Von der Faser zum Faden
Wie einem roten Faden folgt der Lebensweg von Veronika Kliem ihrer Leidenschaft für Handarbeit. Schon in der Schule hat ihr Nähen, Stricken und Häkeln am meisten Spaß gemacht. So sehr, dass sie bis vor zehn Jahren ein Handarbeitsgeschäft in Gengenbach betrieben hat. Heute bietet sie Spinnkurse auf ihrem Hof in Mühlenbach an.
Wer Veronika Kliem an einem sonnigen Nachmittag besucht, fühlt sich wie im Märchen: Ihr uriger, 300 alte Jahre alter Schwarzwaldhof bietet eine Traumkulisse. "Doktor Brinkmann war auch schon hier", sagt Sohn Felix, 13 Jahre, und strahlt über beide Backen. Tatsächlich war das Haus in einer Folge Schauplatz der 80er-Kultserie Schwarzwaldklinik.
Aus Märchen wie Dornröschen oder Rumpelstilzchen kennt man auch die zahlreichen Geräte, die in der gemütlichen Stube um den Kachelofen oder auf der Veranda stehen: Spinnräder. Allerdings sind diese moderner Bauart, klärt Kliem auf: "Die haben zwei Pedale, früher gab es nur ein Fußpedal."
Mit dem geerbten Spinnrad der Oma hat alles angefangen: Erst hat Kliem es nur für Dekozwecke benutzt, dann aber kam ihr wieder die Erinnerung an ihre entspannt wirkende Oma: "Sie hat beim Spinnen in sich geruht, das ist mir schon als kleines Mädchen aufgefallen", sagt die 54-Jährige und zeigt stolz ein altes Foto, auf dem die Oma mit Spinnrad am Kachelofen sitzt.
Beim Spinnen geht es darum, Einzelfasern zu einem langen Faden zu verbinden. Verspinnen kann man alles, was Fasern hervorbringt, etwa Wolle, Flachs, Seide, aber auch Hunde- und Katzenhaare.
"Spinnen hat viel mit Loslassen zu tun", sagt Kliem und setzt sich an ein Spinnrad auf der Veranda. "Das Schwierigste ist das Zusammenspiel zwischen Händen und Füßen." Sie treibt mit den Füßen das Spinnrad an, das die Spule dreht und das Garn aufwickelt, während sie die Wolle zupft und zum Faden formt. Es sieht ganz leicht aus. Doch es erfordert einiges an Übung, bis man den richtigen Dreh heraus hat. "Je weniger man den Kopf einschaltet, desto besser ist es", sagt Kliem. Aus 100 Gramm Wolle entstehen ungefähr 100 Meter Faden. Pro Stunde schafft sie etwa 33 Meter.
Spinnen hat für Kliem viele Aspekte: das Kreative, etwas Selbstgemachtes zu erschaffen. "Noch dazu, wenn ich weiß, von welchem Tier die Wolle ist und ich sagen kann: Der Pulli ist von meinem Schaf Luzi." Faszinierend ist aber auch die Monotonie: So ist es die Koordination von Hand- und Fußarbeit, die Gleichmäßigkeit der Bewegung, die sie und die Teilnehmer ihrer Spinnkurse zur Ruhe kommen lässt. "Spinnen ist wie Meditation – nur dass dabei auch ein Faden entsteht."
Apropos Faden: Über das Spinnen sind die Schafe in ihr Leben gekommen. Bruno, drei Jahre, aus Bremen, Gotlandschaf, ist der Bock der kleinen Herde. "Er hat schon fünf Preise gewonnen", sagt Felix stolz. Das älteste Schaf ist etwa sechs Jahre, die Jüngsten sind gerade fünf Monate alt. Insgesamt sind es 20 Schafe. Branko, ein gutmütiger Berner-Sennen-Appenzellermix, ist der Hofhund. Zudem gibt es noch die drei frechen Ziegen Paprika, Chili und Peperoni, die eine von Felix selbstgezimmerte Ziegenvilla bewohnen. "Wir sind Selbstversorger mit zwei Bienenvölkern, die für Honig sorgen, dem Bauerngarten und 20 Legehühner. "Ich muss nur noch einmal die Woche ins Tal zum Einkaufen fahren." Ein Besuch in Freiburg ist für sie ein Albtraum: "Diese Hektik halte ich nicht lange aus."
Der alte Schwarzwaldhof war anfangs nur Wochenenddomizil der Offenburger Familie. Aber seit vier Jahren wohnen Mutter und Sohn nun ganz dort, und beide wollen nicht mehr weg aus ihrem kleinen Paradies. Verständlich!
Zu ihren Spinnkursen, die sie seit zwei Jahren anbietet, kommt ein eingeschworener Kreis an Damen – von Freiburg, Gutach, Hornberg, Baiersbronn, Aachern und "eine Frau aus Ulm kam sogar vier Wochenenden hintereinander". Spinnen also nur Frauen? "Es gab auch schon mal zwei Ehepaare, da haben selbst die Männer begeistert mitgemacht", sagt Kliem und lacht.
Für sie ist Wolle ein wertvoller Rohstoff, der wieder mehr gewürdigt werden sollte. "Es ist ein Geschenk der Schafe." Das Wissen und die Wertschätzung für Wolle aus der Region gibt Kliem in ihren Spinn-, Filz- und Färbekursen sowie dem Spinncafé, das alle 14 Tage stattfindet, weiter. Seit Oktober bietet sie zudem Webkurse an.
Für die Schulungen entstehen gerade neben dem Hof ein Atelier sowie ein Ausstellungsraum, in dem die Produkte wie handgesponnene Wolle, Taschen, Sitzkissen, Wohnsocken und Schultertücher verkauft werden. Aktuell gibt es die Produkte im Onlineshop der Homepage.
Auch besondere Schaffelle kann man bei ihr kaufen. Diese gefilzten Felle kommen ohne Leder aus. Dafür wird das Fell an einem Stück vom Schaf geschoren, statt das Tier zu töten.
Die Uhr schlägt 17 Uhr. Veronika Kliem muss in den Stall. Schade, damit ist das Interview beendet. "Was? Die Zeit ist schon vorbei? Das höre ich auch immer von den Teilnehmern", sagt Kliem und grinst. Diese märchenhafte Ruhe verlässt eben keiner gerne.
Aus Märchen wie Dornröschen oder Rumpelstilzchen kennt man auch die zahlreichen Geräte, die in der gemütlichen Stube um den Kachelofen oder auf der Veranda stehen: Spinnräder. Allerdings sind diese moderner Bauart, klärt Kliem auf: "Die haben zwei Pedale, früher gab es nur ein Fußpedal."
Mit dem geerbten Spinnrad der Oma hat alles angefangen: Erst hat Kliem es nur für Dekozwecke benutzt, dann aber kam ihr wieder die Erinnerung an ihre entspannt wirkende Oma: "Sie hat beim Spinnen in sich geruht, das ist mir schon als kleines Mädchen aufgefallen", sagt die 54-Jährige und zeigt stolz ein altes Foto, auf dem die Oma mit Spinnrad am Kachelofen sitzt.
Beim Spinnen geht es darum, Einzelfasern zu einem langen Faden zu verbinden. Verspinnen kann man alles, was Fasern hervorbringt, etwa Wolle, Flachs, Seide, aber auch Hunde- und Katzenhaare.
"Spinnen hat viel mit Loslassen zu tun", sagt Kliem und setzt sich an ein Spinnrad auf der Veranda. "Das Schwierigste ist das Zusammenspiel zwischen Händen und Füßen." Sie treibt mit den Füßen das Spinnrad an, das die Spule dreht und das Garn aufwickelt, während sie die Wolle zupft und zum Faden formt. Es sieht ganz leicht aus. Doch es erfordert einiges an Übung, bis man den richtigen Dreh heraus hat. "Je weniger man den Kopf einschaltet, desto besser ist es", sagt Kliem. Aus 100 Gramm Wolle entstehen ungefähr 100 Meter Faden. Pro Stunde schafft sie etwa 33 Meter.
Spinnen hat für Kliem viele Aspekte: das Kreative, etwas Selbstgemachtes zu erschaffen. "Noch dazu, wenn ich weiß, von welchem Tier die Wolle ist und ich sagen kann: Der Pulli ist von meinem Schaf Luzi." Faszinierend ist aber auch die Monotonie: So ist es die Koordination von Hand- und Fußarbeit, die Gleichmäßigkeit der Bewegung, die sie und die Teilnehmer ihrer Spinnkurse zur Ruhe kommen lässt. "Spinnen ist wie Meditation – nur dass dabei auch ein Faden entsteht."
Apropos Faden: Über das Spinnen sind die Schafe in ihr Leben gekommen. Bruno, drei Jahre, aus Bremen, Gotlandschaf, ist der Bock der kleinen Herde. "Er hat schon fünf Preise gewonnen", sagt Felix stolz. Das älteste Schaf ist etwa sechs Jahre, die Jüngsten sind gerade fünf Monate alt. Insgesamt sind es 20 Schafe. Branko, ein gutmütiger Berner-Sennen-Appenzellermix, ist der Hofhund. Zudem gibt es noch die drei frechen Ziegen Paprika, Chili und Peperoni, die eine von Felix selbstgezimmerte Ziegenvilla bewohnen. "Wir sind Selbstversorger mit zwei Bienenvölkern, die für Honig sorgen, dem Bauerngarten und 20 Legehühner. "Ich muss nur noch einmal die Woche ins Tal zum Einkaufen fahren." Ein Besuch in Freiburg ist für sie ein Albtraum: "Diese Hektik halte ich nicht lange aus."
Der alte Schwarzwaldhof war anfangs nur Wochenenddomizil der Offenburger Familie. Aber seit vier Jahren wohnen Mutter und Sohn nun ganz dort, und beide wollen nicht mehr weg aus ihrem kleinen Paradies. Verständlich!
Zu ihren Spinnkursen, die sie seit zwei Jahren anbietet, kommt ein eingeschworener Kreis an Damen – von Freiburg, Gutach, Hornberg, Baiersbronn, Aachern und "eine Frau aus Ulm kam sogar vier Wochenenden hintereinander". Spinnen also nur Frauen? "Es gab auch schon mal zwei Ehepaare, da haben selbst die Männer begeistert mitgemacht", sagt Kliem und lacht.
Für sie ist Wolle ein wertvoller Rohstoff, der wieder mehr gewürdigt werden sollte. "Es ist ein Geschenk der Schafe." Das Wissen und die Wertschätzung für Wolle aus der Region gibt Kliem in ihren Spinn-, Filz- und Färbekursen sowie dem Spinncafé, das alle 14 Tage stattfindet, weiter. Seit Oktober bietet sie zudem Webkurse an.
Für die Schulungen entstehen gerade neben dem Hof ein Atelier sowie ein Ausstellungsraum, in dem die Produkte wie handgesponnene Wolle, Taschen, Sitzkissen, Wohnsocken und Schultertücher verkauft werden. Aktuell gibt es die Produkte im Onlineshop der Homepage.
Auch besondere Schaffelle kann man bei ihr kaufen. Diese gefilzten Felle kommen ohne Leder aus. Dafür wird das Fell an einem Stück vom Schaf geschoren, statt das Tier zu töten.
Die Uhr schlägt 17 Uhr. Veronika Kliem muss in den Stall. Schade, damit ist das Interview beendet. "Was? Die Zeit ist schon vorbei? Das höre ich auch immer von den Teilnehmern", sagt Kliem und grinst. Diese märchenhafte Ruhe verlässt eben keiner gerne.
Veronika Kliem, Bärenbach 29, 77796 Mühlenbach, Tel. 07832/99 41 484, veronika.handarbeiten@gmail.com, http://www.spinnkurse.de
von Birgit Herrmann
am
So, 18. Oktober 2020