Ein Mörder und sein Profiler

Nora Schlocker inszeniert in Basel Friedrich Dürrenmatts Roman "Das Versprechen".

Schon einmal ist ein Prosastück des Schweizer Schriftstellers Friedrich Dürrenmatt auf die Bühne des Basler Theaters geraten. Anfang Dezember 2013 war das, Regie bei der Adaption seines diabolischen Kriminalromans "Der Richter und sein Henker" führte eine Landsmännin, die in Zürich lebende ehemalige Intendantin des experimentierfreudigen Theaters Neumarkt Barbara Weber. Umso überraschender war es dann, dass, wie die BZ damals meinte, die Inszenierung vor einem Schulbuchklassiker in die Knie ging und Dürrenmatts heillose Versuchsanordnung als bieder langweiliges Theater darbot.

Nun hat das seit drei Jahren von Andreas Beck geleitete Haus eine zweite Chance, die Bühnentauglichkeit von Dürrenmatts Romanen unter Beweis zu stellen. Die Regisseurin Nora Schlocker, eine gebürtige Tirolerin, nimmt sich "Das Versprechen" vor: die Prosafassung des von Dürrenmatt verfassten Drehbuchs zu dem berühmten Film "Es geschah am hellichten Tag" von 1957 mit Heinz Rühmann und Gert Fröbe in den Hauptrollen. Heute würde man sagen: Es geht um ein Reenactment – die Inszenierung einer realen Begebenheit. Ein Mörder ist zu finden, ein Kindermörder. Kommissär Matthäi, der – wie es in der Ankündigung des Theaters heißt – "vielleicht erste Profiler in der Literaturgeschichte", konstruiert das Psychogramm des Täters und legt ihm einen Köder – ein weiteres kleines Mädchen – sozusagen vor die Füße. Mit Dürrenmatt’scher Vehemenz verbeißt sich Matthäi (Michael Wächter) so in den Fall, dass er mit seinem bisherigen Leben bricht und sich immer weiter von seinem sozialen Umfeld entfernt.

Man kann sich die Konstellation als intensives Kammerspiel vorstellen, das den Fokus von der kriminalistischen Arbeit auf die psychische Disposition des Ermittlers und seines Verdächtigen verschiebt.

Nora Schlocker, seit 2015/16 Hausregisseurin in Basel, verfügt trotz ihres noch jungen Alters von 35 Jahren schon über reiche Regieerfahrung. Sie arbeitete in Berlin, Wien, Stuttgart, München und im vergangenen Jahr erstmals auch in Dresden.
Termin: Premiere: Fr, 16. Nov., Schauspielhaus, 19.30 Uhr.
von Bettina Schulte
am Fr, 16. November 2018

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