Auf Fürstenspuren durchs unbekannte Ländle

Schlösser, Burgen, Residenzstädtchen, Fachwerkdörfer und ein berühmtes Schwein: In Hohenlohe verbindet ein Radweg viele Sehenswürdigkeiten.

S eine Durchlaucht ist noch recht neu im Geschäft, Verzeihung: in fürstlichem Amt und Würden. Philipp zu Hohenlohe-Langenburg hat mit dem Tod seines Vaters vor einem Vierteljahr die Nachfolge auf Schloss Langenburg angetreten und neben dem prächtigen Renaissance-Bau, einem Automuseum, 2000 Hektar Wald die mit der Bewahrung des fürstlichen Erbes verbundenen Lasten und Pflichten geerbt. Die sind nicht gering - und damit steht er in Hohenlohe, dem wenig bekannten Nordosten von Baden-Württemberg "hinter" Stuttgart, auch nicht alleine. Denn die Fürsten von Hohenlohe haben weniger Kriege und Schlachten geliebt als vielmehr Erbteilungen und damit ihrem Land nicht nur zehn fürstliche "Linien", sondern auch zahlreiche Burgen, Schlösser und malerische Residenzstädtchen beschert - genug für jede Menge Entdeckungen am Wochenende oder beim Urlaub in heimischen Gefilden.

Sechs der einstmals zehn fürstlichen Linien bestehen noch; zwei sind evangelisch, vier katholisch. Von Napoleon wurden die Hohenloher zugunsten eines württembergischen Königs ihrer Territorien beraubt - weshalb auch der Nicht-Adlige die Schwaben etwa so liebt wie der Badener. Bis in die Gegenwart hinein mussten die Fürsten Teile ihres Besitzes versilbern, um wenigstens die eigentlichen Familiensitze zu erhalten: Philipps Vater etwa in den 60er-Jahren das Schloss Weikersheim an das Land, um nach einem verheerenden Brand den Wiederaufbau des Stammschlosses Langenburg zu finanzieren. Die Tourismus-Region Hohenlohe hat dadurch doppelt gewonnen: Weikersheim mit seiner einzigartigen Ausstattung ist öffentlich zugänglich, und die Langenburg mit ihrem Schloss-Museum plus Automuseum auch. Doch Fürst Philipp denkt weiter und will den Renaissance-Innenhof öffnen: für Firmen-Events ebenso wie für kulturelle Veranstaltungen.

In Bächlingen an der Jagst unterhalb der Burg geht es bescheidener zu. Hier klappert die Mosesmühle der Familie Ziegler, die nicht nur ein kleines, aber feines Landgasthaus betreibt, sondern auch ein Bilderbuch-Exemplar von Hohenloher Bauerngarten pflegt. Einen Steinwurf weit entfernt predigte in der Kirche der Pfarrer Rudolf Schlauch und beschrieb im Pfarrhaus Hohenlohe als "einen ausgesparten Winkel im beginnenden Atomzeitalter". Seinen Sohn nannte er nach einem in der Kirche begrabenen Ritter Rezzo. Hier in Bächlingen wird einem klar, warum ein junger Mann, der in diesem Winkel aufgewachsen ist, zu den Grünen stoßen musste.

In Neuenstein, im gleichnamigen Renaissance-Schloss - "unser Zweifamilienhaus" - ist Fürst Kraft zu Hohenlohe-Öhringen zu Hause. Und nicht nur er, sondern auch das Zentralarchiv aller Hohenloher und ein interessantes Schlossmuseum. Die Öhringer scheinen zur Genießerfraktion der Familie zu gehören, wie ein Besuch des Weinkellers in Öhringen belegt, wo man des Fürsten Verrenberger Weine kosten und kaufen kann. Und das Fünf-Sterne-Schlosshotel Friedrichsruhe liegt nicht weit. Hier kocht Lothar Eiermann mit 17 Kollegen. Zu kulinarischem Ruhm indessen gelangte auch ein Vierbeiner aus Hohenlohe: das hällische Schwein, eine alte tradionelle und wohlschmeckende Rasse, deren Schinken sich trefflich in der Jagstmühle von Heimshausen kosten lässt. Katholisch geht es beim Fürsten Ferdinand zu Hohenlohe-Bartenstein zu. Zu dessen barockem Schloss gehört eine ungewöhnliche Barockkirche, die nicht durch falschen Marmor prahlt, sondern deren Inneneinrichtung in gutem hohenlohischen Nussbaum naturbelassen ist. Ins Schloss selbst hat sich der Fürst einen Untermieter geholt, den Schweizer Künstler Martin Schwarz, der mit seiner Galerie für die reizvolle Kombination von barocker Pracht und moderner Kunst sorgt.

Überhaupt: An Kunst und Kultur hat Hohenlohe einiges zu bieten, den Hohenloher Kultursommer etwa mit Fest-und Freilichtspielen allerorten. Einen modernen, gar nicht adligen Mäzen hat die Region mit dem Fabrikanten Würth ebenfalls. Der Name Würth steht nicht nur für Schrauben, sondern auch für Open-Air-Konzerte in Gaisbach und vor allem für die neue Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall. Vom benachbarten Dach des Sudhauses hat man einen fantastischen Blick über den Kocher hinweg auf die Altstadt, die Kirche St. Michael und den "Neubau".

In Gegenrichtung vermag der Marktplatz mit seiner 53-stufigen Freitreppe, den Barock- und Renaissancefassaden selbst einem Freiburger, für den sein Münsterplatz das Maß aller Plätze ist, ein leises "Oh!" entlocken. Und nicht nur der kunst- und geschichtsinteressierte, auch der radelnde Südbadener kommt an Jagst und Kocher auf seine Kosten: dank des 344 Kilometer langen Radwegs entlang beider Flüsse, der alle interessanten Orte ohne allzu heftige Steigung miteinander verbindet.

Rolf Müller

Hohenlohe: Infos bei der Touristikgemeinschaft Neckar-Hohenlohe-Schwäbischer Wald, Am Markt 9, 74501 Schwäbisch-Hall, [TEL] 0791/751385 und im Internet unter http://www.schwaebischhall-touristik.de

Fotos: Roland Schweizer (Touristikgemeinschaft Neckar-Hohenlohe-Schwäbischer Wald)/Ulrike Hiller

am Fr, 18. Juni 2004

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