Ticket-Interview
Der Schauspieler Roland Møller über das Kriegsdrama „Unter dem Sand“
Der dänische Schauspieler Roland Møller (43) – mit Vorfahren aus Hamburg – spielt in der deutsch-dänischen Koproduktion "Unter dem Sand" einen dänischen Sergeant, der nach Ende des Zweiten Weltkrieges deutsche Soldaten befehligt, die fast noch Kinder sind, die den dänischen Strand von Nazi-Tretminen säubern müssen. Markus Tschiedert sprach mit ihm.
Ticket: Bei "Unter dem Sand" handelt es sich um eine wahre Geschichte, die jedoch lange verschwiegen wurde.
Møller: Selbst in Dänemark kannte keiner diese Geschichte. In der Schule wurde uns nie davon erzählt und eigentlich sollte man jetzt die Geschichtsbücher umschreiben. Wir Dänen haben uns immer als Samariter gesehen, aber das waren wir nicht wirklich. Das Interessante an meiner Figur ist: Wenn du Monster bekämpfst, musst du aufpassen, nicht selbst ein Monster zu werden.
Ticket: Die Rolle des Sergeant Carl Rasmussen, der die deutschen Jungs anfangs abgrundtief hasst, war also nicht immer angenehm zu spielen?
Møller: Es gibt im Film eine Szene, in der einer der Jungs beim Ausgraben seine Arme verliert. Ich dachte in diesem Moment, die armen Jungs, die zuerst in die Hitlerjugend mussten und dann in den Krieg ziehen mussten. Sie haben nie gespielt und wie konnten wir als Dänen so viel Hass entwickeln, dass wir ihnen damals noch nicht mal etwas zu Essen gegeben haben. Das finde ich unfassbar.
Ticket: Wie ist dieses menschliche Verbrechen überhaupt nach so vielen Jahren wieder an die Oberfläche geschwappt?
Møller: Regisseur Martin Zandvilet hatte eine Geschichte darüber gefunden und forschte nach. In Sterbebüchern entdeckte er viele Namen deutscher Kriegsgefangener, die in Dänemark begraben wurden. Danach traf er sich mit einem ehemaligen Soldaten, der das Vorbild für meine fiktive Figur wurde und ließ sich von ihm alles erzählen. Wie viele junge Deutsche, die sich unter Zwang "freiwillig" für die Säuberung der Strände meldeten und dabei umkamen, weiß man bis heute nicht.
Ticket: Welche Beziehung haben Sie zu Deutschland?
Møller: Meine Großmutter kam aus Hamburg, wo sie meinen Großvater kennenlernte, den es nach dem Krieg dorthin verschlagen hatte, weil es beim Wiederaufbau viel zu tun gab. Meine Mutter ist noch in Hamburg geboren, doch dann zog die Familie nach Dänemark. Meine Eltern brachten mir dennoch die deutsche Sprache bei. Ich weiß noch, wenn ich auf Dänisch nach Süßigkeiten fragte, bekam ich sie immer erst dann, wenn ich es nochmals auf Deutsch sagte. Zuhause wurde auch oft in Deutsch geschimpft und so verinnerlicht man die Sprache langsam.
Ticket: Mit welchem Bild über die Deutschen sind Sie in Dänemark aufgewachsen?
Møller: Es hieß, die bösen Deutschen haben den Krieg verloren und jetzt sind nur noch die Guten da. Ich durfte auch Sendungen im deutschen Fernsehen schauen. Da gab es "Sesamstraße" und "Tom & Jerry". Meine Kindheit war also schon sehr von deutscher Kultur geprägt.
Ticket: Haben Sie die Rolle in "Unter dem Sand" auch deshalb bekommen, weil Sie so gut Deutsch sprechen?
Møller: Ja, weil viele Szenen in deutscher Sprache gespielt werden mussten. Da habe ich sogar ein bisschen gelogen, weil ich sagte, ich spreche Deutsch genauso gut wie Dänisch. Wir haben wirklich gute Schauspieler in Dänemark, weshalb ich ein bisschen lügen musste, um die Rolle zu kriegen. Als einige Investoren davon hörten, nahmen sie ihr Geld aus dem Filmprojekt wieder heraus. Vier Millionen Euro fehlten, aber Martin Zandvilet sagte, ich will den Roland!
Ticket: Wer stand noch zur Auswahl?
Møller: Mads Mikkelsen, Nikolaj Coster-Waldau, Nikolaj Lie Kaas und Kim Bodnia waren meine Mitstreiter, die auch international sehr bekannt sind. von tsc
Møller: Selbst in Dänemark kannte keiner diese Geschichte. In der Schule wurde uns nie davon erzählt und eigentlich sollte man jetzt die Geschichtsbücher umschreiben. Wir Dänen haben uns immer als Samariter gesehen, aber das waren wir nicht wirklich. Das Interessante an meiner Figur ist: Wenn du Monster bekämpfst, musst du aufpassen, nicht selbst ein Monster zu werden.
Ticket: Die Rolle des Sergeant Carl Rasmussen, der die deutschen Jungs anfangs abgrundtief hasst, war also nicht immer angenehm zu spielen?
Møller: Es gibt im Film eine Szene, in der einer der Jungs beim Ausgraben seine Arme verliert. Ich dachte in diesem Moment, die armen Jungs, die zuerst in die Hitlerjugend mussten und dann in den Krieg ziehen mussten. Sie haben nie gespielt und wie konnten wir als Dänen so viel Hass entwickeln, dass wir ihnen damals noch nicht mal etwas zu Essen gegeben haben. Das finde ich unfassbar.
Ticket: Wie ist dieses menschliche Verbrechen überhaupt nach so vielen Jahren wieder an die Oberfläche geschwappt?
Møller: Regisseur Martin Zandvilet hatte eine Geschichte darüber gefunden und forschte nach. In Sterbebüchern entdeckte er viele Namen deutscher Kriegsgefangener, die in Dänemark begraben wurden. Danach traf er sich mit einem ehemaligen Soldaten, der das Vorbild für meine fiktive Figur wurde und ließ sich von ihm alles erzählen. Wie viele junge Deutsche, die sich unter Zwang "freiwillig" für die Säuberung der Strände meldeten und dabei umkamen, weiß man bis heute nicht.
Ticket: Welche Beziehung haben Sie zu Deutschland?
Møller: Meine Großmutter kam aus Hamburg, wo sie meinen Großvater kennenlernte, den es nach dem Krieg dorthin verschlagen hatte, weil es beim Wiederaufbau viel zu tun gab. Meine Mutter ist noch in Hamburg geboren, doch dann zog die Familie nach Dänemark. Meine Eltern brachten mir dennoch die deutsche Sprache bei. Ich weiß noch, wenn ich auf Dänisch nach Süßigkeiten fragte, bekam ich sie immer erst dann, wenn ich es nochmals auf Deutsch sagte. Zuhause wurde auch oft in Deutsch geschimpft und so verinnerlicht man die Sprache langsam.
Ticket: Mit welchem Bild über die Deutschen sind Sie in Dänemark aufgewachsen?
Møller: Es hieß, die bösen Deutschen haben den Krieg verloren und jetzt sind nur noch die Guten da. Ich durfte auch Sendungen im deutschen Fernsehen schauen. Da gab es "Sesamstraße" und "Tom & Jerry". Meine Kindheit war also schon sehr von deutscher Kultur geprägt.
Ticket: Haben Sie die Rolle in "Unter dem Sand" auch deshalb bekommen, weil Sie so gut Deutsch sprechen?
Møller: Ja, weil viele Szenen in deutscher Sprache gespielt werden mussten. Da habe ich sogar ein bisschen gelogen, weil ich sagte, ich spreche Deutsch genauso gut wie Dänisch. Wir haben wirklich gute Schauspieler in Dänemark, weshalb ich ein bisschen lügen musste, um die Rolle zu kriegen. Als einige Investoren davon hörten, nahmen sie ihr Geld aus dem Filmprojekt wieder heraus. Vier Millionen Euro fehlten, aber Martin Zandvilet sagte, ich will den Roland!
Ticket: Wer stand noch zur Auswahl?
Møller: Mads Mikkelsen, Nikolaj Coster-Waldau, Nikolaj Lie Kaas und Kim Bodnia waren meine Mitstreiter, die auch international sehr bekannt sind. von tsc
am
Fr, 08. April 2016
Info
Unter dem Sand
Regie: Martin Zandvliet
Mit Roland Møller, Louis Hoffmann, Mikkel Boe Folsgaard, Joel Basman, Leon Seidel u.a. 101 Min., frei ab 12.
Die Story:
Im Mai 1945 werden gefangene Wehrmachtssoldaten, fast noch Kinder, dazu verpflichtet, Dänemarks Küste von Minen zu säubern. Unteroffizier Carl Rasmussen (Roland Møller) soll sie anleiten. Zunächst sieht er in den deutschen Jungs nur hassenswerte Nazis, doch allmählich erkennt er, dass auch sie nur Opfer des Krieges waren...
Läuft in Freiburg
Autor: tsc