Weg von Protokoll und Kaffeekanne!

Die männlichen Spielregeln im Beruf sind das Thema beim zwölften Frauenwirtschaftstag am 14. Oktober im Emmendinger Rathaus.

EMMENDINGEN. "Erfolg in Sicht" heißt das Thema beim zwölften Frauenwirtschaftstag. Wirklich? "Mehrere tausend Jahre Patriarchat erschweren den Frauen den Zugang zu Führungspositionen", ist Bärbel Rockstroh überzeugt. Dort herrschen männliche Strukturen, die den Frauen keiner beibringe. Statt dessen glänzten sie durch Fleiß. Grundverkehrt, sagt die Referentin beim Frauenwirtschaftstag am 14. Oktober: "Niemand befördert das fleißige Lieschen – wer soll dann die Arbeit machen?" Ihr Mann Sebastian ergänzt: "Wer arbeitet, ist keine Führungskraft." Ein Tipp der beiden lautet also: Hände weg von Protokoll und Kaffeekanne!

Die Fakten

"Der Arbeitsmarkt braucht Frauen, und daran arbeiten wir", sagt Elke Moser von der Arbeitsagentur. Mit Erfolg, findet Robin Derdau von der Wirtschaftsförderung des Landkreises: Von den 39 500 versicherungspflichtig Beschäftigten im Landkreis sind 22 800 Frauen, 4500 von ihnen haben in den vergangenen zehn Jahren Arbeit gefunden – macht 52 Prozent der gesamten Zunahme. Sie stellen allerdings auch 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten (Zahlen vom Landkreis aus 2015) .

Ja, die Beteiligung der Frauen am Erwerbsleben ist gestiegen. Eigentlich logisch nach den Zahlen die Elsa Moser nennt. Frauen bringen eine gute Allgemeinbildung mit (32,5 Prozent der Frauen haben Abitur, aber 26,2 Prozent der Männer), sie sind gut ausgebildet (61,8 Prozent der Frauen haben einen Berufsabschluss, 53,4 Prozent der Männer). Aber unter den Spezialisten und Experten sind sie unterrepräsentiert (10,8 beziehungsweise 9,3 zu 16,5/15,4 Prozent). Dafür ist ihr Anteil in Gesundheitswesen, Einzelhandel und im Bereich Erziehung hoch. "Frauen führen Menschen zum Erfolg", sagt Moser, "diese Fähigkeit für sich selbst zu nutzen, müssen sie lernen."

Das Thema

Aber es sind nicht nur Fleiß oder das klassische Beliebtseinwollen, das Frauen in die Falle tappen lässt und das Rockstroh als "weibliches Sabotageprogramm" bezeichnet. "Das patriarchalisch-hierarchische System ist das Gegenteil von dem, was Frauen gewohnt sind zu leben", sagt Sebastian Rockstroh, der Tipps geben will, wie sich Frauen ihren Platz erobern können. Verhaltensmuster, wie er sie beim Militär und im Großkonzern erlebt hat, wie sie jeder Junge in seiner Clique mitkriegt. Dazu gehört, dass Männer gewohnt sind, auf Statussymbole Wert zu legen, Frauen eher Understatement leben und im Betrieb so auftreten – dabei könne sich schon die Investition in ein prestigeträchtiges Auto lohnen. Ein Klischee? Das aber noch zu funktionieren scheint, wie die beiden an einem Beispiel erläutern – zumal Bärbel Rockstroh eine Art Rückfall diagnostiziert: Top-Model-Shows und blaue und rosa Chips (!) geben die Linie vor. Karrierefördernd ist das nicht.

Das Angebot

Was der Frauenwirtschaftstag dazu beiträgt, fasst Petra Mörder, Wirtschaftsförderin der Stadt, kurz zusammen. Im Zentrum steht der Vortrag von Bärbel und Sebastian Rockstroh "Erfolg in Sicht – Frauen und Karriere". Zudem gibt es wieder Beratung an Informationsständen von zehn verschiedenen Kooperationspartnern, von der Agentur für Arbeit über die Rentenversicherung und die Volkshochschulen bis hin zur Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises. Erstmals dabei ist das Jobcenter des Landkreises. Für Kinder von drei bis zehn Jahren wird eine kostenlose Kinderbetreuung angeboten, für die die Kinder angemeldet werden müssen – und das bald: Es gibt nur zehn Plätze. Für das Informations- und Vortragsprogramm ist keine Anmeldung erforderlich und für alle Angebote gilt: Sie sind kostenlos.

Guter Rat ist hier also nicht teuer. Dennoch: "Bei Ausbildung und Weiterbildung stehen Frauen an erster Stelle, aber in der Führungsspitze oder auch nur dem, was ihre berufliche Qualifikation entspricht, finden sich die wenigsten", ergänzt Christiane Weinmann-Eichenbaum von der Volkshochschule Nördlicher Kaiserstuhl. Hier – wie auch bei der Volkshochschule Nördlicher Breisgau – sind die Frauen die Hauptkunden. In Kursen holen sie sich Informationen in Rhetorik, Stimmbildung, für den Wiedereinstieg in den Beruf oder in die Selbständigkeit – bis hin zum Einzelcoaching. Auch beim Regionalbüro für berufliche Fortbildung sind es überwiegend Frauen, die sich informieren, bestätigt Andreas Gäßler. Fehlt nur noch die richtige berufliche Position.
von Sylvia-Karina Jahn
am Mi, 28. September 2016

Frauenwirtschaftstag

"Erfolg in Sicht", Frauenwirtschaftstag am 14. Oktober von 13.30 bis 17 Uhr im Rathaus Emmendingen; Eintritt frei. 14 Uhr Begrüßung durch Oberbürgermeister Stefan Schlatterer und SPD-Landtagsabgeordnete Sabine Wölfle. 14.20 Uhr "Erfolg in Sicht", Vortrag mit Bärbel und Sebastian Rockstroh, 16 Uhr Teil 2. Ab 13.30 Uhr Infostände: Agentur für Arbeit, Deutsche Rentenversicherung, Gewerbeakademie, IHK-Bildungszentrum, Jobcenter des Landkreises, Regionalbüro für berufliche Fortbildung, Volksbank Breisgau Nord, die Volkshochschulen Nördlicher Breisgau und Kaiserstuhl, Wirtschaftsförderung des Landkreises. Kinderbetreuung für Drei- bis Zehnjährige (nur hierfür Anmeldung bis 7. Oktober, Tel. 07641/452-330).  

Autor: ja

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