Interview mit Jugendwart
Wie Kinder am besten das Mountainbiken lernen
Der Sonntag: Herr Breitwieser, was muss man bei der ersten Fahrt beachten?
Dass die Ausrüstung passt. Man braucht ein funktionstüchtiges Mountainbike, einen Helm, geeignete Schuhe, Handschuhe und im Idealfall auch Schoner. Auch eine Brille ist etwas, auf das ich Wert lege. Denn im Gelände hängen mal Äste, da fliegen Steine, spritzt Matsch. Und: Wenn man mit Kindern unterwegs ist, sollte man darauf achten, dass sie gesund und fit sind, gegessen und getrunken haben.
Der Sonntag: Ab welchem Alter sind die Freiburger Flohtrails befahrbar?
Das ist sehr individuell, weil auch die Kinder ganz unterschiedlich sind. Die Jüngsten, die ich bisher dort gesehen habe, sind Kinder von Kumpels und um die Fünf. Grundsätzlich sollte das Befahren der Trails ab dem Grundschulalter möglich sein.
Der Sonntag: Welche Verhaltensregeln gibt es auf den Flohtrails?
Die Trails sind keine abgesperrten Rennstrecken, auf denen man seine Bestzeiten jagen muss. Das gilt insbesondere für die Flohtrails, weil sie ganz bewusst Übungsgelände sind. Auf denen sind auch Kindergruppen unterwegs und man muss mit langsameren Fahrern und mit Fußgängern rechnen – und damit, dass Kinder vor einem stehen. Ansonsten: Sperrungen der Trail-Crew müssen beachtetet werden und wie bei jedem Outdoorsport die Witterungseinflüsse.
Der Sonntag: Was sollten die Kinder schon geübt haben?
Es reicht, wenn die beiden Bremsen beherrscht werden und die Kinder im Gelände schon einmal unterwegs waren. Aber das wichtigste Kriterium ist, dass sie das Tempo verzögern können. Denn man sieht oft, dass sie mit der Hand komplett den Lenker umschließen und den Bremshebel nicht in der Hand haben. Das kann gefährlich werden. Aber wenn das Bremsen beherrscht wird, kann nicht viel passieren. Ansonsten sind die Trails so gebaut, dass gerade die leichte Linie auch von kleinen Kindern befahren werden kann.
Der Sonntag: Sollen die Kinder eine solche Strecke erst selbst ausprobieren oder macht man es vor?
Gerade Einsteiger sollte man in jedem Fall begleiten. Die leichte Strecke bietet die Möglichkeit, die Kinder auch mal fahren zu lassen, da es ein Raum ist, den man gut überblicken kann. Dort können sie auch alleine losziehen, wenn die Eltern zum Beispiel in der Mitte stehen, überwachen und im Bedarfsfall da sind. Und: Gerade die Kleinen sollte man schon im Vorfeld schulen, was passiert, wenn man mal hinfällt oder der Freund stürzt. Erwachsene sollten Ahnung vom Notfallmanagement haben: Was ist, wenn jemand stürzt und sogar schwerer verletzt ist? Wie läuft eine Rettungskette ab, was kann ich als Erste-Hilfe-Maßnahme machen?
Der Sonntag: Und wenn das Kind stürzt, aber nicht verletzt ist? Lässt man es gleich nochmal aufsitzen?
Das ist abhängig vom Gemüt des Kindes. Grundsätzlich gilt, dass in 99 Prozent der Fälle nichts Schlimmes passiert. Dann kann man sagen: Boah, jetzt hast du aber einen Sturz hingelegt, das sah spektakulär aus. Dann sind die Kinder eher stolz und bekommen keine Angst. Dann bespricht man kurz: Warum glaubst du, bist du gefallen? Was kannst du machen, damit das beim nächsten Mal nicht passiert? Bestehen keine Verletzungen, kann man das gerne nochmal probieren.
Der Sonntag: Welche Tipps haben Sie für ängstlichere Kids auf Lager?
Schritt für Schritt vorgehen und Selbstbewusstsein aufbauen durch passende Übungen, bei denen ich ganz spielerisch vorgehe. So können die Kinder sich als erfolgreich erleben und merken: Okay, ich kann das. Wichtig ist die Hilfestellung und dass man gemeinsam unterwegs ist, so dass das Kind weiß: Selbst wenn ich hier die Kontrolle verliere, steht entweder Papa, Mama oder der Trainer da und kann mich noch festhalten.
Zwei Übungstrails bei Freiburg mit je 300 Metern (40 Metern Gefälle) beinhalten Kurven, Spitzkehren, Drops und Sprünge in verschiedenen Schwierigkeitsstufen; linker Trail (von oben) schwieriger, rechter einfacher, Variationen möglich;
Anfahrt: Waldspielplatz Ochsengespann (Todtnauerweg-Diagonalweg-Oberer Abfuhrweg) oder Jugendherberge (Oberer Abfuhrweg), circa 1 Kilometer, 100 Höhenmeter.
Verein: Mountainbike Freiburg wurde 2011 gegründet, um den Fortbestand des Borderline-Trails zu sichern und mit Stadt und Forstamt durch Streckenangebote für Mountainbiker ein sicheres und friedliches Nebeneinander aller Waldbenutzer zu fördern. Aus der Zusammenarbeit gingen sieben weitere Trails in Freiburg hervor. Der Verein hat 2300 Mitglieder. Etwa 25 Trainer betreuen etwa 100 Kinder;
mehr.bz/mtbfr
Der Sonntag: Was, wenn mein Kind eher ein Draufgänger ist?
Dann sollte man sich gemeinsam Gedanken machen, was die Konsequenz sein könnte, wenn mal was schiefgeht. Man sollte sich ganz bewusst gefährlichere Stellen anschauen, diese besprechen, das erste Mal und auch das dritte Mal gemeinsam bewältigen mit Hilfestellung. Sobald man merkt, das liegt jetzt wieder im Komfortbereich des Kinds, kann man es alleine ziehen lassen. Insgesamt gilt aber, dass die Kinder erstaunlich vernünftig sind.
Der Sonntag: Warum ist Mountainbiken für Kinder gut?
Mountainbiken ist eine coole Sportart, die Lust macht, rauszugehen. Die Bewegung an der frischen Luft ist das Wichtigste. Es ist eine der wenigen Sportarten, die auch als Individualsport betrieben werden kann. Andererseits hat man eine große Community, der man sich anschließen kann, und man lernt Gleichgesinnte kennen, woraus dann Freundschaften entstehen. Es ist kein Risikosport, aber beinhaltet gewisse Gefahren. Wenn man diese meistern kann, baut das Selbstvertrauen auf. Eben nicht nur auf dem Sofa liegen, sondern man geht öfter aus der Komfortzone raus. Daran wächst man.
Dass die Ausrüstung passt. Man braucht ein funktionstüchtiges Mountainbike, einen Helm, geeignete Schuhe, Handschuhe und im Idealfall auch Schoner. Auch eine Brille ist etwas, auf das ich Wert lege. Denn im Gelände hängen mal Äste, da fliegen Steine, spritzt Matsch. Und: Wenn man mit Kindern unterwegs ist, sollte man darauf achten, dass sie gesund und fit sind, gegessen und getrunken haben.
Der Sonntag: Ab welchem Alter sind die Freiburger Flohtrails befahrbar?
Das ist sehr individuell, weil auch die Kinder ganz unterschiedlich sind. Die Jüngsten, die ich bisher dort gesehen habe, sind Kinder von Kumpels und um die Fünf. Grundsätzlich sollte das Befahren der Trails ab dem Grundschulalter möglich sein.
Der Sonntag: Welche Verhaltensregeln gibt es auf den Flohtrails?
Die Trails sind keine abgesperrten Rennstrecken, auf denen man seine Bestzeiten jagen muss. Das gilt insbesondere für die Flohtrails, weil sie ganz bewusst Übungsgelände sind. Auf denen sind auch Kindergruppen unterwegs und man muss mit langsameren Fahrern und mit Fußgängern rechnen – und damit, dass Kinder vor einem stehen. Ansonsten: Sperrungen der Trail-Crew müssen beachtetet werden und wie bei jedem Outdoorsport die Witterungseinflüsse.
Der Sonntag: Was sollten die Kinder schon geübt haben?
Es reicht, wenn die beiden Bremsen beherrscht werden und die Kinder im Gelände schon einmal unterwegs waren. Aber das wichtigste Kriterium ist, dass sie das Tempo verzögern können. Denn man sieht oft, dass sie mit der Hand komplett den Lenker umschließen und den Bremshebel nicht in der Hand haben. Das kann gefährlich werden. Aber wenn das Bremsen beherrscht wird, kann nicht viel passieren. Ansonsten sind die Trails so gebaut, dass gerade die leichte Linie auch von kleinen Kindern befahren werden kann.
Der Sonntag: Sollen die Kinder eine solche Strecke erst selbst ausprobieren oder macht man es vor?
Gerade Einsteiger sollte man in jedem Fall begleiten. Die leichte Strecke bietet die Möglichkeit, die Kinder auch mal fahren zu lassen, da es ein Raum ist, den man gut überblicken kann. Dort können sie auch alleine losziehen, wenn die Eltern zum Beispiel in der Mitte stehen, überwachen und im Bedarfsfall da sind. Und: Gerade die Kleinen sollte man schon im Vorfeld schulen, was passiert, wenn man mal hinfällt oder der Freund stürzt. Erwachsene sollten Ahnung vom Notfallmanagement haben: Was ist, wenn jemand stürzt und sogar schwerer verletzt ist? Wie läuft eine Rettungskette ab, was kann ich als Erste-Hilfe-Maßnahme machen?
Der Sonntag: Und wenn das Kind stürzt, aber nicht verletzt ist? Lässt man es gleich nochmal aufsitzen?
Das ist abhängig vom Gemüt des Kindes. Grundsätzlich gilt, dass in 99 Prozent der Fälle nichts Schlimmes passiert. Dann kann man sagen: Boah, jetzt hast du aber einen Sturz hingelegt, das sah spektakulär aus. Dann sind die Kinder eher stolz und bekommen keine Angst. Dann bespricht man kurz: Warum glaubst du, bist du gefallen? Was kannst du machen, damit das beim nächsten Mal nicht passiert? Bestehen keine Verletzungen, kann man das gerne nochmal probieren.
Der Sonntag: Welche Tipps haben Sie für ängstlichere Kids auf Lager?
Schritt für Schritt vorgehen und Selbstbewusstsein aufbauen durch passende Übungen, bei denen ich ganz spielerisch vorgehe. So können die Kinder sich als erfolgreich erleben und merken: Okay, ich kann das. Wichtig ist die Hilfestellung und dass man gemeinsam unterwegs ist, so dass das Kind weiß: Selbst wenn ich hier die Kontrolle verliere, steht entweder Papa, Mama oder der Trainer da und kann mich noch festhalten.
Die Flohtrails:
Zwei Übungstrails bei Freiburg mit je 300 Metern (40 Metern Gefälle) beinhalten Kurven, Spitzkehren, Drops und Sprünge in verschiedenen Schwierigkeitsstufen; linker Trail (von oben) schwieriger, rechter einfacher, Variationen möglich;
Anfahrt: Waldspielplatz Ochsengespann (Todtnauerweg-Diagonalweg-Oberer Abfuhrweg) oder Jugendherberge (Oberer Abfuhrweg), circa 1 Kilometer, 100 Höhenmeter.
Verein: Mountainbike Freiburg wurde 2011 gegründet, um den Fortbestand des Borderline-Trails zu sichern und mit Stadt und Forstamt durch Streckenangebote für Mountainbiker ein sicheres und friedliches Nebeneinander aller Waldbenutzer zu fördern. Aus der Zusammenarbeit gingen sieben weitere Trails in Freiburg hervor. Der Verein hat 2300 Mitglieder. Etwa 25 Trainer betreuen etwa 100 Kinder;
mehr.bz/mtbfr
Der Sonntag: Was, wenn mein Kind eher ein Draufgänger ist?
Dann sollte man sich gemeinsam Gedanken machen, was die Konsequenz sein könnte, wenn mal was schiefgeht. Man sollte sich ganz bewusst gefährlichere Stellen anschauen, diese besprechen, das erste Mal und auch das dritte Mal gemeinsam bewältigen mit Hilfestellung. Sobald man merkt, das liegt jetzt wieder im Komfortbereich des Kinds, kann man es alleine ziehen lassen. Insgesamt gilt aber, dass die Kinder erstaunlich vernünftig sind.
Der Sonntag: Warum ist Mountainbiken für Kinder gut?
Mountainbiken ist eine coole Sportart, die Lust macht, rauszugehen. Die Bewegung an der frischen Luft ist das Wichtigste. Es ist eine der wenigen Sportarten, die auch als Individualsport betrieben werden kann. Andererseits hat man eine große Community, der man sich anschließen kann, und man lernt Gleichgesinnte kennen, woraus dann Freundschaften entstehen. Es ist kein Risikosport, aber beinhaltet gewisse Gefahren. Wenn man diese meistern kann, baut das Selbstvertrauen auf. Eben nicht nur auf dem Sofa liegen, sondern man geht öfter aus der Komfortzone raus. Daran wächst man.
Zur Person: Jakob Breitwieser (30) ist Grundschullehrer, verlobt und lebt in Freiburg. Seit acht Jahren leitet der ausgebildete Guide und Fahrtechniktrainer mit zwei weiteren Mitgliedern die Jugendgruppen des Mountainbike Freiburg e. V.
von anfe
am
So, 12. September 2021 um 07:00 Uhr