Das Kind im Pâtissier
W o Schokolade verarbeitet wird, fließt Schokolade stetig irgendwo im Hintergrund. Die Luft duftet gesättigt. Eine bestimmte Temperatur und eine ganz bestimmte Luftfeuchtigkeit braucht der braune Stoff für den richtigen Glanz. Also ist es warm, nicht zu trocken, nicht zu feucht. Wo es Pralinen und braunen Weihnachtsmännern gut geht, da fühlen sich auch Menschen wohl.
Dem Straßburger Pâtissier Stéphane Heiligenstein sieht man an, dass es ihm in seinem "Laboratoire de chocolat" zwei Stockwerke über der Konditorei und der Backstube gut geht. Er braucht den Duft von Schokolade um sich wie andere Menschen die Luft zum Atmen. In dem schmalen, hohen Raum, in dem er die Wochen vor Weihnachten mit einem Lehrling und seiner Cousine verbringt, die die Pralinen im Akkord in Geschenkschachteln verpackt, lagern Kartons mit Dekorationsmaterial, Formen, Geräte, zum Verkauf fertige Pralinen bis unter die Decke. Dazwischen stehen Gefrierschränke und spezielle Klimaschränke für Schokolade. Heiligenstein liebt Schokolade, er liebt es, seine Füllungen, die "ganaches" zu erklären.
Geröstete Mandeln, Passionsfrucht, salziges Karamell, weihnachtliche Gewürze mit Schärfe. Und vor allem seine Sandsteintrüffel. Gewissermaßen Buntsandsteinbruch als Praline. Heiligenstein: Ein junger, großer Mensch von 33 Jahren mit einem Kindergesicht, der seine vergangene Haarpracht auf alten Fotos aus der Lehrzeit mit Selbstironie kommentiert, agiert an diesem Ort. Das Wort Labor - Laboratoire de chocolat - passt gut, weil Heiligenstein auch gerne von der Chemie der Zutaten spricht. Das Verhältnis der trockenen und flüssigen Bestandteile in einer Pralinenmasse oder einem Kuchen muss stimmen. Daran arbeitet er, auch wenn er ein Rezept für Diabetiker austüftelt, das vor allem nicht nach Diät schmecken soll. Genauso intensiv wie eine echte Mousse soll die Alternative gelingen.
Heiligenstein plaudert, erzählt passioniert, führt durch das Chaos der Arbeitsräume mit der süßen Luft. Er besuchte Fachschulen in Paris und der Auvergne, schaute für einige Wochen in die Schokoladentöpfe anderer Pâtissiers, bevor er vor drei Jahren den Betrieb in der Nähe des Straßburger Bahnhofs von seinen Eltern übernahm. 300 Kilo Pralinen entstehen bei Heiligenstein zur Weihnachtszeit. Schokolade füllen, Mandelmasse mit Kuvertüre bedecken, Schneemänner bauen, mit einem Bauch aus weißer Schokolade, darauf ein Kopf und ein Hütchen aus Lübecker Marzipan.
Ein guter Patissier muss die Sehnsüchte der Kunden ahnen, vorwegnehmen, ihre Lust auf mehr (Schokolade) wecken. Jeder Pâtissier hat sein Material, sagt Heiligenstein. Sein Vater war auf Krokant versessen. Für ihn dreht sich alles um Schokolade. Seinen Pralinen gibt er deshalb so schöne Namen wie Vogesensandstein oder er tauft eine andere, flache Praline auf den Namen eines exotischen Vulkans: den Piton de la Fournaise auf La Réunion. Im Inneren der zartbitteren Kuvertüreschicht warten weihnachtliche Gewürze mit etwas Schärfe.
Im Jahr 2003 hat er auf dem Schokoladen-Salon in Straßburg für seine Praline mit Passionsfruchtcreme den ersten Preis bekommen. "Die meisten Menschen lieben Schokolade. Oder kennen Sie jemanden, bei dem das nicht so ist?", fragt er. Leo, sein zweijähriger Sohn, thront wie zum Beweis auf einem Foto im Anne-Geddes-Stil mit einer Kochmütze bekleidet auf einem Schokoladeberg. Ein Comic-Narr ist Heiligenstein noch dazu. Nicht nur, dass Pokemons, Nemos, und Tintin (sein persönlicher Liebling) in Szenen ganz aus Schokolade neben Mickey-Mäusen aus Lebkuchen sein Repertoire bereichern. Im vergangenen Jahr brachte Heiligenstein auch ein Schokoladenbackbüchlein für Kinder heraus. Schlicht formuliert mit frechen Zeichnungen, die Lust wecken auf das Hantieren mit Butter, Mehl und Eiern.
Er liebt, was er tut, und er spricht mit einem Strahlen im Gesicht darüber und sagt, das sei das Kind in ihm. 300 Pâtisssiers gibt es heute noch im Elsass, Menschen, die sich nichts als dem Kuchenbacken, Pralinengießen und Marzipankneten widmen. 6500 sind es in ganz Frankreich. Innerhalb von 25 Jahren halbierte sich ihre Zahl. 1966 gründeten Heiligensteins Eltern ihre Pâtisserie. Der Sohn modernisierte nicht nur die Räume, sondern auch die Rezepte, damit es weitergehen konnte mit dem Familienbetrieb. Unterdessen fließt im Hintergrund die Schokolade köstlich weiter, in der Maschine, die nach dem Schokoladenzyklus funktioniert: erst erwärmen, dann abkühlen, von neuem erwärmen, damit die Kuvertüre schimmert.
Bärbel Nückles Pâtisserie Heiligenstein, Straßburg, 20 rue Kuhn (nahe Hauptbahnhof); Info unter [TEL] 0033/388/320186, im Internet unter http://patisserie-heiligenstein.fr
Dem Straßburger Pâtissier Stéphane Heiligenstein sieht man an, dass es ihm in seinem "Laboratoire de chocolat" zwei Stockwerke über der Konditorei und der Backstube gut geht. Er braucht den Duft von Schokolade um sich wie andere Menschen die Luft zum Atmen. In dem schmalen, hohen Raum, in dem er die Wochen vor Weihnachten mit einem Lehrling und seiner Cousine verbringt, die die Pralinen im Akkord in Geschenkschachteln verpackt, lagern Kartons mit Dekorationsmaterial, Formen, Geräte, zum Verkauf fertige Pralinen bis unter die Decke. Dazwischen stehen Gefrierschränke und spezielle Klimaschränke für Schokolade. Heiligenstein liebt Schokolade, er liebt es, seine Füllungen, die "ganaches" zu erklären.
Geröstete Mandeln, Passionsfrucht, salziges Karamell, weihnachtliche Gewürze mit Schärfe. Und vor allem seine Sandsteintrüffel. Gewissermaßen Buntsandsteinbruch als Praline. Heiligenstein: Ein junger, großer Mensch von 33 Jahren mit einem Kindergesicht, der seine vergangene Haarpracht auf alten Fotos aus der Lehrzeit mit Selbstironie kommentiert, agiert an diesem Ort. Das Wort Labor - Laboratoire de chocolat - passt gut, weil Heiligenstein auch gerne von der Chemie der Zutaten spricht. Das Verhältnis der trockenen und flüssigen Bestandteile in einer Pralinenmasse oder einem Kuchen muss stimmen. Daran arbeitet er, auch wenn er ein Rezept für Diabetiker austüftelt, das vor allem nicht nach Diät schmecken soll. Genauso intensiv wie eine echte Mousse soll die Alternative gelingen.
Heiligenstein plaudert, erzählt passioniert, führt durch das Chaos der Arbeitsräume mit der süßen Luft. Er besuchte Fachschulen in Paris und der Auvergne, schaute für einige Wochen in die Schokoladentöpfe anderer Pâtissiers, bevor er vor drei Jahren den Betrieb in der Nähe des Straßburger Bahnhofs von seinen Eltern übernahm. 300 Kilo Pralinen entstehen bei Heiligenstein zur Weihnachtszeit. Schokolade füllen, Mandelmasse mit Kuvertüre bedecken, Schneemänner bauen, mit einem Bauch aus weißer Schokolade, darauf ein Kopf und ein Hütchen aus Lübecker Marzipan.
Klingende Namen für die Kreationen
Ein guter Patissier muss die Sehnsüchte der Kunden ahnen, vorwegnehmen, ihre Lust auf mehr (Schokolade) wecken. Jeder Pâtissier hat sein Material, sagt Heiligenstein. Sein Vater war auf Krokant versessen. Für ihn dreht sich alles um Schokolade. Seinen Pralinen gibt er deshalb so schöne Namen wie Vogesensandstein oder er tauft eine andere, flache Praline auf den Namen eines exotischen Vulkans: den Piton de la Fournaise auf La Réunion. Im Inneren der zartbitteren Kuvertüreschicht warten weihnachtliche Gewürze mit etwas Schärfe.
Im Jahr 2003 hat er auf dem Schokoladen-Salon in Straßburg für seine Praline mit Passionsfruchtcreme den ersten Preis bekommen. "Die meisten Menschen lieben Schokolade. Oder kennen Sie jemanden, bei dem das nicht so ist?", fragt er. Leo, sein zweijähriger Sohn, thront wie zum Beweis auf einem Foto im Anne-Geddes-Stil mit einer Kochmütze bekleidet auf einem Schokoladeberg. Ein Comic-Narr ist Heiligenstein noch dazu. Nicht nur, dass Pokemons, Nemos, und Tintin (sein persönlicher Liebling) in Szenen ganz aus Schokolade neben Mickey-Mäusen aus Lebkuchen sein Repertoire bereichern. Im vergangenen Jahr brachte Heiligenstein auch ein Schokoladenbackbüchlein für Kinder heraus. Schlicht formuliert mit frechen Zeichnungen, die Lust wecken auf das Hantieren mit Butter, Mehl und Eiern.
Er liebt, was er tut, und er spricht mit einem Strahlen im Gesicht darüber und sagt, das sei das Kind in ihm. 300 Pâtisssiers gibt es heute noch im Elsass, Menschen, die sich nichts als dem Kuchenbacken, Pralinengießen und Marzipankneten widmen. 6500 sind es in ganz Frankreich. Innerhalb von 25 Jahren halbierte sich ihre Zahl. 1966 gründeten Heiligensteins Eltern ihre Pâtisserie. Der Sohn modernisierte nicht nur die Räume, sondern auch die Rezepte, damit es weitergehen konnte mit dem Familienbetrieb. Unterdessen fließt im Hintergrund die Schokolade köstlich weiter, in der Maschine, die nach dem Schokoladenzyklus funktioniert: erst erwärmen, dann abkühlen, von neuem erwärmen, damit die Kuvertüre schimmert.
Bärbel Nückles Pâtisserie Heiligenstein, Straßburg, 20 rue Kuhn (nahe Hauptbahnhof); Info unter [TEL] 0033/388/320186, im Internet unter http://patisserie-heiligenstein.fr
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Do, 23. Dezember 2004