Von Steinen und Menschen

Neue Ausstellung im Markgräfler Museum Müllheim.

MÜLLHEIM. Mit Stein begann die Kulturgeschichte des Menschen. Faustkeile, Speerspitzen, Schmuck stellte schon der Homo erectus her, eine ganze Epoche der Menschheitsgeschichte ist dem Werkstoff Stein gewidmet – nun beschäftigt sich auch das Markgräfler Museum in Müllheim mit dem Thema.

Zwei Jahre lang hat sich der Arbeitskreis Archäologie im Museumsverein des Markgräfler Museums an dem Thema abgearbeitet, eine Fülle von Aspekten und historischen Entwicklungslinien zusammengetragen, die historischen Rahmenbedingungen und Menschen untersucht, die mit Stein zu tun hatten – sei es als Werkzeug, Kriegswaffe, Untergrund für Schrift und Zeichnung, Baustoff und sogar als Musikinstrument.

Man spürt der Ausstellung nicht nur eine große Sachkenntnis an – etliche der Mitglieder sind studierte Archäologen – sondern auch die Liebe zum Metier, wie die flüssig und spannend verfassten Texte auf den Schautafeln vermitteln. Die Ausstellung ist ein gelungener Mix aus Schrift, Bild und aussagekräftigen Exponaten, sowohl Originalen als auch Repliken (wie die der fast 30 000 Jahre alten "Venus von Willendorf").

Für die gegenständlichen Exponate haben der Arbeitskreis und die Museumsleitung eine Menge an Beziehungen spielen lassen: zur Landesstelle für archäologische Bodenfunde in Rastatt, zum dortigen Militärmuseum, zur Burgvogtei Rötteln, zum Dreiländermuseum Lörrach, zum Pfahlbautenmuseum in Unteruhldingen, zu privaten Leihgebern, auch aus der Schweiz und Belgien. Eine große Zahl stammt aus dem Fundus der Mitglieder selbst und natürlich aus dem Markgräfler Museum, das unter anderem dank der Funde von steinzeitlichen Jaspis-Werkzeugen aus den Markgräfler Rebbergen eine eigene respektable Sammlung besitzt.

Der thematische Bogen ist weit gespannt, wie Bürgermeisterin Astrid Siemes-Knoblich in der Begrüßung zur Vernissage feststellte: Vom Faustkeil bis zur Siliziumzelle reiche die Geschichte des "Kulturgutes Stein". "Wir wollen beispielhaft zeigen, wie der Mensch im Lauf der Zeit den Stein bearbeitet und veredelt hat", fasste Friedhelm Groeteke, der Sprecher des Arbeitskreises das Konzept zusammen. Und Gerd Albrecht, studierter Archäologe, machte mit seiner kurzen Einführung dem Vernissagepublikum den Mund wässrig. Er berichtete von steinzeitlichen Bierbrauern, Elchjägern auf Skiern, die auf einer 6000 Jahre alten Felszeichnung am nördlichen Eismeer abgebildet sind, von der 10 000 Jahre alten Stadt Göbelki Tepe, die gerade im Südosten der Türkei ausgegraben wird. Später werden die Besucher feststellen, dass ein Großteil der verwendeten Fotos von Grabungsstellen aus aller Welt von Albrecht selbst stammen.

Trotz der geballten Information hat die Ausstellung auch etwas Spielerisches, das die Begeisterung der Ausstellungsmacher für das Thema widerspiegelt: Am Eingang stehen zwei Stelen, auf denen, grafisch ansprechend gestaltet, das ganze Wortfeld "Stein" abgegrast wird, in dem sich auch so bunte Einsprengsel wie "Steinhäger" oder "Steinofenpizza" tummeln. Ein weiteres Schmankerl wartet am Ende des Rundgangs: Dort können sich die Besucher anhand eines Fragebogens Gedanken über 16 kleine Exponate machen, die in einer Vitrine ausgestellt sind: Was könnte das runde Ding mit der Nummer fünf sein? Ein Strandkiesel aus Süditalien, ein versteinerter Seeigel aus Polynesien? Oder gar eine Steinkugel für eine Kinderkanone aus dem 15. Jahrhundert, gefunden in Süddeutschland? Und ob das mit dem "spätrömischen Klositz – Aphrodisias, Türkei" stimmt? Wer sich durch die spritzige Melange aus Wissenschaft und Schabernack durchgekämpft und alle richtigen Antworten angekreuzt hat, hat die Chance, eine Replik eines steinzeitlichen Werkzeugs zu gewinnen.

Eine weitere Attraktion der Ausstellung ist ein kurzer, vom Arbeitskreis selbst produzierter Film, in dem Bernard Ginelli aus dem Périgord vorführt, wie er aus einer Markgräfler Jaspisknolle im Handumdrehen eine 25 000 Jahre alte Waffenspitze nachbaut, die im Markgräflerland gefunden wurde. 14 Minuten habe Ginelli dafür gebraucht, sagt Groeteke anerkennend. Damit sich die Besucher in den Jahrzehntausenden zurechtfinden, gibt es eine übersichtliche Schautafel, auf der man ablesen kann, welche Kultur zu welcher Zeit was hergestellt hat.

Info: "Stein-Zeiten. Vom Faustkeil bis zum Mühlstein." Ausstellung im Markgräfler Museum Müllheim, bis 26. März 2017. Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag 14 bis 18 Uhr. Am Mittwoch, 16. November, findet um 18 Uhr ein Museumsgespräch mit Steinmetz Mathias Wineberger statt. Weitere Infos unter http://www.markgraefler-museum.de
von Dorothee Philipp
am Di, 25. Oktober 2016

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