Fanta 4

Thomas D im Interview: "Wir sind ehrlich geblieben"

TICKET-INTERVIEW: Thomas D von den Fantastischen Vier über Kreativität, Schreibblockaden und das Älterwerden.

Sie sind seit 25 Jahren dabei und gehören zu den etabliertesten Popgruppen deutscher Sprache: Die Fantastischen Vier. Das Stuttgarter Quartett gehört zu den Pionieren des deutschen HipHop und hat dem Genre zu dem Status verholfen, den es heute hat. Olaf Neumann hat mit Thomas D gesprochen, einem der drei Rapper der Band.

Ticket: Thomas D, Ihr Jubiläumsalbum heißt "Rekord". Welche Rekorde haben Sie mit den Fantastischen Vier aufgestellt?
Thomas D: So einige. Wir sind zum Beispiel die älteste amtierende Rapband, wir glauben, dass das sogar weltweit der Fall ist. Mit "Rekord" ist auch gemeint, dass wir als Künstler unsere persönlichen Wahrnehmungen aufgenommen, also "recorded" haben. Und zwar in Liedern, die man wieder abspielen kann.
Ticket: Das Album sprengt die Genre-Grenzen. Sollte sich jede Band hin und wieder neu erfinden?
Thomas D: Unbedingt. Unsere ersten Lieder waren quasi Übersetzungen von amerikanischen Partysongs. Mit der Zeit setzt man sich aber vom Imitieren ab und macht etwas Individuelles und Spezielles, was dann vielleicht sogar einzigartig ist. Man muss aber aufpassen, dass man auch nicht in dieser neuen Struktur hängen bleibt, sondern sich immer weiterentwickelt.
Ticket: Welche Methoden haben Sie bei diesem Album entwickelt, um kreativ zu bleiben?
Thomas D: Unsere Methode ist nach wie vor, mit vielen Produzenten zusammenzuarbeiten. An diesen musikalischen Ideen von außen arbeiten wir dann selber weiter. Auch das Texten ist immer wieder eine neue Herausforderung: ehrlich zu sein, sich nicht zu wiederholen, das zu reflektieren, was man gerade empfindet. Der Song "Wie geliebt" war meine Idee, aber erst durch Michis und Smudos Beiträge wuchs es zu einem Fanta-Stück heran.
Ticket: "Das Spiel ist aus" ist eine Betrachtung über das Älterwerden. Sie sind im Dezember 45 geworden. Gehen Sie ehrlich damit um?
Thomas D: "Das Spiel ist aus" war die erste Nummer bei diesem Album: ein Song, in dem wir das Altwerden aufs Korn nehmen und uns gleichzeitig damit auseinandersetzen. Wir sind die älteste HipHop-Band, es gibt uns seit 25 Jahren, und seit geraumer Zeit werden wir immer wieder gefragt, ob wir nicht zu alt für HipHop seien. Natürlich fragen wir uns selber Ähnliches. Wir sind Teil einer Jugendkultur und einer recht jungen Musikrichtung.
Ticket: Wie fühlen Sie sich in einem Business, das immer jüngere Stars generiert?
Thomas D: Der Jugendwahn ist total komisch. Aber wir unterliegen nicht so sehr dem Schönheitswahn wie Frauen. Sie werden zugepflastert mit bearbeiteten Fotos von Models. Anscheinend muss man als Frau so aussehen. Als Männer haben wir das Glück, älter werden zu dürfen. Gleichzeitig bin ich auch stolz darauf, dass wir die Ältesten sind und diesen Scheiß immer noch machen, ohne uns einer Jugendkultur anzubiedern. Ich finde, wir sind ehrlich geblieben. Davon kann die Jugend noch was lernen. Ich will auch nicht wiederholen, was wir schon mal gemacht haben.
Ticket: Früher waren Sie gern lange wach und haben Ihre Musik auch nachts produziert. Wie sehr müssen Sie heute als Väter mit der Zeit haushalten?
Thomas D: Es ist heute ein ganz anderes Produzieren. Früher in Stuttgart hingen wir Tag und Nacht bei Andi im Zimmer und haben da so vor uns hingekifft, an Beats geschraubt und Texte geschrieben. Wir hatten ja sonst nichts zu tun. Das ist jetzt ganz anders. Wenn wir uns für fünf Tage treffen, sind das Tage, an denen wir äußerst produktiv und kreativ sein müssen.
Ticket: Erwarten Ihre Bandkollegen von Ihnen, dass Sie stets mit guten Ideen um die Ecke kommen?
Thomas D: Niemand wird gezwungen, seine Zeit abzusitzen. Smudo hatte die ersten eineinhalb Jahre eine Schreibblockade. Was soll ich da machen? Er musste sich so lange quälen, bis sie irgendwann brach. Smudo kann auf den letzten Drücker genial sein. Er hat für dieses Album ganz spät wahnsinnige Sachen geschrieben, mit denen wir nicht mehr gerechnet hätten. Dass ihm vorher über Monate nichts einfiel, machte ihn natürlich selber wahnsinnig.
Ticket: Hatten Sie auch schon mal eine Schreibblockade?
Thomas D: Nein, ich schreibe immer sehr viele Songs, aber viele kommen nicht durch die Fanta-4-Zensur. Das ist dann mein Frust. Aber damit muss ich leben.
Ticket: Es gibt eine junge Generation von Künstlern, die das Album noch hoch hält. In dem Song "Lass sehen" zitieren Sie den Rapper-Kollegen Marteria. Was kann er, was Sie nicht können?
Thomas D: Marteria hat eine ganz eigene Poesie entwickelt, wir sind große Fans von ihm. Er ist wahrscheinlich viel mehr in der Jugendkultur drin als wir. Mit seinem Lied "Kids", das wir abgewandelt zitieren, hat er einen Nerv getroffen. In unserem Lied singen wir über dasselbe Thema: die Gesellschaft, die sich auseinanderentwickelt, alle gucken in ihren Computer und haben ein Profil auf Facebook, aber im realen Leben redet man nicht mehr miteinander.

Termin: Freiburg, Die Fantastischen Vier,
Rothaus-Arena,

Mo, 19. Jan., 20 Uhr; Info:

BZ-Kartenservice Tel. 0761/4968888
von onma
am Mi, 14. Januar 2015

Badens beste Erlebnisse