Stillleben

Das Genre - vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart - ist in Durbach zu erleben

"Das Lied der Dinge – Stillleben im Wandel der Kunst" in Durbach.

DURBACH. "Das Lied der Dinge – Stillleben im Wandel der Kunst", so lautet der Ausstellungstitel der eben neu eröffneten Schau im "Museum für aktuelle Kunst" in Durbach. Sie berücksichtigt beide Aspekte, sowohl einen gewissen musealen Anspruch als auch das zeitgenössische Aktuelle.

Waren die großen in acht Räumen präsentierten Ausstellungen bisher einzelnen Künstlern wie Arno Rink, Hans Scheib und Norbert Tadeusz oder ausgewählten Schwerpunkten gewidmet, den Künstlergruppen CoBrA und Spur, dem Phänomen "Informel" oder der Kunst in Ost- und Westdeutschland vor der Wende, auch ein Blick auf die abstrakte Kunst aus China war dabei, so ist diese neue Ausstellung ganz auf ein Thema fokussiert. Das Thema hat, wenn man sich die Ausstellungspläne der vergangenen Jahre vor Augen führt, eine gewisse Konjunktur.

In Zusammenarbeit mit der Berliner Galerie Michael Haas, die den Großteil der Leihgaben beigesteuert hat, werden insgesamt die stattliche Anzahl von 80 Werken gezeigt. Tatsächlich wirken in dieser Ausstellung die Räume still, die Hängung ist ruhiger und bietet dem einzelnen Bild mehr Raum.

Wenn das Leben still steht und die Dinge in den Fokus rücken, spiegeln sich in ihnen das Leben und der Tod. Im 17. Jahrhundert beginnt die Geschichte des Stilllebens, das eine klassische Gattung der Malerei geworden ist. Typische Stillleben-Motive sind Blumensträuße, Vergänglichkeits-(Vanitas-)Motive, und darunter besonders reich gedeckte Tische. Tische vor allem.

Die Ausstellung in Durbach bietet einige Werke aus dem 17. Jahrhundert, "Blumen" (1665) von Juan de Arellano gewissermaßen als Ankerpunkt, und zeigt dann das Thema vor allem im 20. Jahrhundert, wobei auch das zeitgenössische Stillleben der vergangenen zehn Jahre nicht zu kurz kommt, so dass der Wandel der Malweisen und Bildauffassungen besonders sichtbar wird.

Jeder Raum kommt wie eine eigene Komposition daher, orientiert an der Bildlichkeit der Werke. So ist dem Blumenstillleben von Arellano eine zeitgenössische Version, die "Konversation mit Francesca Vicenzina" von der 1970 geborenen Tanja Nittka gegenüber gestellt. Vicenzina (1657 bis 1700) war ebenfalls eine Malerin von Blumenstillleben.

Zahlreiche Beispiele für gelungene Hängung

Ein anderes Beispiel für die gelungenen Gegenüberstellungen ist die Hängung eines Hexagons (1923) von Jacques Lipchitz (1891 bis 1973) und einer späteren Arbeit des Kubisten Georges Braques (1882 bis 1963) in einem Raum, die wunderbar miteinander korrespondieren.

Wie verschieden das Bild unter dem Titel "Stillleben" sein kann, zeigt die Präsentation einer Arbeit von Georg Meistermann, die gar nicht still wirkt, neben Alexander Camaros perspektivisch ungewöhnlicher Komposition von "Stillleben mit Fisch" (1973).

Einige Raritäten sind ebenfalls zu sehen, so ein ganz frühes "Stillleben mit Früchten, Kanne und Tasse" von Alexej Jawlensky (1864 bis 1947) aus dem Jahr 1903 oder eines von Lovis Corinth aus dem Jahr 1917. Verglichen mit Rudolf Dischingers "Stillleben mit Krug" (1937) tun sich Welten in der Malweise auf. Dischinger glatt, kühl, distanziert, Corinth schwungvoll, dynamisch, rau.

Die Schau bietet eine große Vielfalt und die Möglichkeit, anhand selbst gestellter Fragen im Gang durch die Ausstellung die Bilder zu untersuchen. Wie sind die Arbeiten gemalt? Welche Rolle spielt der Tisch und wie verändert sich seine Darstellung im Lauf der Zeit? Wie lassen sich das tote Tier im Schlachthaus von Norbert Tadeusz und der gemalte Schinken eines unbekannten Malers aus dem 17./18. Jahrhundert vergleichen? Wie sind in den frühen Arbeiten die Lichtreflexe gesetzt und wie in späteren etwa bei Corinth?

Das Lied der Dinge – es scheint ein unerschöpflich reiches zu sein.

Museum für aktuelle Kunst, Sammlung Hurrle, Almstr. 49, 77770 Durbach. Tel. 0781-93201403, Mi - Fr 14-18 Uhr, Sa - So 11-18 Uhr. Bis 04. November 2018. http://www.museum-hurrle.de
von Susanne Ramm-Weber
am Mo, 02. Juli 2018

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