Theater

Die Freiburger Dietenbach-Festspiele stellen die Frage nach dem Zusammenleben der Zukunft

Die Dietenbach-Festspiele stellen die Frage nach dem Zusammenleben der Zukunft.

Vom 8. bis 15. Juli findet im Freiburger Dietenbachpark ein Festival der Visionen statt: Unter der Leitung von Graham Smith, Daniel Wahl und Bernadette la Hengst stellen künstlerische Darbietungen und politischen Diskussionen die Frage nach dem Zusammenleben der Zukunft – und begrenzen sich dabei nicht nur auf das geplante Neubaugebiet zwischen Rieselfeld und Weingarten. Constantin Hegel hat mit der Dramaturgin Caroline Brendel (27) und dem Choreografen Graham Smith (45) gesprochen.

Ticket: Für das Festival ernennen Sie sich zu Bewohnern eines Parks in einem Gebiet, das es noch nicht gibt. Warum?
Brendel: Wir bieten einen Versammlungsort im öffentlichen Raum. Der Park ist die Verbindung zwischen Weingarten und Rieselfeld – und Schnittstelle zu Dietenbach. Wir nutzen diesen Raum, um eine Woche mit den Bewohnern von Weingarten und Rieselfeld darüber nachzudenken, wie wir leben wollen und wie ein neuer Stadtteil aussehen könnte.
Smith: Ich werde tatsächlich dort schlafen. Der Tag wird für mich so lang, dass es keinen Sinn macht, von der Stadtmitte hin und zurück zu fahren. Außerdem ist es eine super Gelegenheit, mich eine Woche intensiv damit auseinanderzusetzen und durch die Strapazen wirklich in das Projekt einzutauchen. Da habe ich Lust drauf.
Ticket: Wie sieht das Programm für die Festspiele aus?
Brendel: Die Festspiele sollen Räume schaffen, in denen Begegnungen möglich sind. Am Samstag gibt’s den Social Muscle Club, bei dem Leute Bedürfnisse und Fähigkeiten austauschen...
Smith: ... das ist ein sehr interessantes Spiel. Es ist ein soziales Muskeltraining: wie man miteinander spricht, wie man sich öffnet.
Brendel: Am Sonntag gibt’s ein Konzert, Montag und Dienstag Gesprächsrunden, Mittwoch und Donnerstag Theater und Performance. Tagsüber begegnet man sich in kleinen Gruppen, und abends kommt man in großer Runde zusammen.
Ticket: Im Vorfeld hat die Mitveranstalterin Bernadette la Hengst eine Bürgerbefragung durchgeführt. Gab es viel Gegenwind zum neuen Stadtteil Dietenbach?
Smith: Das kann man nicht generell sagen. Die gesamte Lage ist viel komplexer. Es gibt Leute, die überhaupt nicht aufgeklärt sind, es gibt vehemente Gegner, es gibt welche, denen es egal ist. Manche sehen, dass es unvermeidlich ist, aber wollen sich dafür einsetzen, dass es ein Stadtteil wird, der den Bedürfnissen der Leute entspricht.
Ticket: Bietet das Festival einen Weg für die Meinungen der Teilnehmer in die Politik?
Smith: Ganz konkret wird es ein sehr großes architektonisches Zukunftsmodell geben. Wir überlegen, was wir mit diesem Riesenmodell tun: ob es danach dokumentiert wird. Die Politiker sind eingeladen zu unserem Festival, um sich das anzuschauen.
Brendel: Es wird außerdem Podien geben. Eines am Dienstagabend, wo über die Stadt der Zukunft diskutiert wird. Da ist Annette Schubert aus dem Leitungsteam der Projektgruppe Dietenbach eingeladen, die den Stand der Dinge bei der Planung darstellt und mit uns allgemein über das Wohnen der Zukunft spricht.
Ticket: Es geht also nicht nur um künstlerische Darbietung, sondern auch um Stadtplanung?
Smith: Jein. Ich bin Choreograf, Daniel Wahl ist Schauspieler, Bernadette la Hengst Sängerin. Das ist unsere Welt. Aber wir interessieren uns für das Thema und setzen es künstlerisch um. Daniel macht das mit Hilfe des Architekturmodells, meine School of Life and Dance tritt auf. Mit Tanz können wir nicht diskutieren, es geht um Wahrnehmung. Jeder kann mittanzen.
Ticket:
Was ist ihre persönliche Meinung zum Dietenbach-Projekt?
Smith: Meine Meinung ist, dass es unglaublich kompliziert ist. Diese Problematik tritt ja nicht nur in Freiburg auf. Städte wachsen. Das ist eine Tastsache. Die Grünflächen werden weniger, gleichzeitig soll mehr Wohnraum entstehen und bezahlbar sein. Es sind viele Punkte, die man diskutieren muss. Ich lasse mich von den Festspielen weiterbilden.
Brendel: Uns ist vor allem wichtig, dass alle, die eine starke Meinung haben, bei uns den Raum finden, um diese Stimme zu artikulieren.

Termine: Dietenbach-Festspiele, 8. bis 14. Juli, Dietenbachpark, 15. Juli, Theater Freiburg. Weitere Infos unter

http://www.dietenbachfestspiele.com
von bz
am Fr, 07. Juli 2017

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