung, wo Europa mit seinen Prinzipien der Aufklärung, Pluralität und Demokratie stehe. Durch geschickte Zuspitzung, Auslassung und Polemik ist es Houellebecq gelungen, ein Potpourri zusammenzurühren, das immer das Gefühl erzeugt, da könnte was dran sein. "Das hat zwar nichts mehr mit einer kommenden Realität zu tun", sagt Hasselberg, "schafft es aber, so diskutiert zu werden."

Die Inszenierung möchte sich weniger auf die Provokation einlassen, die auf der tagespolitischen Ebene funktioniert, sondern lieber nach tieferen Ebenen suchen: "Wir möchten zeigen, wie schmerzhaft das ist, wenn man nicht mehr glauben kann, obwohl man es gern will", sagt Hasselberg. Ein spielerisch-satirischer Bühnenabend soll es werden, der den Roman auch einfach mal wirklich beim Wort nimmt. Wie sähe denn ein islamisierter europäischer Raum überhaupt aus. "Es wird ganz haptisch", verspricht Hasselberg.
Termine: Premiere: Sa, 8. Oktober, 19.30 Uhr, Großes Haus, Theater Freiburg.
Diskussion über Houellebecqs Roman (Moderation: Bettina Schulte): Samstag, 15. Oktober, 17 Uhr,
Winterer Foyer.
von Jürgen Reuß
am Fr, 07. Oktober 2016

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