Bühne

Das Festival "Theater im Hof" in Kandern-Riedlingen geht in seine 27. Spielzeit

Das Festival "Theater im Hof" in Kandern-Riedlingen geht in seine 27. Spielzeit.

Sie sind unermüdlich – als Gastgeber und als Kuratoren: Ihr eigenes Bauernhaus in Kandern-Riedlingen stellen Dorothea Koelbing und Dieter Bitterli seit mehr als einem Vierteljahrhundert für ein kleines Festival zur Verfügung. Das "Theater im Hof" geht in die 27. Spielzeit.

"Mitbringsel" aus dem Theater in den eigenen vier Wänden zu teilen: Diese frühe Form der Sharing-Idee war ein Gründungsimpuls des Theaters im Hof, schildern Dorothea Koelbing und Dieter Bitterli. Das Festival setzt seine Akzente unter dem Blätterdach der mächtigen Kastanie in dem Markgräflerhof, die für sich schon eine theatrale Situation schafft, einmal mehr auf den Umgang mit Sprache. Deren Schönheit "erlebbar zu machen, ist uns ein Anliegen", sagt Koelbing. "In jeder Veranstaltung findet Sprache auf eigene Art Ausdruck: als Mittel der Verständigung, als künstlerisches Material, als Form, als Klang", betont Bitterli.

Zum Auftakt am 26. Juli verwandelt die Rostocker A-cappella-Gruppe Muttis Kinder Sprache in ein Universum von Klängen und Rhythmen. Unter dem Titel "Unsere Greates Hitst" (das ist kein Schreibfehler) oszilliert das Trio mit Interpretationen von Schlagern und Popsongs wie "Bohemian Rhapsody" oder "Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben" zwischen großen Gefühlen und Glamour.

Eine verdichtete Tonsprache steht im Zentrum des Gastspiels von Kalandos am 28. Juli. Das von den niederländischen Geiger Karel Boeschoten gegründete Quintett, präsentiert "Toki". Boeschoten, seit Jahren in Crossoverprojekten engagiert, unter anderem mit dem Schweizer Liedermacher Stephan Eicher und dem Jazz-Schlagzeuger Pierre Favre, und seine Begleiter an Viola, Klarinette, Cimabolon und Kontrabass beziehen sich auf den ungarischen Geiger Gyula Toki Horváth und knüpfen an die von Bartók und anderen im 20. Jahrhundert weiterentwickelte volkstümliche Kunstmusik an.

Unmittelbar um Sprache geht’s am 30. Juli in der Lesung Natascha Wodins. Die 1945 in Fürth geborene, in einem der Alliierten-Lager für "displaced Persons" aufgewachsene Autorin lebt heute in Berlin und Mecklenburg. Kraftvoll und genau erzählt sie in "Sie kam aus Mariupol" die Geschichte ihrer Mutter und konfrontiert die Leser mit einem unaufgearbeiteten Kapitel der deutschen Geschichte: dem Schicksal der Zwangsarbeiter des Nationalsozialismus.

Auch Jürg Kienberger, häufiger Gast im Hof, setzt sich in "eingerockt und ausgesungen", das am 1. und 3. August zu sehen ist, mit Sprache auseinander: den Briefen des jungen Huldrych Zwingli, einem führenden Kopf der Schweizer Reformation. Die szenisch-musikalische Spurensuche nach einer Idee von Johannes Rühl mäandert durch eine fiktive Biographie Zwingli: Ergründet, warum dieser seinen reformatorischen Furor entwickelte. Mit Humor schlüpft Kienberger in diverse Rollen, schlägt musikalischeBrücken ins Hier und Heute: mit Pink Floyd oder Hackbrett.

Um Malerei und Sprache geht es in "Farben", der Eigenproduktion des Theaters im Hof. Der Hausherr und Regisseur Dieter Bitterli und der Schauspieler Mathias Noack lesen am 5. und 7. August aus den Briefen Vincent van Goghs. Die Lesung geht nicht der Biographie nach, sondern zeigt den Maler in seiner Welt und seiner Kunst, wie er sie selber sieht. Bitterli und Noack gehen der Frage nach der Schöpferkraft eines Menschen nach, der in prekären Verhältnissen lebt.

Ein Wiedersehen gibt es am 9. August mit dem Lieder-Dichter Sebastian Krämer. Er gastiert mit dem Chanson-Programm "Im Glanz der Vergeblichkeit". Den Abschluss macht das Kinderstück "Der Hühneredieb" mit dem Figurentheater Vagabu.
Termine: Kandern-Riedlingen, Theater im Hof, Ortsstr. 15, 26. Juli bis 11. Aug., Beginn 20.30 Uhr, 11. Aug. um 15.30 Uhr.
Info: Tel. 07626/972081. Vorverkauf: Buchhandlung Berger, Kandern
von Michael Baas
am Fr, 26. Juli 2019

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