Drehen - sonst knallt's
W ir waren bei einem Archimistel", sagt Marie. Die adäquate Frage auf diese Äußerung folgt auf dem Fuße. "Hä?", so der große Bruder Paul, der sich für den Ausflug in die Glasbläserei für zu erwachsen hielt. "Und ich habe zugeschaut, wie er einen Kerzenständer gemacht hat", fährt sie stolz fort. "Mit dem Fuß hat er Feuer gegeben und dann das Glas darin geschmolzen. Das muss er nämlich immer drehen, sonst wird es nix."
Paul ist sichtlich verwirrt über einen Archimistel, der mit dem Fuß Feuer entfacht, lauscht aber mit offenem Mund der Erzählung seiner Schwester. Die geheimnisvollen Künste der Alchimisten faszinieren die Menschen seit jeher - und in der Tat fühlt man beim Zuschauen die Magie einer Umwandlung, wenn Peter Eckhardt dem Glas Leben und Form einhaucht. Nur ganz langsam beginnen die Konturen des Glases zu verwischen, weichen zögernd auf und überlassen alles Weitere der Hitze und dem Geschick des Künstlers. Noch kann man sich kaum vorstellen, wie daraus ein Kerzenhalter entstehen soll. Oder Gläser, Vasen, Tierfiguren, Kugeln.
Während der Arbeit erklärt Eckhardt, was er tut. Und warum er es tut. Das Glas muss ununterbrochen gedreht werden, damit es gleichmäßig erhitzt werden kann. "Das ist wichtig, weil es sonst knallt", sagt Marie. Denn wenn man es nicht dreht, entsteht Spannung, und dann knallt's tatsächlich. Eckhardt nimmt das Glas aus dem Feuer und zeigt auf die bearbeitete Stelle; das ist der Verbindungspunkt von Fuß und Kopf des Kerzenständers. Als Nächstes entsteht die Schale für die Kerze. Für die Farbe ritzt er mit einem bunten Glasstab gleichmäßig Muster hinein. Und dreht und dreht und dreht. Bis die Materialien verschmelzen und ein Spiralenmuster erkennbar wird. Das Gesetz der Erdanziehungskraft hilft beim Formen. Sobald das Glas in einen anderen Aggregatzustand tritt, nimmt der Glasbläser sein Werk aus dem Feuer, dreht es jedoch weiterhin gleichmäßig weiter, bis die Schalenform entsteht. Der Vorgang wiederholt sich beim Formen des gewundenen Stiels. "Und warum heißt das dann Glasbläser und nicht Glasdreher?", will Paul wissen. "Wenn das Glas verläuft, dann bläst er auch", so Marie.
Der Glasbläser Peter Eckhardt betreibt das Glasblasen vor der Lampe, das ist ein Brenner, der mit Gas und Sauerstoff befeuert wird. Zur Herstellung seiner Glaskunststücke nimmt er Glasröhren und Stäbe, die er dann unter ständigem Drehen in einer 1500 Grad heißen Flamme erhitzt. Durch Blasen, Ziehen und Drehen gibt er dem Glas die gewünschte Form. "Und wo kommt das Glas her", will Marie von ihm wissen. "Das bestelle ich bei einer großen Firma. Die farbigen Glasröhren werden sogar nur in Amerika hergestellt", antwortet er.
Und erzählt, wie man früher das Material Glas gewonnen hat. Buchenholz wurde zu Pottasche verbrannt und mit Quarzsand vermischt. Den fand man in den Bächen im Schwarzwald zuhauf. Diese Mischung wurde miteinander verschmolzen; für das Feuer wurde Tannen-oder Fichtenholz verwendet. Um ein Kilogramm Glas herzustellen, brauchte man bis zu zwei Kubikmeter Holz. Bald war das Waldstück abgeholzt und die Hütte wurde an einen anderen Standort verlegt. Diese Hütten hießen Wanderglashütten. Auf den gerodeten Flächen entstanden dann Siedlungen. So entstand auch der Ort Altglashütten. War der Wald gerodet, wurde die Hütte zwei Kilometer weiter verlegt und Neuglashütten war geboren. Unser Gebrauchsglas wird heute industriell gefertigt; die Kunst des Glasbläserhandwerks hat seine magische Faszination auch heute nicht verloren.
Peter Eckhardt betreibt seit 1982 die Glasbläserwerkstatt in Altglashütten. Während der Arbeit kann man zusehen; größere Gruppen sollten sich allerdings anmelden.
Martina Mainka
Glasbläserei, Altglashütten, Mo bis Fr, 9 bis 12, 14 bis 18 Uhr, Info unter [TEL] 07655/494 oder http://www.schwarzwaldglas.de
Paul ist sichtlich verwirrt über einen Archimistel, der mit dem Fuß Feuer entfacht, lauscht aber mit offenem Mund der Erzählung seiner Schwester. Die geheimnisvollen Künste der Alchimisten faszinieren die Menschen seit jeher - und in der Tat fühlt man beim Zuschauen die Magie einer Umwandlung, wenn Peter Eckhardt dem Glas Leben und Form einhaucht. Nur ganz langsam beginnen die Konturen des Glases zu verwischen, weichen zögernd auf und überlassen alles Weitere der Hitze und dem Geschick des Künstlers. Noch kann man sich kaum vorstellen, wie daraus ein Kerzenhalter entstehen soll. Oder Gläser, Vasen, Tierfiguren, Kugeln.
Während der Arbeit erklärt Eckhardt, was er tut. Und warum er es tut. Das Glas muss ununterbrochen gedreht werden, damit es gleichmäßig erhitzt werden kann. "Das ist wichtig, weil es sonst knallt", sagt Marie. Denn wenn man es nicht dreht, entsteht Spannung, und dann knallt's tatsächlich. Eckhardt nimmt das Glas aus dem Feuer und zeigt auf die bearbeitete Stelle; das ist der Verbindungspunkt von Fuß und Kopf des Kerzenständers. Als Nächstes entsteht die Schale für die Kerze. Für die Farbe ritzt er mit einem bunten Glasstab gleichmäßig Muster hinein. Und dreht und dreht und dreht. Bis die Materialien verschmelzen und ein Spiralenmuster erkennbar wird. Das Gesetz der Erdanziehungskraft hilft beim Formen. Sobald das Glas in einen anderen Aggregatzustand tritt, nimmt der Glasbläser sein Werk aus dem Feuer, dreht es jedoch weiterhin gleichmäßig weiter, bis die Schalenform entsteht. Der Vorgang wiederholt sich beim Formen des gewundenen Stiels. "Und warum heißt das dann Glasbläser und nicht Glasdreher?", will Paul wissen. "Wenn das Glas verläuft, dann bläst er auch", so Marie.
Der Glasbläser Peter Eckhardt betreibt das Glasblasen vor der Lampe, das ist ein Brenner, der mit Gas und Sauerstoff befeuert wird. Zur Herstellung seiner Glaskunststücke nimmt er Glasröhren und Stäbe, die er dann unter ständigem Drehen in einer 1500 Grad heißen Flamme erhitzt. Durch Blasen, Ziehen und Drehen gibt er dem Glas die gewünschte Form. "Und wo kommt das Glas her", will Marie von ihm wissen. "Das bestelle ich bei einer großen Firma. Die farbigen Glasröhren werden sogar nur in Amerika hergestellt", antwortet er.
Und erzählt, wie man früher das Material Glas gewonnen hat. Buchenholz wurde zu Pottasche verbrannt und mit Quarzsand vermischt. Den fand man in den Bächen im Schwarzwald zuhauf. Diese Mischung wurde miteinander verschmolzen; für das Feuer wurde Tannen-oder Fichtenholz verwendet. Um ein Kilogramm Glas herzustellen, brauchte man bis zu zwei Kubikmeter Holz. Bald war das Waldstück abgeholzt und die Hütte wurde an einen anderen Standort verlegt. Diese Hütten hießen Wanderglashütten. Auf den gerodeten Flächen entstanden dann Siedlungen. So entstand auch der Ort Altglashütten. War der Wald gerodet, wurde die Hütte zwei Kilometer weiter verlegt und Neuglashütten war geboren. Unser Gebrauchsglas wird heute industriell gefertigt; die Kunst des Glasbläserhandwerks hat seine magische Faszination auch heute nicht verloren.
Peter Eckhardt betreibt seit 1982 die Glasbläserwerkstatt in Altglashütten. Während der Arbeit kann man zusehen; größere Gruppen sollten sich allerdings anmelden.
Martina Mainka
Glasbläserei, Altglashütten, Mo bis Fr, 9 bis 12, 14 bis 18 Uhr, Info unter [TEL] 07655/494 oder http://www.schwarzwaldglas.de
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Fr, 21. Januar 2005