Darf's ein Häppchen mehr sein?
D ie Sagrada Família, das Poble Espanyol, die Fundació Joan Miró und, und, und: Für Kulturwütige hat Barcelona jede Menge zu bieten. Doch es bietet sich an, einen Tag lang einen Gang zurückzuschalten und mit einer ausgiebigen kulinarischen Tour das genussreiche Flair der Stadt kennen zu lernen.
Das Hotelfrühstück bleibt an diesem Tag unangetastet. Die Tour beginnt an der Metrostation "Jaumel" unweit der Plaça de Catalunya. Von der Station führt die Straße Llibretaria zur Plaça de St. Jaume. Dort befindet sich das Méson de Café mit zwei Tischen, einer kleinen Stehfläche vor der Theke und einem einmaligen "Café amb llet" (Milchkaffee). Übrigens ist es egal, ob Touristen versuchen, Spanisch oder gar Katalanisch zu reden - die Kellner in Barcelona sind sehr stolz und verstehen ohnehin nur das, was sie wollen.
Vom Méson de Café linksgewandt führen die Gassen der Altstadt zur Rambla, der großen Touristenmeile der Stadt. Wer sich hier von den Kellnern, die viel zu freundlich sind, um echt zu sein, in die überteuerten Restaurants ködern lässt, der glaubt sicher auch noch, dass der ihm servierte verkochte Reis tatsächlich eine Paella ist. Mutige Genießer lassen sich einsaugen in La Boqueria, den riesigen Markt direkt an der Rambla.
Reife Früchte, tonnenweise Serranoschinken, Fische und Meeresfrüchte in einer unglaublichen Vielfalt gibt es hier. Wer den Anblick eines toten, noch nicht gehäuteten Kaninchens nicht ertragen kann, beim Anblick von rohen Lammhoden in Ohnmacht fällt oder Angst hat, von 1,50 Meter großen katalanischen Hausfrauen mit dem Einkaufstrolley überfahren zu werden, bleibt besser draußen.
La Boqueria ist eine Welt, die hungrig macht. Zeit für einen Besuch an den vielen Ständen, an denen die Waren frisch zubereitet werden. Man sollte sich die Portionen teilen, denn so kann man nacheinander Calamares mit Knoblauch, Morcilla - Blutwürste mit verschiedenen Füllungen - und vieles mehr naschen. Unumgänglich ist ein Besuch an dem Restaurantstand ganz hinten in der Markthalle, direkt beim Eingang zur Verwaltung. Im etwa anderthalb Quadratmeter großen Kochbereich werkelt eine kleine ältere Frau. Ihr bei einem Glas Tinto zuzuschauen, wie sie im großen Topf mit Fabada, einem Eintopf mit Bohnen und Chorizos, rührt oder einen gemischten Fischteller zubereitet, ist spannender als bei jedem Fernsehkoch. Nach so viel deftiger Kost muss was Süßes her. Auf zur Plaça des Sant Josep Oriol: Dort ist eine kleine Xocolataria, in der die nächste kleine ältere Frau in großen Töpfen rührt. Darin ist Xocolata, flüssige Schokolade mit Wasser. Weil die so lecker, süß und kalorienreich ist, werden darin in Schmalz gebackene Xurros getunkt.
Als Nachmittagsprogramm empfiehlt sich eine Shopping-Tour in der Altstadt. Und anschließend bleibt Zeit zum Relaxen, denn vor 20 Uhr denkt in Barcelona niemand ans Abendessen. Dann aber öffnen im Stadtteil Ciutat Vella (ebenfalls Metrostation Jaumel) die Tapasbars. Zwar sind die Tapas eigentlich eine baskische Spezialität. Doch in diesem Fall vergessen sogar die Katalanen ihren Nationalstolz. Und so wetteifern Abend für Abend vor allem junge Köche, wer die leckersten Häppchen zubereitet.
Ein guter Ausgangspunkt für Tapas-Neulinge ist das Euskal Etxea an der Plaça Montcada. Es ist ratsam, zuerst einmal beim obligatorischen Glas Tinto in Ruhe zu schauen, was sich auf den Platten an der Theke stapelt. Dann lässt man sich einen Teller geben, nimmt sich die gewünschten Tapas und fängt an, sich zu wundern, was alles auf ein Stück Baguette passt. In jedem Häppchen steckt ein Zahnstocher, und anhand der Menge der Zahnstocher, die sich auf dem Teller sammeln, rechnet die Bedienung dann ab.
Auch hier gilt: Nicht zu viel auf einmal nehmen. Denn hat man das Prinzip durchschaut, kann man sich von einer Bar zur nächsten treiben lassen und sich durchprobieren. Einige Bars bieten auch Tapas in Schälchen an, und ein Muss ist es, dort die kleinen Schnecken zu probieren, die ihre knoblauchlastigen französischen Pendants geschmacklich weit hinter sich lassen. Für den Abschluss ist das baskische Restaurant Sagardi in der Argentería die beste Adresse. Hier trifft sich ein internationales, junges Publikum und auch viele Katalanen sind zu Gast. Wenn hier das Thekenpersonal den Apfelmost in hohem Bogen aus dem Fass in die Gläser schäumen lässt und die Kellner auf den Tapasplatten immer wieder neue Köstlichkeiten anbieten, dann ist das der perfekte Abschluss für einen kulinarischen Tag mit viel katalanischem Lebensgefühl.
Kathrin Ganter
Info: http://www.barcelona.de
Das Hotelfrühstück bleibt an diesem Tag unangetastet. Die Tour beginnt an der Metrostation "Jaumel" unweit der Plaça de Catalunya. Von der Station führt die Straße Llibretaria zur Plaça de St. Jaume. Dort befindet sich das Méson de Café mit zwei Tischen, einer kleinen Stehfläche vor der Theke und einem einmaligen "Café amb llet" (Milchkaffee). Übrigens ist es egal, ob Touristen versuchen, Spanisch oder gar Katalanisch zu reden - die Kellner in Barcelona sind sehr stolz und verstehen ohnehin nur das, was sie wollen.
Vom Méson de Café linksgewandt führen die Gassen der Altstadt zur Rambla, der großen Touristenmeile der Stadt. Wer sich hier von den Kellnern, die viel zu freundlich sind, um echt zu sein, in die überteuerten Restaurants ködern lässt, der glaubt sicher auch noch, dass der ihm servierte verkochte Reis tatsächlich eine Paella ist. Mutige Genießer lassen sich einsaugen in La Boqueria, den riesigen Markt direkt an der Rambla.
Reife Früchte, tonnenweise Serranoschinken, Fische und Meeresfrüchte in einer unglaublichen Vielfalt gibt es hier. Wer den Anblick eines toten, noch nicht gehäuteten Kaninchens nicht ertragen kann, beim Anblick von rohen Lammhoden in Ohnmacht fällt oder Angst hat, von 1,50 Meter großen katalanischen Hausfrauen mit dem Einkaufstrolley überfahren zu werden, bleibt besser draußen.
La Boqueria ist eine Welt, die hungrig macht. Zeit für einen Besuch an den vielen Ständen, an denen die Waren frisch zubereitet werden. Man sollte sich die Portionen teilen, denn so kann man nacheinander Calamares mit Knoblauch, Morcilla - Blutwürste mit verschiedenen Füllungen - und vieles mehr naschen. Unumgänglich ist ein Besuch an dem Restaurantstand ganz hinten in der Markthalle, direkt beim Eingang zur Verwaltung. Im etwa anderthalb Quadratmeter großen Kochbereich werkelt eine kleine ältere Frau. Ihr bei einem Glas Tinto zuzuschauen, wie sie im großen Topf mit Fabada, einem Eintopf mit Bohnen und Chorizos, rührt oder einen gemischten Fischteller zubereitet, ist spannender als bei jedem Fernsehkoch. Nach so viel deftiger Kost muss was Süßes her. Auf zur Plaça des Sant Josep Oriol: Dort ist eine kleine Xocolataria, in der die nächste kleine ältere Frau in großen Töpfen rührt. Darin ist Xocolata, flüssige Schokolade mit Wasser. Weil die so lecker, süß und kalorienreich ist, werden darin in Schmalz gebackene Xurros getunkt.
Als Nachmittagsprogramm empfiehlt sich eine Shopping-Tour in der Altstadt. Und anschließend bleibt Zeit zum Relaxen, denn vor 20 Uhr denkt in Barcelona niemand ans Abendessen. Dann aber öffnen im Stadtteil Ciutat Vella (ebenfalls Metrostation Jaumel) die Tapasbars. Zwar sind die Tapas eigentlich eine baskische Spezialität. Doch in diesem Fall vergessen sogar die Katalanen ihren Nationalstolz. Und so wetteifern Abend für Abend vor allem junge Köche, wer die leckersten Häppchen zubereitet.
Ein guter Ausgangspunkt für Tapas-Neulinge ist das Euskal Etxea an der Plaça Montcada. Es ist ratsam, zuerst einmal beim obligatorischen Glas Tinto in Ruhe zu schauen, was sich auf den Platten an der Theke stapelt. Dann lässt man sich einen Teller geben, nimmt sich die gewünschten Tapas und fängt an, sich zu wundern, was alles auf ein Stück Baguette passt. In jedem Häppchen steckt ein Zahnstocher, und anhand der Menge der Zahnstocher, die sich auf dem Teller sammeln, rechnet die Bedienung dann ab.
Auch hier gilt: Nicht zu viel auf einmal nehmen. Denn hat man das Prinzip durchschaut, kann man sich von einer Bar zur nächsten treiben lassen und sich durchprobieren. Einige Bars bieten auch Tapas in Schälchen an, und ein Muss ist es, dort die kleinen Schnecken zu probieren, die ihre knoblauchlastigen französischen Pendants geschmacklich weit hinter sich lassen. Für den Abschluss ist das baskische Restaurant Sagardi in der Argentería die beste Adresse. Hier trifft sich ein internationales, junges Publikum und auch viele Katalanen sind zu Gast. Wenn hier das Thekenpersonal den Apfelmost in hohem Bogen aus dem Fass in die Gläser schäumen lässt und die Kellner auf den Tapasplatten immer wieder neue Köstlichkeiten anbieten, dann ist das der perfekte Abschluss für einen kulinarischen Tag mit viel katalanischem Lebensgefühl.
Kathrin Ganter
Info: http://www.barcelona.de
am
Fr, 11. März 2005