Analoge und digitale Kunstausstellung

Das Werk der Offenburger Malerin Gretel Haas-Gerber in Städtischer Galerie und Online-Werkverzeichnis

Das Werk Gretel Haas-Gerbers (1903 bis 1998) als Ausstellung und als Online-Werkverzeichnis.

OFFENBURG. An diesem Freitag wird nach fünfjähriger Bearbeitungszeit das neue Online-Werkverzeichnis der Offenburger Malerin Gretel Haas-Gerber (1903 bis 1998) freigeschaltet. Aus diesem Anlass hat die Städtische Galerie unter der Leitung von Gerlinde Brandenburger-Eisele eine fokussierte Schau mit Werken der Malerin aus sieben Jahrzehnten eingerichtet. Mitkuratiert bei Auswahl und Hängung hat der Künstler und Geschäftsführer des Kunstvereins Martin Sander. Vernissage ist diesen Freitag um 19 Uhr.

Von der Wiege bis zur Bahre könnte man zugespitzt titeln. Im Zentrum der analogen Bilderschau steht das Porträt- und Menschenbildnis, angefangen mit den Arbeiten aus den 1920er Jahren, aus der Akademie- und Studienzeit der Künstlerin in Karlsruhe und München, denen die ersten beiden Räume vorbehalten sind. Wichtige Arbeiten aus dem Werk, wie das "Hütemädchen" aus der Lüneburger Heide, das 1933 von Nazis mit dem fadenscheinigen Vorwurf der "Verächtlichmachung des Bauernstandes" aus der Ausstellung in der Offenburger Messehalle entfernt und beschlagnahmt wurde, oder das markante Porträt des "alten Onkel Hans" mit lila-roter Nase von 1927 sind zu sehen. Einen interessanten Vergleich ermöglichen auch die Selbstbildnisse, von denen einige frühe und ein spätes zu finden sind. Die Themen und damit die Interessen der Malerin waren von jeher auf die Menschen– besonders in ihrer Umgebung – ausgerichtet. Selbst Mutter von fünf Kindern, porträtiert sie am häufigsten ihre Tochter Heidrun Kaupen-Haas, die sich intensiv um den Nachlass ihrer Mutter kümmert. Markant, in roter Jacke, Ende der 1950er Jahre, als Anfang-Zwanzigjährige ist sie zu sehen.

Die chronologische Hängung nimmt auch die gesellschaftlichen Rollen in den Fokus, so die Hausfrau mit Staubsauger, oder nach dem Wäscheaufhängen auf der Wiese liegend. In diesen späteren Werken, die nach Gretel Haas-Gerbers Familienphase und nach dem zweiten Kunststudium in Düsseldorf der 1960er und 1970er Jahre entstanden sind, ist ein weißliches Kolorit auffällig. Er unterscheidet frühere von späteren Bildern.

Mitunter sind diese Arbeiten unübersehbar bissig und gesellschaftskritisch bis an die Grenze der Karikatur. Die Kritik an ungleicher Verteilung des Reichtums ist ein Thema. Das berühmte Foto des Mädchens mit von Napalm verbrannter Haut aus dem Vietnam-Krieg zitiert sie mit zeittypischer Imperialismuskritik. Zu sehen sind auch ihre Miss America über dem Puddingbad oder die streitenden Atommächte. Diese Bilder sind inhaltlich stark in ihrer Entstehungszeit verhaftet, zugleich aber allgemein aussagekräftig.

Stilistisch hat Gretel Haas-Gerber stets an der figurativen Gegenständlichkeit festgehalten, auch in Zeiten als Pop-Art, Informell oder die Neuen Wilden am Kunstmarkt die erste Rolle spielten. Weiter sind mit Stacheldraht oder Bindfaden vergitterte Objektbilder zu sehen und eine Reihe zum Thema Todes- und Angsterfahrung aus den beiden Weltkriegen.

Das Online-Werkverzeichnis, das rund 5000 Arbeiten umfasst, Skizzen, Zeichnungen, Notizen inbegriffen, ermöglicht die Zusammenstellung eigener virtueller Ausstellungen und gibt Aufschluss über die Arbeitsweise der großen Offenburger Malerin.

Webadresse des Werkverzeichnisses http://www.haas-gerber.de. Ausstellung in der Städtischen Galerie, Amand-Goegg-Straße 2, 77654 Offenburg, Tel. 0781-822040, Di - Fr. 13-17 Uhr, Sa - So 11-17 Uhr, bis 24. September 2017.
von Susanne Ramm-Weber
am Fr, 23. Juni 2017

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