Neobarocke Skulpturen
Das Toni-Merz-Museum in Sasbach zeigt die mächtigen Weibsleiber von Miriam Lenk
SASBACH. Was unter all den prallen Weibskörpern fehlt, ist das Männliche. Oder ist es doch präsent, nur nicht sichtbar? Männer als Urheber des Schlankheitswahns, gegen den die Kolossalweiber rebellieren? Männer als Ziel weiblicher Lockmittel? Die Bildhauerin Miriam Lenk präsentiert im Toni-Merz-Museum von Sasbach eine Auswahl ihrer Skulpturen, die von bombastischen Ganzkörper-Akten bis zu organischen Konglomeraten reicht. Es ist eine Feier des Lebens.
"Die Frau muss in jedem Fall verändert und hergerichtet werden zum Verzehr," beschreibt Miriam Lenk die Ausgangslage so ironisch unverblümt, wie ihre Figuren posieren. "Eine erwachsene Frau kann beim Schlankheitsideal irgendwann nicht mehr mithalten und fühlt sich von vornherein abgelehnt." Indem sie "vollerblühte, potente, weibliche Körper" zeige, "Galionsfiguren", wolle sie die Frauen bestärken, zu leben, anstatt ihre Körper zu optimieren.
Die gewaltigste Figur der Ausstellung ist "Le Mépris", zu deutsch "Die Verachtung”. Eine irrwitzig überdimensionierte Nackte hat sich in Hockstellung niedergelassen, Beine und Arme sind gleichwohl tanzend bewegt. Über quellenden Fettmassen thronen monumentale Brüste. Doch so glatt und klar konturiert wäre dieser Körper in Wirklichkeit nie. Die Darstellung ist idealisiert, lappige Orangenhaut und Fettschürzen wurden weggelassen. Die vollen Lippen sind wie in beginnender Ekstase halb geöffnet, die Augen durch den Pony verdeckt. Das nimmt der Figur das Persönliche, macht sie zur Projektionsfläche des Betrachters. "Ich stelle sie mir vor," sagt Lenk, "wie sie auf einer Waldlichtung tanzt, allein im Mondschein."
Die weiblichen Schlüsselreize, hier noch anatomisch korrekt vereint, werden bei Lenk zu symbolhaften Versatzstücken. Lippen, Gesäß, Brüste, Bauch und Vulva, jeweils wollüstig-drastisch überzeichnet, finden sich, herausseziert aus dem körperlichen Kontext, überall. Sie quellen barock wie Eingeweide aus aufgebrochenen Leibern, bekommen Flügel, verwandeln sich in Fischwesen, vereinigen sich zu vegetativen Gebilden, Seeanemonen gleich. Hinzu gesellen sich Tierpfoten, Hummerzangen, wuchernde Pilze, Fruchtformen, Gebisse, Insekten. Eine fantastische Menagerie der Schöpfung, die sich mal im Weibesleibe tummelt, mal ihm angewachsen ist, mal sich ganz herauslöst zu eigenständigen Kolonien wie der Skulptur "Die zweite Säule".
Lenk, 1975 geboren in Konstanz als Tochter des bekannten Bildhauers Peter Lenk ("Imperia" am Konstanzer Hafen), dessen provokantem Werk das ihre nicht unverwandt ist, lebt seit kurzem wieder in ihrem Heimatort Bodman am Bodensee. Die gelernte Goldschmiedin erhielt ihre künstlerische Ausbildung an der Hochschule für bildende Künste in Dresden. Dort entstand ihr erster Weibskoloss, "Yolanda". Die 3,5 m hohe Skulptur steht heute vor dem Seehotel Adler in Ludwigshafen. Lenks Wahl der Dimension hatte nichts mit Kunst zu tun. Sie habe sich in einen Kommilitonen verliebt, ihm habe sie imponieren wollen. "Ein unerklärliches Gefühl hatte sich manifestiert in dem Ding, was da stand."
Yolanda und ihre Genossinnen sind für Lenk "Über-Ich, Ur-Mutter, Schutzgöttin". Ein Konzept, das möglicherweise auf Kindheitserinnerungen zurückgeht. Das Bild einer Frau, üppig gebaut, im schwarzen Bikini. Da war Lenk drei oder vier. Auch habe es eine füllige Kindergärtnerin gegeben, in deren Schoss sie sich gerne geflüchtet habe. Wie es sich auch verhält – "Kunst soll Assoziationen wecken und Diskussionen anstoßen," befindet Lenk. "Das Schönste für mich ist, wenn Leute vor der Yolanda stehen und die Brust rausstrecken wie sie."
"Die Frau muss in jedem Fall verändert und hergerichtet werden zum Verzehr," beschreibt Miriam Lenk die Ausgangslage so ironisch unverblümt, wie ihre Figuren posieren. "Eine erwachsene Frau kann beim Schlankheitsideal irgendwann nicht mehr mithalten und fühlt sich von vornherein abgelehnt." Indem sie "vollerblühte, potente, weibliche Körper" zeige, "Galionsfiguren", wolle sie die Frauen bestärken, zu leben, anstatt ihre Körper zu optimieren.
Die gewaltigste Figur der Ausstellung ist "Le Mépris", zu deutsch "Die Verachtung”. Eine irrwitzig überdimensionierte Nackte hat sich in Hockstellung niedergelassen, Beine und Arme sind gleichwohl tanzend bewegt. Über quellenden Fettmassen thronen monumentale Brüste. Doch so glatt und klar konturiert wäre dieser Körper in Wirklichkeit nie. Die Darstellung ist idealisiert, lappige Orangenhaut und Fettschürzen wurden weggelassen. Die vollen Lippen sind wie in beginnender Ekstase halb geöffnet, die Augen durch den Pony verdeckt. Das nimmt der Figur das Persönliche, macht sie zur Projektionsfläche des Betrachters. "Ich stelle sie mir vor," sagt Lenk, "wie sie auf einer Waldlichtung tanzt, allein im Mondschein."
Die weiblichen Schlüsselreize, hier noch anatomisch korrekt vereint, werden bei Lenk zu symbolhaften Versatzstücken. Lippen, Gesäß, Brüste, Bauch und Vulva, jeweils wollüstig-drastisch überzeichnet, finden sich, herausseziert aus dem körperlichen Kontext, überall. Sie quellen barock wie Eingeweide aus aufgebrochenen Leibern, bekommen Flügel, verwandeln sich in Fischwesen, vereinigen sich zu vegetativen Gebilden, Seeanemonen gleich. Hinzu gesellen sich Tierpfoten, Hummerzangen, wuchernde Pilze, Fruchtformen, Gebisse, Insekten. Eine fantastische Menagerie der Schöpfung, die sich mal im Weibesleibe tummelt, mal ihm angewachsen ist, mal sich ganz herauslöst zu eigenständigen Kolonien wie der Skulptur "Die zweite Säule".
Lenk, 1975 geboren in Konstanz als Tochter des bekannten Bildhauers Peter Lenk ("Imperia" am Konstanzer Hafen), dessen provokantem Werk das ihre nicht unverwandt ist, lebt seit kurzem wieder in ihrem Heimatort Bodman am Bodensee. Die gelernte Goldschmiedin erhielt ihre künstlerische Ausbildung an der Hochschule für bildende Künste in Dresden. Dort entstand ihr erster Weibskoloss, "Yolanda". Die 3,5 m hohe Skulptur steht heute vor dem Seehotel Adler in Ludwigshafen. Lenks Wahl der Dimension hatte nichts mit Kunst zu tun. Sie habe sich in einen Kommilitonen verliebt, ihm habe sie imponieren wollen. "Ein unerklärliches Gefühl hatte sich manifestiert in dem Ding, was da stand."
Yolanda und ihre Genossinnen sind für Lenk "Über-Ich, Ur-Mutter, Schutzgöttin". Ein Konzept, das möglicherweise auf Kindheitserinnerungen zurückgeht. Das Bild einer Frau, üppig gebaut, im schwarzen Bikini. Da war Lenk drei oder vier. Auch habe es eine füllige Kindergärtnerin gegeben, in deren Schoss sie sich gerne geflüchtet habe. Wie es sich auch verhält – "Kunst soll Assoziationen wecken und Diskussionen anstoßen," befindet Lenk. "Das Schönste für mich ist, wenn Leute vor der Yolanda stehen und die Brust rausstrecken wie sie."
"Élan vitale", Skulpturen von Miriam Lenk. Toni-Merz-Museum, Schulstraße 25, 77880 Sasbach. Die Eröffnung ist am Sonntag, 23.9.2018, um 11 Uhr. Die Ausstellung dauert bis 11. November und ist sonn- und feiertags von 14 bis 17 Uhr geöffnet.
von dkne
am
Fr, 21. September 2018