Wunderkammern

Die Gengenbacher Ausstellung "Wunderland" folgt dem Prinzip der historischen Wunderkammern

Die Ausstellung "Wunderland" im Gengenbacher Haus Löwenberg orientiert sich an den historischen Wunderkammern.

GENGENBACH. Historische Wunderkammern und Kuriositätenkabinette als Vorläufer heutiger Museen sind das Vorbild für die Ausstellung "Wunderland" im Haus Löwenberg in Gengenbach. "Damals wurde Staunenswertes und Wertvolles gezeigt, zum Angeben vor Gästen. Da wurde dann durchaus auch mal ein Walfischzahn neben einem Rembrandt gezeigt", erläuterte Reinhard End bei der Eröffnung am Samstagnachmittag, die so viele Besucher anzog, dass die Kapazitäten des Hauses an ihre Grenzen kamen. Und womit geben die Gengenbacher jetzt an? Ist das Ganze schlichter Eklektizismus oder steckt doch ein tieferer Sinn dahinter?

Wer das Haus Löwenberg, seinen Förderverein und Reinhard und Barbara End als Museumsverantwortliche kennt, weiß, dass bei aller oberflächlichen Leichtigkeit immer ein tieferer Sinn hinter den Ausstellungen steht. Als "seriöse Sache auf heiterem Grund" bezeichnet Reinhard End das "Staunlabor", das in ganzheitlicher Perspektive die "Ernsthaftigkeit des Spiels und das Spiel mit dem Ernst" in den Mittelpunkt rückt.

Es beginnt mit den Marionetten und Zirkuspferden der Sammlung von Marlene und Erich Cohnen, die als Teil der Dauerausstellung im Erdgeschoss gezeigt werden. Dietmar Mahler, Freiburger Spezialist für Spezialeffekte von Zauberkünstlern, hat eine der Figuren als "Grüßaugust" zum Leben erweckt. Auch im Zeitalter der Digitalisierung kann ausgefeilte Mechanik ihren Zauber entwickeln. Die bekannte Riesen-Kugelbahn wurde umgebaut, den Ausstellungslieblich "Knödelfresser" umgibt ein neues (noch nicht ganz fertiggestelltes) Spiegelkabinett, das als Sinnbild für die "Wunderland"-Ausstellung gelten könnte, kommt man doch dort vom Hundertsten ins Tausendste.

Vom Karussell ist es nicht weit zum Zirkus, den Kurt Sikora sei Jahrzehnten fotografisch begleitet. Sowohl die großen Artisten des Zirkus Roncalli wie auch die bescheidene Existenz kleiner Familienzirkusse dokumentiert er mit liebevoller Bewunderung auf großem Format. Einige der Exponate der Ausstellung sind Zufallsfunde im besten Sinn, keineswegs jedoch beliebig aneinandergereiht. Manuela Seilers Fotografien vom Himmel über Gengenbach und der Welt korrespondieren mit einer historischen Quelle, in der im Jahre 1563 die Erscheinung von drei Sonnen über Gengenbach als Zeichen für den Zorn Gottes beschrieben wird. Selbstverständlich gibt es eine naturwissenschaftliche Erklärung für die optische Täuschung, dafür aber staunt der heutige Mensch über den Einblick in das Lebensgefühl der Vorfahren und die verschlungenen Wege der Überlieferung solcher Ereignisse.

Gerade noch rechtzeitig bevor sie als Altpapier verarbeitet wurden, sind einige Bücher aus der Bibliothek des Märchensammlers Jacob Grimm gerettet worden, deren Entstehungs- und Besitzgeschichte die Ausstellung nachzeichnet. Dies führt über Umwege zu Lina Carstens, Schauspielstar des 20. Jahrhunderts, Ehefrau des Gengenbachers Otto Ernst Sutter, der einst im Haus Löwenberg lebte. Von Lina Carstens ist es nicht weit zum Kino, zu Gengenbachs bis heute anhaltender Karriere als Filmkulisse und von dort zu den Fotografien der Sammlung des Stadtchronisten Friedrich Strohm. Diese werden von Ehrenamtlichen des Museums derzeit digitalisiert, und dabei sind Aufnahmen aufgetaucht, die Gengenbach im Jahr 1973 als Kulisse des Films "Die Powenzbande" zeigen.

Spielerisch geht es weiter, vom Hundertsten ins Tausendste, zu Bilderbögen, Reklamemarken, Schattenspiel-Laternen – und am Ende landen die Besucher womöglich im Spielzimmer. Denn "Spielen ist eine Tätigkeit, die man gar nicht ernst genug nehmen kann", zitiert die Ausstellung den französischen Meeresforscher Jacques Cousteau.

Wunderland Löwenberg. Ausstellung bis 3. November 2019 in Gengenbach, Museum Haus Löwenberg. Geöffnet Di - Fr 11 – 17 Uhr, Sa, So, Feiertage: 13 – 18 Uhr. Führungen und Kontakt: Tel. 07803 930141 oder im Netz https://www.museum-haus-loewenberg.de/
von Juliana Eiland-Jung
am Di, 28. Mai 2019

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