"Die Ambivalenz hat mich gereizt"

TICKET-INTERVIEW: Der Schauspieler Hugo Weaving über Australien, Berlin und den neuen Film "Mortal Engines".

In "Matrix" spielte er den Agenten Smith, in "Der Herr der Ringe" den Elben Elrond. Mit diesen beiden Rollen ist Hugo Weaving (58) berühmt geworden. Nun geht der in Afrika geborene Schauspieler gleich mit zwei neuen Filmen an den Start. In dem Fantasy-Abenteuer "Mortal Engines: Krieg der Städte" spielt er einen Historiker, in dem parallel auf DVD erscheinenden Historiendrama "Black 47" einen Kopfgeldjäger. Mit Hugo Weaving sprach Markus Tschiedert.

Ticket: Sie wurden in Nigeria geboren, leben heute aber in Australien. Welche Staatsangehörigkeit besitzen Sie demnach?
Weaving: Ich bin aufgrund meiner Eltern britischer Staatsangehöriger, lebe aber in Australien, und das ist das Land, mit dem ich mich am meisten identifizieren kann. Als Kind bin ich mit meiner Familie oft umgezogen. Daher habe ich viel von der Welt gesehen und fühle mich als Erdenbürger, der nicht nur hinter einer Flagge steht.
Ticket: Lebten Sie schon auch mal in Irland, wo einer Ihrer neuen Filme "Black 47" spielt, in dem die große Hungersnot von 1847 angeprangert wird?
Weaving: Nein, was ich anfangs über Irland gelernt habe, geht zurück auf meine Zeit als englischer Schuljunge. Das war eine sehr britische Sichtweise, wie ich erfahren musste, als ich einige Jahre später nach Australien kam. Dort hat man eine ähnliche antibritische Haltung wie in Irland. Zurückzuführen ist das auf die Tatsache, dass früher viele politische Gefangene aus Irland in die britischen Kolonien Australiens verdammt wurden. Australier und Iren fühlen sich daher sehr verbunden, quasi als die Underdogs britischer Autorität.
Ticket: Wie fühlen Sie sich dabei?
Weaving: Komischerweise wie zwischen nunmehr drei verschiedenen Camps. Aber ich fand es großartig, bei diesem Projekt dabei zu sein und mit einer irischen Crew zusammenzuarbeiten. Eigentlich sind wir heute so weit, diese alten Konflikte zu lösen, aber es passiert nicht. Dazu müsste man eigene Ansichten revidieren, wozu nicht jeder bereit ist.
Ticket: Ihr zweiter Film "Mortal Engines" spielt in einer Zukunft, in der auch gegenwärtige Streitfragen behandelt werden...
Weaving: Ja, der Film spielt in einer düsteren Zukunft, die von Krieg beherrscht wird. Es gibt die großen Städte aus Rädern, die kleinere Orte überrollen und damit ihre Macht ausdehnen. Das fand ich einen interessanten Ansatz, weil man erkennt, dass sich vieles in der Geschichte immer zu wiederholen scheint. Im Film werden Kinder von ihren Eltern weggerissen, was viele als Anspielung auf Donald Trumps Einwanderungspolitik verstehen. Er ist aber nicht der erste und wird auch nicht der letzte sein, der eine solche Taktik verfolgt, um Emigranten von ihrem Vorhaben abzuhalten.
Ticket: War diese gesellschaftspolitische Ebene für Sie Grund genug, wieder in einem aufwändigen Fantasy-Film mitzuwirken?
Weaving: Das war sicher nicht mein Hauptgrund. In diesem Fall hat mich die Ambivalenz meiner Figur gereizt. Valentine gehört einerseits zur Hierarchie Londons – eine der herrschenden Städte auf Rädern. Als Archäologe genießt er hohes Ansehen bei den Bewohnern. Andererseits ist er das Kuckucksei im Nest. Er weiß, dass es so nicht weitergehen kann, und insgeheim will er die Stadt in eine Zukunft führen, an die er glaubt.
Ticket: Sie erzählten, dass Sie im Laufe Ihres Lebens verschiedene Länder kennengelernt haben. Gehört dazu auch Deutschland?
Weaving: Ich habe in den Filmen "V wie Vendetta" und "Cloud Atlas" mitgespielt, die beide in Babelsberg entstanden sind. Ich wohnte dann in Berlin und hatte während des Drehs zu "Cloud Atlas" eine Wohnung im Bezirk Mitte und war Selbstversorger. Ich habe in Berlin gelebt, für mich eine der schönsten Städte der Welt. Wenn ich irgendwo anders als in Australien leben wollte, würde ich Berlin wählen.


von tsc
am Fr, 14. Dezember 2018

Info

Mortal Engines: Krieg der Städte

Regie: Christian Rivers
Mit Hugo Weaving, Hera Hilmar, Robert Sheehan, Stephen Lang, Jihae und anderen
128 Minuten, frei ab 12 Jahren
Die Story
Die Erde ist verwüstet, die Menschen leiden Hunger. Städte wie London sind nicht mehr an einem Ort verankert, sondern durchqueren auf Rädern das Land, um an die letzten Ressourcen zu kommen. Valentine (Hugo Weaving) gehört zur Elite Londons und entkommt nur knapp einen Anschlag von Rebellen, die so nicht mehr weiterleben wollen.

 

Autor: bz

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