Kunst
Arbeiten von Max Pechstein im Kunstmuseum Reutlingen
"Morgens um 5 waren wir da, schönes Wetter, die Insel lag im Sonnenschein vor uns, sehr heiß", notierte Lotte Pechstein am 21. Juni 1914 in ihr Tagebuch. Sechs Wochen zuvor war sie mit ihrem Mann, dem Maler Max Pechstein, in Berlin aufgebrochen. Die beiden hatten den Zug nach Genua genommen, waren von dort mit dem Schiff über Colombo und Hongkong in die Südsee gereist und standen jetzt am Strand von Angaur, der südlichsten Palau-Insel und Ziel ihres lang gehegten Wunsches, "allem Gezwungenen und Kultivierten" zu entfliehen.
Das Paradies, das sie in der deutschen Kolonie vorzufinden hofften, hatte allerdings längst Risse bekommen – die schleichende Europäisierung und der massive Phosphatabbau prägten Kultur und Landschaft sichtbar.
Dass Max Pechstein dafür keine Augen hatte, mag viele Gründe gehabt haben – einer war sicher der Deal mit seinem Berliner Kunsthändler Wolfgang Gurlitt, der diese Reise mit einem satten Vorschuss überhaupt erst ermöglicht hatte. Pechstein revanchierte sich mit exotischen Bildern aus einem Paradies, die mit der Realität zwar nur wenig zu tun hatten, dafür aber umso mehr mit den Sehnsüchten, der Verblendung und Anmaßung weiter Teile auch der Kulturszene der jungen Kolonialmacht. Bis zum Lebensende ließen Pechstein seine Eindrücke aus Palau nicht los.
Eine packende Ausstellung in Reutlingen – entstanden in Zusammenarbeit mit dem Zwickauer Max Pechstein Museum – folgt dem Paar nun auf Schritt und Tritt durch die Südsee. Im Zentrum der Schau stehen neben zeitgenössischen Fotos, palauischen Alltagsobjekten sowie Zeichnungen und Gemälden des Expressionisten die bislang unveröffentlichten Tagebücher Lotte Pechsteins. Sie erzählen die andere, weniger romantische, von Hitze, Einsamkeit und Fremdheitsgefühlen geprägte Geschichte dieser Reise: "Max hat es schön, er kann gehen, wann und wo er will, ich immer allein und er hat oft schlechte Laune", schreibt sie. Und kurz darauf, als sie die Inseln wegen Ausbruch des Ersten Weltkriegs verlassen müssen: "Froh bald fort zu kommen".
Termine: Städtisches Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen. Di bis Sa 11–17, Do 11–19, So 11–18 Uhr. 29. Oktober bis 22. Januar 2017 von Dietrich Roeschmann
Das Paradies, das sie in der deutschen Kolonie vorzufinden hofften, hatte allerdings längst Risse bekommen – die schleichende Europäisierung und der massive Phosphatabbau prägten Kultur und Landschaft sichtbar.
Dass Max Pechstein dafür keine Augen hatte, mag viele Gründe gehabt haben – einer war sicher der Deal mit seinem Berliner Kunsthändler Wolfgang Gurlitt, der diese Reise mit einem satten Vorschuss überhaupt erst ermöglicht hatte. Pechstein revanchierte sich mit exotischen Bildern aus einem Paradies, die mit der Realität zwar nur wenig zu tun hatten, dafür aber umso mehr mit den Sehnsüchten, der Verblendung und Anmaßung weiter Teile auch der Kulturszene der jungen Kolonialmacht. Bis zum Lebensende ließen Pechstein seine Eindrücke aus Palau nicht los.
Eine packende Ausstellung in Reutlingen – entstanden in Zusammenarbeit mit dem Zwickauer Max Pechstein Museum – folgt dem Paar nun auf Schritt und Tritt durch die Südsee. Im Zentrum der Schau stehen neben zeitgenössischen Fotos, palauischen Alltagsobjekten sowie Zeichnungen und Gemälden des Expressionisten die bislang unveröffentlichten Tagebücher Lotte Pechsteins. Sie erzählen die andere, weniger romantische, von Hitze, Einsamkeit und Fremdheitsgefühlen geprägte Geschichte dieser Reise: "Max hat es schön, er kann gehen, wann und wo er will, ich immer allein und er hat oft schlechte Laune", schreibt sie. Und kurz darauf, als sie die Inseln wegen Ausbruch des Ersten Weltkriegs verlassen müssen: "Froh bald fort zu kommen".
Termine: Städtisches Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen. Di bis Sa 11–17, Do 11–19, So 11–18 Uhr. 29. Oktober bis 22. Januar 2017 von Dietrich Roeschmann
am
Fr, 28. Oktober 2016