BZ-Interview
Was Extrembergsteigerin Ines Papert am Eisklettern fasziniert
"Neuland. Klettern in Afrika, der Arktis und in den Alpen" heißt ein Multimedia-Vortrag am Dienstag, 16. Juni, um 20 Uhr in der Stadthalle Waldkirch, von Profi-Bergsteigerin Ines Papert.
Ines Papert ist eine Spezialistin für schwierige und seltene Routen und außerdem vierfache Weltmeisterin im Eisklettern. BZ-Redakteur Bernd Fackler stellte Ines Papert Fragen zum Klettern.
BZ: Welche drei Eigenschaften sind beim Klettern/Bergsteigen am wichtigsten ?
Papert: Schwierig, das pauschal auszudrücken. Für mich ist es: Die Liebe zu den Bergen, mentale und physische Stärke, aber auch Erfahrung, um das Risiko abschätzen zu können und Zielstrebigkeit.
BZ: Was war bisher der schönste Berg, auf dem Sie schon standen, was die schwierigste Route?
Papert: Mein schönster Berg…, da waren schon so viele, aber der formschönste für mich ist der Eiger. Als wir durch die Nordwand geklettert und dann auf den messerscharfen Grat ausgestiegen sind, hatte ich das Gefühl, es gibt keinen schöneren Fleck auf Erden. Aber auch der Alpamayo zählt zu meinen schönsten Gipfeln. Die schwierigste Route: The Hurting in Schottland, aber das ist nicht wirklich Bergsteigen, sondern eine Route von überschaubarer Länge. Die Durchsteigung der Likhu Chuli 1-Nordwand hat uns alles abverlangt, weil die Bedingungen sehr schwierig waren.
BZ: Von Schnee und Eis und wollten Sie als Kind wenig wissen, als Bergsteigerin sind Sie eine "Spätberufene". Wie kam es dazu, wie war Ihr erstes Klettererlebnis?
Papert: Mein erstes Klettererlebnis war im Eis, ich erinnere mich mit Schrecken: Ein Eisblock fiel mir auf die Nase, Blut überall und kalte Finger. Ich konnte mir damals schwer vorstellen, was daran Spaß machen soll. Aber ich bin ein Mensch, der nicht schnell aufgibt. So ging ich wieder und damit war die Liebe zum Eis entfacht. Es ist so eine Mischung aus Leiden und Leidenschaft. Leiden gehört einfach dazu. Aber wenn Du oben stehst, es geschafft hast, womöglich als erster Mensch, ist der Moment von einer unglaublichen Kraft geprägt.
BZ: Wie bereiten Sie sich vor?
Papert: Ich bin im Berchtesgadener Land zu Hause, nutze jede freie Minute zum Klettern und Berglaufen, auch Gleitschirmfliegen gehört zu meinem Alltagstraining: Mit dem Schirm im Rucksack auf die heimischen Berge zu steigen, ist auch ein gutes Ausdauertraining.
BZ: Sie nehmen gerne die Gefahren und Strapazen des Kletterns auf sich?
Papert: Meine Risikobereitschaft war noch nie besonders hoch, höchstens vielleicht in ganz jungen Jahren. Ich bin schon oft umgekehrt/gescheitert. Das gehört dazu und hat mich eher gestärkt als geschwächt. Ich habe einen starken Kopf, kann stressfrei schwierige Routen klettern, aber ich habe immer im Fokus: Was könnte passieren? Das "könnte" wird einkalkuliert. Da steht oft die Entscheidung: Gehen wir oder gehen wir nicht? Im Zweifel machen wir den Rückzug; meine Kletterpartner sehen’s ähnlich.
BZ: Und wie und wieso kam dann noch die "Spezialdisziplin" Eisklettern dazu?
Papert: Ich war schnell erfolgreich im Weltcup und hatte Spaß, einen Pokal nach dem anderen heimzutragen. Mein Ehrgeiz war enorm und Fleiß wurde hier belohnt. Ich finde es toll, wenn aufgrund körperlicher Kraft auch die mentale Stärke wächst. Und ich liebe die Formen und Farben, die das Eis bildet, die Vergänglichkeit und bin immer wieder beeindruckt, welch schöne Strukturen die Natur imstande ist, zu formen.
BZ: Ist Eisklettern einfach eine Art des Kletterns oder etwas völlig Anderes?
Papert: Es ist für mich eine Spielform des Kletterns.Früher sind die Bergsteiger ins Eis gegangen, um für die Nordwände in den Westalpen fit zu werden. Jetzt ist es eine eigene Form geworden.
BZ: Sie durften beim weltbekannten Eisskulpturenfestival in Charbin/China als Allererste auf den riesigen Skulpturen ihre Kletterkünste zeigen ? Wie kam’s dazu?
Papert: Eine Journalistin hatte die Idee. Es folgte ein langwieriger Prozess für die Erlaubnis. Die Chinesen waren erst nicht überzeugt, hatten Angst, ich würde ihre schönen Türme zerstören. Vor allem hatten sie Angst vor einem Unfall, der sie in die Presse bringen würde. Nach über einem Jahr kam endlich die Einladung. Man wollte es aber zuerst anschauen und dann entscheiden. Als ich den ersten Turm bestiegen hatte, klatschten alle in die Hände – ich hatte die Freikarte, alle Skulpturen zu besteigen. Am Schluss wollten sie uns nicht mehr gehen lassen.
BZ: Im Februar 2015? erfüllten Sie sich in Schottland einen Klettertraum. Welchen?
Papert: Eine schwierige Route frei zu klettern. Ich hoffte, ich habe die Nerven, und ja, es gelang. The Hurting stand schon lange auf meiner Wunschliste. Ich liebe die Art und Weise zu klettern, völlig clean, du bist ganz allein für deine Absicherung zuständig – die reinste Form des Kletterns.
BZ: Aber Sie haben auch schon die Risiken erlebt: In Marokko wurden Sie bei einem Sturz verletzt...
Papert: Ein völlig unspektakulärer Sturz, nur die Folgen waren schrecklich. Eine kaputte Schulter ist aber im Nachhinein schnell wieder hergestellt. In Lebensgefahr bewege ich mich eher selten, auf keinen Fall geplant. Das Risiko ist da, und ich habe gelernt, es zu kalkulieren. Das ist wichtiger als jede Lebensversicherung.
BZ: Und ganz ohne Klettern wäre für Sie das Leben – wie... ?
Papert: ...altes trockenes Brot...
BZ: Gibt’s einen "Traumberg", auf dessen Gipfel Sie unbedingt wollen?
Papert: Viele. Einer steht in der Antarktis. Ich hoffe, dass mir im nächsten Winter (dort Sommer) eine Expedition gelingt.
BZ: In Waldkirch zeigen Sie Ihren Vortrag "Neuland". Worauf dürfen sich die Zuhörer freuen ?
Papert: Ich bin mit ausgezeichneten Fotografen und Kameraleuten unterwegs, das macht den Vortrag optisch sehr ansprechend. Von meinen Erzählungen gehen die Zuschauer immer wieder inspiriert nach Hause, mit neuen Ideen im Kopf – das ist auch mein großes Ziel: Den Menschen Mut zu machen, aufzubrechen, jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten. Wenn ich eines nicht akzeptiere, ist es das Wort "aber". Wir lassen uns oft zu viel von äußeren Erwartungen lenken und vergessen darüber hinaus, was unsere wirklichen Träume sind. Wenn der Zuschauer mit neuen Träumen nach Hause geht und diese auch irgendwann schafft, zu realisieren, dann hat es sich für mich gelohnt, nach Waldkirch gekommen zu sein. Ich freue mich sehr auf den Abend.
Dienstag, 16. Juni, 20 Uhr, (Einlass 19.30 Uhr) Stadthalle Waldkirch. Eintritt 10 Euro. Vorverkauf: Badische Zeitung Waldkirch, Buchhandlung Augustiniok Waldkirch, Sporthaus Kiefer Freiburg. Veranstalter ist der Ski-Club Kandel Waldkirch, mit Unterstützung von Sport-Kiefer, Stadtwerke Waldkirch und der Volksbank Breisgau-Nord eG.
von Bernd Fackler
Ines Papert ist eine Spezialistin für schwierige und seltene Routen und außerdem vierfache Weltmeisterin im Eisklettern. BZ-Redakteur Bernd Fackler stellte Ines Papert Fragen zum Klettern.
BZ: Welche drei Eigenschaften sind beim Klettern/Bergsteigen am wichtigsten ?
Papert: Schwierig, das pauschal auszudrücken. Für mich ist es: Die Liebe zu den Bergen, mentale und physische Stärke, aber auch Erfahrung, um das Risiko abschätzen zu können und Zielstrebigkeit.
BZ: Was war bisher der schönste Berg, auf dem Sie schon standen, was die schwierigste Route?
Papert: Mein schönster Berg…, da waren schon so viele, aber der formschönste für mich ist der Eiger. Als wir durch die Nordwand geklettert und dann auf den messerscharfen Grat ausgestiegen sind, hatte ich das Gefühl, es gibt keinen schöneren Fleck auf Erden. Aber auch der Alpamayo zählt zu meinen schönsten Gipfeln. Die schwierigste Route: The Hurting in Schottland, aber das ist nicht wirklich Bergsteigen, sondern eine Route von überschaubarer Länge. Die Durchsteigung der Likhu Chuli 1-Nordwand hat uns alles abverlangt, weil die Bedingungen sehr schwierig waren.
BZ: Von Schnee und Eis und wollten Sie als Kind wenig wissen, als Bergsteigerin sind Sie eine "Spätberufene". Wie kam es dazu, wie war Ihr erstes Klettererlebnis?
Papert: Mein erstes Klettererlebnis war im Eis, ich erinnere mich mit Schrecken: Ein Eisblock fiel mir auf die Nase, Blut überall und kalte Finger. Ich konnte mir damals schwer vorstellen, was daran Spaß machen soll. Aber ich bin ein Mensch, der nicht schnell aufgibt. So ging ich wieder und damit war die Liebe zum Eis entfacht. Es ist so eine Mischung aus Leiden und Leidenschaft. Leiden gehört einfach dazu. Aber wenn Du oben stehst, es geschafft hast, womöglich als erster Mensch, ist der Moment von einer unglaublichen Kraft geprägt.
BZ: Wie bereiten Sie sich vor?
Papert: Ich bin im Berchtesgadener Land zu Hause, nutze jede freie Minute zum Klettern und Berglaufen, auch Gleitschirmfliegen gehört zu meinem Alltagstraining: Mit dem Schirm im Rucksack auf die heimischen Berge zu steigen, ist auch ein gutes Ausdauertraining.
BZ: Sie nehmen gerne die Gefahren und Strapazen des Kletterns auf sich?
Papert: Meine Risikobereitschaft war noch nie besonders hoch, höchstens vielleicht in ganz jungen Jahren. Ich bin schon oft umgekehrt/gescheitert. Das gehört dazu und hat mich eher gestärkt als geschwächt. Ich habe einen starken Kopf, kann stressfrei schwierige Routen klettern, aber ich habe immer im Fokus: Was könnte passieren? Das "könnte" wird einkalkuliert. Da steht oft die Entscheidung: Gehen wir oder gehen wir nicht? Im Zweifel machen wir den Rückzug; meine Kletterpartner sehen’s ähnlich.
BZ: Und wie und wieso kam dann noch die "Spezialdisziplin" Eisklettern dazu?
Papert: Ich war schnell erfolgreich im Weltcup und hatte Spaß, einen Pokal nach dem anderen heimzutragen. Mein Ehrgeiz war enorm und Fleiß wurde hier belohnt. Ich finde es toll, wenn aufgrund körperlicher Kraft auch die mentale Stärke wächst. Und ich liebe die Formen und Farben, die das Eis bildet, die Vergänglichkeit und bin immer wieder beeindruckt, welch schöne Strukturen die Natur imstande ist, zu formen.
BZ: Ist Eisklettern einfach eine Art des Kletterns oder etwas völlig Anderes?
Papert: Es ist für mich eine Spielform des Kletterns.Früher sind die Bergsteiger ins Eis gegangen, um für die Nordwände in den Westalpen fit zu werden. Jetzt ist es eine eigene Form geworden.
BZ: Sie durften beim weltbekannten Eisskulpturenfestival in Charbin/China als Allererste auf den riesigen Skulpturen ihre Kletterkünste zeigen ? Wie kam’s dazu?
Papert: Eine Journalistin hatte die Idee. Es folgte ein langwieriger Prozess für die Erlaubnis. Die Chinesen waren erst nicht überzeugt, hatten Angst, ich würde ihre schönen Türme zerstören. Vor allem hatten sie Angst vor einem Unfall, der sie in die Presse bringen würde. Nach über einem Jahr kam endlich die Einladung. Man wollte es aber zuerst anschauen und dann entscheiden. Als ich den ersten Turm bestiegen hatte, klatschten alle in die Hände – ich hatte die Freikarte, alle Skulpturen zu besteigen. Am Schluss wollten sie uns nicht mehr gehen lassen.
BZ: Im Februar 2015? erfüllten Sie sich in Schottland einen Klettertraum. Welchen?
Papert: Eine schwierige Route frei zu klettern. Ich hoffte, ich habe die Nerven, und ja, es gelang. The Hurting stand schon lange auf meiner Wunschliste. Ich liebe die Art und Weise zu klettern, völlig clean, du bist ganz allein für deine Absicherung zuständig – die reinste Form des Kletterns.
BZ: Aber Sie haben auch schon die Risiken erlebt: In Marokko wurden Sie bei einem Sturz verletzt...
Papert: Ein völlig unspektakulärer Sturz, nur die Folgen waren schrecklich. Eine kaputte Schulter ist aber im Nachhinein schnell wieder hergestellt. In Lebensgefahr bewege ich mich eher selten, auf keinen Fall geplant. Das Risiko ist da, und ich habe gelernt, es zu kalkulieren. Das ist wichtiger als jede Lebensversicherung.
BZ: Und ganz ohne Klettern wäre für Sie das Leben – wie... ?
Papert: ...altes trockenes Brot...
BZ: Gibt’s einen "Traumberg", auf dessen Gipfel Sie unbedingt wollen?
Papert: Viele. Einer steht in der Antarktis. Ich hoffe, dass mir im nächsten Winter (dort Sommer) eine Expedition gelingt.
BZ: In Waldkirch zeigen Sie Ihren Vortrag "Neuland". Worauf dürfen sich die Zuhörer freuen ?
Papert: Ich bin mit ausgezeichneten Fotografen und Kameraleuten unterwegs, das macht den Vortrag optisch sehr ansprechend. Von meinen Erzählungen gehen die Zuschauer immer wieder inspiriert nach Hause, mit neuen Ideen im Kopf – das ist auch mein großes Ziel: Den Menschen Mut zu machen, aufzubrechen, jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten. Wenn ich eines nicht akzeptiere, ist es das Wort "aber". Wir lassen uns oft zu viel von äußeren Erwartungen lenken und vergessen darüber hinaus, was unsere wirklichen Träume sind. Wenn der Zuschauer mit neuen Träumen nach Hause geht und diese auch irgendwann schafft, zu realisieren, dann hat es sich für mich gelohnt, nach Waldkirch gekommen zu sein. Ich freue mich sehr auf den Abend.
Vortrag "Neuland"
Dienstag, 16. Juni, 20 Uhr, (Einlass 19.30 Uhr) Stadthalle Waldkirch. Eintritt 10 Euro. Vorverkauf: Badische Zeitung Waldkirch, Buchhandlung Augustiniok Waldkirch, Sporthaus Kiefer Freiburg. Veranstalter ist der Ski-Club Kandel Waldkirch, mit Unterstützung von Sport-Kiefer, Stadtwerke Waldkirch und der Volksbank Breisgau-Nord eG.
am
Fr, 12. Juni 2015 um 11:10 Uhr