Befreundete Seelen
Das Leben ist zu Ende, wenn sie dich aus der Wohnung tragen. So denkt Ruth (Hannelore Elsner), die, ohne große Reichtümer zu erzielen, in einer kleinen Werkstatt Saiteninstrumente repariert. Ein Beruf, den sie vom Vater geerbt hat. Eigentlich aber, in einem jungen und noch hoffnungsfrohen Leben, war sie Cabaret-Sängerin und sang jiddische Lieder über Liebe, Schmerz und Vergänglichkeit. Bis sie bei einem Konzert auf den Mann traf, den sie für den Tod ihrer Eltern in Auschwitz verantwortlich machte. Seine Reue sah sie als Heuchelei und erstach ihn.
Nach acht Jahren Gefängnis war sie eine andere Frau. Die Ereignisse ihrer Kindheit, als sie die Mutter mit dem Satz "Du sollst leben" vom Deportations-LKW warf, suchen sie immer noch heim. Dazu kommt die Erkenntnis, dass ein Leben als Jüdin nach dem Krieg, zumal im Land der Täter, keinen rosaroten Rand hat. Tiefer Schlaf ist ihr Feind, weswegen sich in ihrer Wohnung auch kein Bett befindet. Ein bequemer Sessel reicht. Jonas (Max Riemelt), Gelegenheitsmöbelpacker, ist eher eine Zufallsbekanntschaft. Als sie aus Werkstatt und Wohnung vertrieben wird, will sie ihrem Leben ein Ende setzen. Das kann Jonas, selbst MS-krank und verzweifelt, gerade noch verhindern. Als sein Auto, das ihm auch als Wohnung dient, gestohlen wird, zieht er kurzerhand zu ihr in ihre hässliche Sozialwohnung.
"Auf das Leben!" ist kein banaler Toast – und Uwe Jansons Film weit entfernt vom Stereotyp. Die Harold-und-Maude-Thematik, junger Mann und alte Frau, wird untertourig ausgespielt, viel mehr Wert legt der Film auf spitze Dialoge, scharfe Kritik an der Ignoranz der Menschen und die Möglichkeit der Rettung. Produzentin Alice Brauner, die Tochter des Filmproduzenten Artur Brauner, führt hier das große Thema ihres Vaters mit familiärer Hilfe fort. Ihre Cousine Sharon Brauner spielt die junge Ruth vor allem in den Gesangsszenen der Rückblenden großartig. Die Traumata des Faschismus, so die Aussage des Films, sind keine Relikte einer vergangenen Zeit. Wenn Hannelore Elsner das Wort Jude in die Welt brüllt, immer wieder, reicht das, um Gänsehaut zu verursachen. Und im Zusammenspiel mit Max Riemelt bleibt der Film radikal gegenwärtig. Janson erzählt von einer ungewöhnlichen Freundschaft, voller Sanftheit und Verständnis, und das starke Ensemble macht die mitunter fehlende erzählerische Tiefe seines Films wett.
– "Auf das Leben!" von Uwe Janson läuft in Freiburg und Lörrach. (Ab 12) von Ulrich Sonnenschein
Nach acht Jahren Gefängnis war sie eine andere Frau. Die Ereignisse ihrer Kindheit, als sie die Mutter mit dem Satz "Du sollst leben" vom Deportations-LKW warf, suchen sie immer noch heim. Dazu kommt die Erkenntnis, dass ein Leben als Jüdin nach dem Krieg, zumal im Land der Täter, keinen rosaroten Rand hat. Tiefer Schlaf ist ihr Feind, weswegen sich in ihrer Wohnung auch kein Bett befindet. Ein bequemer Sessel reicht. Jonas (Max Riemelt), Gelegenheitsmöbelpacker, ist eher eine Zufallsbekanntschaft. Als sie aus Werkstatt und Wohnung vertrieben wird, will sie ihrem Leben ein Ende setzen. Das kann Jonas, selbst MS-krank und verzweifelt, gerade noch verhindern. Als sein Auto, das ihm auch als Wohnung dient, gestohlen wird, zieht er kurzerhand zu ihr in ihre hässliche Sozialwohnung.
"Auf das Leben!" ist kein banaler Toast – und Uwe Jansons Film weit entfernt vom Stereotyp. Die Harold-und-Maude-Thematik, junger Mann und alte Frau, wird untertourig ausgespielt, viel mehr Wert legt der Film auf spitze Dialoge, scharfe Kritik an der Ignoranz der Menschen und die Möglichkeit der Rettung. Produzentin Alice Brauner, die Tochter des Filmproduzenten Artur Brauner, führt hier das große Thema ihres Vaters mit familiärer Hilfe fort. Ihre Cousine Sharon Brauner spielt die junge Ruth vor allem in den Gesangsszenen der Rückblenden großartig. Die Traumata des Faschismus, so die Aussage des Films, sind keine Relikte einer vergangenen Zeit. Wenn Hannelore Elsner das Wort Jude in die Welt brüllt, immer wieder, reicht das, um Gänsehaut zu verursachen. Und im Zusammenspiel mit Max Riemelt bleibt der Film radikal gegenwärtig. Janson erzählt von einer ungewöhnlichen Freundschaft, voller Sanftheit und Verständnis, und das starke Ensemble macht die mitunter fehlende erzählerische Tiefe seines Films wett.
– "Auf das Leben!" von Uwe Janson läuft in Freiburg und Lörrach. (Ab 12) von Ulrich Sonnenschein
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Do, 27. November 2014