Einfühlen in Josef und Maria

In Bernau lebt und arbeitet der Holzschnitzer Johannes Köpfer.

F rüher einmal gab es in Bernau viele Holzschnitzer. Heute sind gerade mal noch zwei von ihnen übrig. Einer davon ist Johannes Köpfer. "Um 1900 gab es in Bernau eine Holzschnitzerschule, so kam es, dass hier natürlich viele von ihnen lebten und arbeiteten", sagt Johannes Köpfer. Sein Großvater, so erzählt er, war Schüler dort. Und sein Vater ergriff ebenfalls den Beruf des Holzschnitzers. "Er musste, ich wollte", sagt Köpfer. Ein schönes Bild: Da sitzt der Holzschnitzer im malerischen Schwarzwaldhaus und schnitzt Maria, Josef und das Christuskind für eine Krippe. "Ganz so ist es nicht", lacht Köpfer. Vom Krippenschnitzen allein könnte er nicht leben. Er schnitzt auch Masken, Holzgrabmale oder macht Restaurierungen. Und Krippen natürlich.

In der Regel werden Krippen von Kirchen in Auftrag gegeben, seltener von Privatleuten, erzählt er. Im Moment arbeitet er an einer Krippe für eine Kirche in Niederwöhren. "Ich muss auch erst auf der Karte schauen, wo das ist, wenn ich sie hinbringe", sagt Köpfer. Aber irgendwo zwischen Hannover und Hameln müsse es sein. Wie es dazu kam, erklärt er so: "Die Pastorin der Kirche hat im Fernsehen einen Beitrag gesehen, in dem eine Krippe von mir gezeigt wurde, die in einer Hamburger Kirchenkapelle steht." Und greift der nächsten Frage gleich vor, indem er von der Nonne erzählt, die in Bernau auf Urlaub war und zufällig bei Köpfers Werkstatt vorbeikam - und eben jene Krippe für die Hamburger Kapelle bestellte. Die Krippen sind so unterschiedlich wie die Menschen, die sie machen oder bestellen. Als Erstes zeichnet Köpfer einen Entwurf der Krippe, bevor er sich ans Schnitzen begibt. Für die Krippe in der barocken Kirche in Oberwihl im Hotzenwald mussten die Figuren anders aussehen, als in der schlichten, geradlinigen Umgebung einer protestantischen Kirche. Zwischen einem und eineinhalb Monaten braucht er für die Fertigung der Krippenfiguren; das beinhaltet nicht nur die handwerkliche Tätigkeit. "Ich befasse mich mit der Materie, denke darüber nach, beim Frühstück, im Bett, die ganze Zeit eben. Ich fühle mich in die Geschichte ein, sehe mir Bilder an, lese Hintergrundmaterial, lasse mich inspirieren. Zum Beispiel bei den Heiligen Drei Königen. Was bedeuten die Namen? Welche Geschichte haben sie? Welche Attribute? Oder in Josef - was hat er gedacht, gefühlt? Schließlich drückt das Gesicht, die Haltung, die Kleidung einer Figur sehr viel aus über sie", so Köpfer. Neben der Fertigung von Masken und Grabmalen, arbeitet er mit Schreinereien zusammen, restauriert, schnitzt Stuhllehnen oder Schriften in alte Balken oder beschnitzt Möbel. Auf das Arbeiten mit maschinell vorgefertigten Figuren wird er dennoch nicht zurückgreifen. Früher hatte er öfters Auseinandersetzungen mit seinem Vater, wenn es um dieses Thema ging. "Das ist nicht meines, ich möchte meine Sachen machen und nicht etwas Vorgefertigtes. Für mich ist das unehrlich. Entweder ich betreibe einen Handel oder ich bin Künstler und mache meine Sachen", sagt Köpfer. Für altes Holz hat er eine Vorliebe. Was man zweifelsohne haben muss, wenn man in einem Haus lebt, das aus dem Jahr 1640 stammt. Hier, in seinem Elternhaus, lebt Köpfer mit seiner Familie. Ob die vier Söhne auch in die Fußstapfen des Vaters steigen und so die Familientradition aufrechterhalten, ist fragwürdig. Bis jetzt zeichne sich so was noch nicht ab, sagt Köpfer. Jedenfalls gab es an dem alten Haus genügend zu tun. Unter anderem die Balken auswechseln. Aus denen hat er dann Stücke herausgesägt und bearbeitet.

Unter anderem ist daraus eine Geige entstanden, die er Stradivari getauft hat. "Altes Holz fasziniert mich, weil es Zeitspuren trägt, Zeitstruktur zeigt, für sich selbst spricht", so Köpfer. Schwieriger zu bearbeiten ist es allemal als neues Holz, da man auf andere Dinge achten muss. Auf dem Bernauer Weihnachtsmarkt werden Maria, Josef und das Kind der für Niederwöhren bestimmten Krippe zu sehen sein.

Martina Mainka

Weihnachtsmarkt; Bernau, Hans-

Thoma-Kurhaus, Sa/So, 27./28. Nov.,

11 bis 18 Uhr, Info [TEL] 07675/160030

am Fr, 26. November 2004

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