Wilder Schwarzwald

Eine Wanderung auf dem Alpinen Pfad am Feldberg

Die wilde Seite des Schwarzwalds: Mit Kindern unterwegs auf dem Alpinen Pfad am Feldberg .

Um die in die Jahre gekommenen Sprösslinge zum Wandern zu locken, braucht es mittlerweile weit mehr als eine Flasche Spezi beim Päuschen im Gasthaus. Und so rümpfen der elf- und der 17-Jährige auch prompt die Nasen bei der Aussicht, einen Nachmittag opfern zu müssen. "Och nö, wie laaangweilig", jammert der eine, "will lieber chillen", der andere. Doch so schnell gebe ich nicht auf, erzähle von einer Tour, die schon ein halber Klettersteig sei und so wild, wie es im Schwarzwald kaum eine andere gibt – ob sie ihn wohl schaffen würden, den Alpinen Pfad am Feldberg?

Begeisterung sieht anders aus, aber da ist es, das Fünkchen Neugierde, das in ihren Augen glimmt. "Aber locker", schnauft der eine. "Okay, machen wir die Socken scharf", sagt der andere – und los geht’s über Oberried zur Erlenbacher Hütte. Auf 1100 Meter Höhe steigen wir aus, saugen die frische Luft tief ein (ich), seufzen resigniert (die Jungs) und laufen los.

Der Anfang ist zäh. Ein breiter Feldweg führt die Buckelflanke entlang, kilometerweit sieht man, wo man später gehen wird. Prompt fängt der Jüngere an zu murren. Das geht kurz darauf in Mosern über, als wir unterhalb des 1321 Meter hohen Toten Mann nicht weiter gehen können, sondern wegen Holzfällerarbeiten über den Berg müssen. Nicht einmal der tolle Blick zum Schauinsland und zum Feldberg hinüber, der sich immer mehr ins Spiel bringt, können die Laune des Elfjährigen heben.

Wir gehen die große Wiese zum Hüttenwasen hinunter, wo rechts ein schmaler Weg zur gleichnamigen Hütte am Waldesrand führt. Vesperpause. Allmählich heben sich Blutzuckerspiegel und Laune und gestärkt wagen wir uns nun an den Alpinen Pfad. Doch den müssen wir erst suchen. Dazu überqueren wir den Bach, dann geht es ein paar Schritte talwärts, ehe ein unscheinbarer, schmaler Weg unbeschildert nach links abbiegt. Einige Minuten später taucht sie auf, die Tafel, die vor einer "gefährlichen Wegstrecke" warnt, begehbar nur "auf eigene Gefahr".

Ab jetzt erwartet uns Schwarzwald vom Feinsten. Der schmale Pfad führt durch felsiges, abschüssiges Gelände. Fast sieht es aus, als hätte der riesige, launische Berggeist Rübezahl sich in den Schwarzwald verirrt, massenhaft Bäume ausgerissen und über den Pfad geworfen, hier und da Steinblöcke in den Weg gerollt.

Doch es war die Natur selbst, die dort im besten Sinn gewütet und für einen besonderen alpinen Parcours gesorgt hat: Seit gut vier Jahrzehnten ist dieser Teil der schwer zugänglichen, steilen Westabstürze des Feldbergs sich selbst überlassen. Die Forstverwaltung hat den Weg aufgegeben, damit sich die Natur ungehindert entfalten kann und auch vom Schwarzwaldverein wird er nicht mehr ausgeschildert – das macht ihn zum besonderen, mittlerweile nicht mehr ganz so geheimen Tipp für Wanderer.

Konzentriertes Schweigen. Jeder ist mit Gehen und Klettern beschäftigt, der Blick klebt auf dem oft zugewucherten Weg. Aber welcher Weg? Beim Blick zurück können wir oft kaum erkennen, wo wir zuvor gegangen sind. "Viel Spaß beim Sterben", feixt der Kleine, als sich der große Bruder als Vorhut an einen gut zweieinhalb Meter hohen Felsabstieg macht, gesichert durch ein Seil – sicher ist anders. Immer wieder stoppen wir an Guckfelsen – nicht zu weit vorwagen! – und bestaunen den Ausblick ins tief unten liegende Wilhelmer Tal.

Viele Wurzeln, Baumstämme, Geröllschneisen weiter und einige Wasserläufe später kommen wir an einer ganzen Armee von Baumgerippen vorbei, die wie große weiße Riesenzahnstocher den blauen Himmel aufzuspießen scheinen. "Ist schon cool hier", gibt nun der Große zu, während der Junior erschöpft nach dem früheren Ausstieg verlangt. Der führt uns nach rund zwei der insgesamt etwa dreieinhalb Kilometer direkt zur Wilhelmer Hütte und der wohlverdienten Pause.

Von dort ist der Rückweg auf normalen Wegen nur noch ein Klacks, stellen die Jungs fest.

Weitere Infos: Alpiner Pfad, von der Erlenbacher Hütte aus über den Einstieg kurz unterhalb der Schutzhütte am Hüttenwasen, Ausstieg Wilhelmer Hütte, zurück auf beschildertem Weg (gelbe Raute) über den Hüttenwasen zur Erlenbacher Hütte, etwa 12 Kilometer Gesamtlänge, gutes Schuhwerk und echte Trittsicherheit erforderlich, nur bei trockener und schneefreier Witterung empfohlen!
von Anita Fertl
am Fr, 14. Oktober 2016

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