Eine Wanderung rund um den Kandel – für Alleswoller

Schwarzwaldtour mit schönen Ausblicken und faszinierenden Geschichten.

Ausschlafen oder wandern? Faulenzen oder auspowern? Frühstücken, gemütlich in den Tag starten, ohne auf die Uhr zu gucken oder nach einem schnellen Kaffee Hochebenen und Weitblicke erlaufen? Für alle im Raum Freiburg, die dieses Entweder-Oder satt haben, ist der Kandel ein idealer Berg.

Unsere Tour beginnen wir mit einem Rundgang durch Sägendobel bei St. Peter. Der kleine Ortsteil bietet ein zusammengewürfeltes, interessantes Gemisch aus alt und neu. Schick herausgeputzte Häuser wechseln mit Bauten, die dem Verfall nahe scheinen, und einer Kapelle, die im ehemaligen Schulhaus untergebracht ist. Gut, dass "Kapelle" über dem Rundbogen steht, denn sonst würde uns ihr Inneres und vor allem ihre interessante Geschichte entgehen. Nämlich die von Wilhelm Schuler, der 1942 zum ersten Heimaturlaub aus Russland heimkam und beim Weggehen versprach, eine Kapelle zu bauen, falls er gesund aus dem Krieg zurückkehren würde: Gesagt, getan und so kommt es, dass die 1951/52 gebaute Kapelle noch heute, am Fuße des Kandels, besucht werden kann.

Doch nun zieht es uns in die Höhe. Vorbei am alten Sägewerk biegt ein kleiner Feldweg rechts in den Berg. Das Schild, das vier steile Kilometer zum Kandel verspricht, übertreibt nicht. Stramm geht es Richtung Felsenhof und wir – an den Anblick von Rollatoren gewohnten Städter – staunen nicht schlecht, dass eine alte Frau in dezent-bunter Sonntagstracht eben diesen Weg gemächlich, aber stetig bergan steigt. Der Stock scheint eher schmückendes Beiwerk als Gehilfe zu sein. Freundlich lächelnd erzählt die rüstige Endachtzigerin, dass sie diesen steilen Weg gewohnt sei und ihn auch heute noch zweimal täglich hinunter ins Dorf und wieder zurück gehe.

Beeindruckt gehen auch wir weiter, erst durch Wald, dann über Wiesenwege Richtung Rohr. Die Landschaft öffnet sich und der Blick kann über die weiten Wiesenflächen von Rohr gleiten. Friedlich grasen Pferde und Kühe auf den grünen, sanft hügeligen Weiden, vor vereinzelten schmucken Höfen. Am Horizont wellt sich der Schwarzwald und über der gesamten Szenerie spannt sich der blaue Himmel, durchsetzt mit Wölkchen, wie hingepustet.

Auch dort gibt es sie wieder, die typischen Schwarzwaldgeschichten. Geschrieben und bebildert finden sie sich an schlanken Stelen, verteilt übers ganze Kandelbergland. Aufgestellt hat sie der Verein "Zukunft Kandel", initiiert von den umliegenden Gemeinden. So erfahren wir an einer Stelle, wie Wildschweine sich immer wieder trickreich, trotz lauter Beschallung und Einzäunung, über das Kartoffelackerfutter ihrer Hausschwein-Kollegen hermachten – solange, bis der Bauer schließlich genervt die Schweinezucht aufgab. Und ein Stück weiter erklären weitere Infosäulen, was es mit Sauerkraut für Kühe oder der Sage des Geißenmeckerers auf sich hat.

Doch die größten Geschichten, die in 3-D, liefert die Landschaft drum herum: Bilderbuchschwarzwald, wo wir hinblicken, sei es zu den mächtigen Fichten, den alten, liebevoll erhaltenen und blumengeschmückten Höfen – oder zur Hochweide, die noch zwischen uns und der wohlverdienten Pause liegt. Auch dort fläzen sich die obligatorischen Kühe faul und matt in der Sonne, während wir den letzten steilen Anstieg in Angriff nehmen. Erst säumen mächtige, alte Buchen den Weg, dann stehen uns Sauerampfer, Butterblumen, weißer und roter Klee, Mädesüß und Weideröschen Spalier.

Oben angekommen, gehen wir endgültig in die Knie – aber nur zum Bestellen. Denn in der Gummenhütte schenken die Fensterliwirte Andrea und Andy aus. Kuchen, Vesper und Getränke wandern direkt durch das Küchenkellerfenster heraus zum Gast, der sich dann an Biertische oder auf Stammbänke und an Wurzeltische setzen kann. Den Kandel im Rücken, aber den Feldberg im Blick stärken wir uns für den Abstieg.

Wie zu groß geratene Adler ziehen die Drachenflieger über uns ihre Kreise, während wir uns für den Rückweg an Rauten orientieren: erst an der blauen Raute Richtung Westen, dann an der roten, hinein in den kühlen, schattigen Wald. Über Wurzel- und Wiesenwege, mal heimelig eng, dann wieder unheimlich weit, steigen wir hinab. Beim Disselhäusle entscheiden wir uns für die steile Variante. Auf der Tausend-Meter-Bank sitzen wir ein letztes Mal auf exakt 1000 Meter, ehe wir wieder dreistellig hinabwandern, die Schwarzwaldketten, bunten Sommerweiden und buschigen Wälder im Blick.

Die Abendsonne blinzelt hinter den Wolken hervor, und der aufkommende Wind scheint sie nach Hause zu treiben wie die Bauern ihre Kühe. Auch für uns geht der Wandertag zu Ende, einer, der gemütlich begonnen, an Tempo, vielen Eindrücken und Geschichten gewonnen hat – genau so und nicht anders wollten wir das haben.
Wandertour für Langschläfer

Sägendobel (etwa 736 Höhenmeter) – Gummenhofhütte (1133) über Rohr – Disselhäusle – Sägendobel, Länge: etwa elf Kilometer;
Einkehrtipp: Gummenhütte, geöffnet Mo, Mi und Do von 12 bis 18 Uhr, Fr 12 bis 20 Uhr, Sa, 10 bis 20 Uhr, So 10 bis 18 Uhr, http://www.fensterliwirt.de Tel. 07684/795
von Anita Fertl
am Fr, 14. August 2015 um 00:01 Uhr

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