Er lebt das Jazz-Idiom

Ein Quartett um den gefeierten Bassbariton und Opernsänger Thomas Quasthoff eröffnet das Stimmen-Festival.

Wenn der abgedroschene Begriff Ausnahmekünstler auf jemanden zutrifft, dann auf Thomas Quasthoff. Er ist ein gefeierter Bassbariton, der auf vielen Opernbühnen stand und mit Franz Schuberts "Winterreise" durch die Welt tourte. Weil es jedoch wenig
sinnvoll ist, Musik in Schubladen zu sortieren, aber Spaß macht, sich bei verschiedenen Stilen zu bedienen, hat Quasthoff 2007 ein erstes Jazz-Album veröffentlicht. Zusammen mit Till Brönner und in großer Besetzung widmete er sich besonders dem Swing und Bigband-Jazz. Mit "Tell It Like It Is" folgte 2010 ein weiteres Jazz-Album, das in eine andere Richtung ging, auf die ein Stück von Stevie Wonder auf dem ersten Album bereits hingewiesen hatte.

Dieses zweite Album legte den Schwerpunkt auf Soul und Rhythm ’n’ Blues, lässig verjazzt in einer kleineren Quintett-Besetzung. Auch dieses Werk wurde hoch gelobt. "Quasthoff veredelt die Lieder mit der Magie seiner warmen, wunderbaren Stimme", schrieb beispielsweise Die Welt. Aufgenommen hatte er das Album mit dem südbadischen Jazz-Bassisten Dieter Ilg, dem renommierten Schlagzeuger Wolfgang Haffner, mit Frank Chastenier von der WDR-Bigband an Piano und Keyboards sowie mit Bruno Müller an der Gitarre. In fast dieser Besetzung – Gitarrist Müller fehlt – kommt Quasthoff nun zur Eröffnung des Stimmen-Festivals in den Lörracher Burghof.

Thomas Quasthoff sieht sich selbst als Glückskind, aber dass er es so weit gebracht hat, ist alles andere als selbstverständlich. 1959 wurde er mit Contergan-Schädigung in Hildesheim geboren. Er hat verkürzte Arme und Beine, was dazu geführt hat, dass er zum Gesangsstudium zunächst abgelehnt wurde, weil er nicht wie üblicherweise gefordert ein zweites Instrument spielen konnte. Der Beharrlichkeit seines Vaters ist es zu verdanken, dass er schließlich doch noch eine akademische Gesangsausbildung erhielt. Nach dem Abitur studierte er aber zunächst Jura, trat als Jazzsänger und als Kabarettist auf, bis Mitte der 1980er Jahre sein Durchbruch als Opernsänger und Kunstlied-Interpret kam.

Vor allem der ältere Bruder Michael, der 2010 an Krebs starb – was ein schwerer Schock für den jüngeren war – hat Thomas Quasthoffs breiten Musikgeschmack geprägt. Auf "Tell It Like It Is" hat er Lieblingssongs ausgewählt, die ihm Spaß machen, Stücke von Percy Mayfield, Randy Newman, Bill Withers, John Hiatt und Stevie Wonder. Und ein Stück, "The Whistleman", hat sein Bruder Michael für ihn geschrieben. "My Favorite Things" lautet der Titel des Konzerts beim Stimmen-Festival, und da wird man sicherlich viele dieser Songs hören, die Thomas Quasthoff mit so viel Gefühl und Authentizität interpretiert, als wären sie für ihn komponiert.

Quasthoff ist kein Opernsänger, der sich nun auch am Jazz versucht. Der Bass-Bariton, dem es schon immer wichtig war, Farbe in seine Stimme zu bringen, lebt das Jazz-Idiom, und seine Stimme kann sich hier grenzenlos entfalten. Geschmeidig und rauchig, kraftvoll und dann wieder sehr weich – Quasthoff interpretiert seine Songs mit sehr viel Sinnlichkeit und gemeinsam mit einer herausragenden Band.

Donnerstag, 6. Juli, 20.30 Uhr, Burghof Lörrach.
von tm
am Sa, 24. Juni 2017

INFO

Tickets für alle Konzerte im

Rahmen des Stimmen-Festivals
sind im Vorverkauf online unter

bz.ticket.de/Karten, unter

Tel. 0761/496-88 88 sowie in allen BZ-Geschäftsstellen erhältlich.  

Autor: bz

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